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Willi von Bellden (German Edition)

Willi von Bellden (German Edition)

Titel: Willi von Bellden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dori Jones
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auf dem Boden. Anschließend stopft ihn sein Mörder in eins der Fässer.«
    Basko steigerte sich richtiggehend in seine Theorie hinein. Seine Augen verengten sich und bekamen einen Angst einflößenden Ausdruck.
    Es fiel mir schwer, seine Theorie nachzuvollziehen, aber nur, weil ich ein wenig Neid verspürte, wenn ich ehrlich bin. Sekundenlang sprach ich keine Silbe und überlegte mir stattdessen Argumente, die dagegen sprachen. Es fielen mir keine ein. Trotzdem konnte ich mich nicht überwinden, seiner Theorie den Zuschlag zu geben. Anny hatte es anscheinend nicht geschafft, trotz häufiger Bibelstunden, in denen ich auf ihrem Arm gelegen hatte und den schauerlichen Geschichten lauschte, die sie den Kindern daraus vorlas, aus mir einen bedingungslosen Christen zu machen, der seinen Nächsten liebte wie sich selbst. Na ja, wenigstens kannte ich die drei Gebote (oder waren es mehr?).
    Basko ist immer mein Freund gewesen, solange wir uns kennen. In guten und in schlechten Zeiten hat er zu mir gehalten, mich getröstet, wenn es nötig war, oder mich aufgebaut, wenn ich am Boden lag. In Augenblicken des Glücks hat er sich mit mir gefreut, meine Trauer geteilt und mir vertraut, wenn ich ihn vor eine scheinbar unlösbare Aufgabe gestellt habe (wie zum Beispiel: Du musst mir unbedingt heute Abend eine Bratwurst besorgen, sonst sterbe ich!).
    Und jetzt tat ich mich schwer damit, meinem Freund zuzustimmen, wenn er eine nachvollziehbare Theorie anstrengte, in einem Fall, in den wir beide verwickelt waren?
    Böser Hund!, schalt ich mich innerlich.
    »Nicht schlecht«, presste ich heraus, was mir einen erstaunten Blick meines Freundes einbrachte. »Wirklich eine gute Überlegung, die es absolut wert ist, dass wir sie als hypothetische Tatsache ins Auge fassen.« Ich hatte Mühe, mich auf den Beinen zu halten und Luft zu holen.
    »Willi!« Vorwurfsvoll schaute mich Basko an. »Es geht hier nicht um ein Kräftemessen von amateurhaften Hobbydetektiven, sondern einzig und allein darum, vielleicht jemandem das Leben zu retten und gleichzeitig einen Mörder zur Strecke zu bringen!«
    Aus den Augenwinkeln warf ich ihm einen Blick zu, schaute aber sofort wieder in eine andere Richtung.
    »Hör auf damit!«, bellte er mich an.
    Seufzend drehte ich mich wieder zu ihm um.
    »Also gut. Deine Theorie ist besser als meine, aber deshalb musst du dich nicht so besserwisserisch aufführen. Sieh dich nur mal an! Du mimst hier den totalen Klugscheißer, Angeber und Proleten. Ich habe schließlich auch gute Ideen und bestehe nicht auf meine Huldigung.«
    Jetzt war es Basko, der seine Augen verdrehte und den Kopf schüttelte.
    »Es wird Zeit«, sagte er schwerfällig und alles andere als kampfeslustig.
    »Wofür?«, fragte ich.
    »Zum Schlafen. Morgen ist ein neuer Tag. Wir können bis dahin so tun, als hätte diese Unterhaltung niemals stattgefunden.«
    Ich willigte wortlos ein, und wir gingen schweigend hintereinander zum Feuer zurück. Tanner war gerade dabei, Ausschau nach uns zu halten, denn er hatte wohl das gleiche Ziel ins Auge gefasst wie wir.
    Zehn Minuten später lagen wir alle drei friedlich im Auto, jeder auf dem ihm zugedachten Platz, und machten die Augen zu, in der Hoffnung, der Leichnam von Mathis würde uns nicht in den wohlverdienten Träumen heimsuchen.
    In dem Verlies war es stockdunkel. Obwohl er jede Stelle darin mit seinen Fingerspitzen abgetastet hatte, konnte er nirgends eine Öffnung finden oder etwas, was den Schluss nahegelegt hätte, dass eine Möglichkeit bestünde, Kontakt zur Außenwelt zu bekommen.
    Alles um ihn herum war aus Stein.
    Jegliches Zeitgefühl war ihm schon lange abhandengekommen. Er konnte nicht sagen, ob es Nacht war oder Tag, ob eine Stunde vorübergegangen war oder zwei. Alles war egal geworden.
    Was ihm am meisten zusetzte, war der Mangel an Bewegung. Die Decke in diesem Verlies war so nieder, dass er unmöglich darin laufen oder sich anderweitig bewegen konnte. Nur auf den Knien vermochte er zu rutschen oder auf allen vieren zu krabbeln wie ein Stück Vieh. Zu Beginn hatte ihn Panik erschlichen, eingeschlossen zu sein. Sie war irgendwann der Wut gewichen, welche abgelöst wurde durch Resignation. Kurzzeitig hatte er mit dem Gedanken gespielt, sich mit dem Dosenöffner umzubringen oder mit scharfen Fetzen der Plastikflaschen, die er zuhauf in einer Ecke vorgefunden hatte. Jemand, der ihm bisher noch unbekannt war, hatte ihn hierhergebracht, ihm Essen und Trinken bereitgestellt, damit er leben

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