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Willi von Bellden (German Edition)

Willi von Bellden (German Edition)

Titel: Willi von Bellden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dori Jones
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Grabungsteam seit nunmehr drei Jahren untersucht. Es handelte sich, so betonte Lemmer ohne jede Spur eines Zweifels an seiner Interpretation, um ein kleines Heiligtum aus frühkeltischer Zeit.
    Die Befunde und Artefakte, welche in der Anlage selbst und in dem Graben, der diesen einzigartigen Kultplatz umgeben hatte, aufgedeckt worden waren, ließen keinen anderen Schluss zu.
    Lemmer zupfte an seinem Campingstuhl, um ihn ein wenig näher an Tanners Sitzplatz zu positionieren. »Insbesondere die beiden Statuen ... mein Bester«, ich konnte nun das typische Funkeln in den Augen des alten Ausgräbers erkennen, »die die Franzosen im letzten Jahr links und rechts vom Eingang gefunden haben, sind eine Sensation: Lebensgroß und aus Kalkstein gemeißelt, ein Krieger und eine Frauenstatue! Ich muss dir ja nicht erzählen«, jetzt rückte er meinem Herrchen richtiggehend auf den Leib, »dass keltische Skulpturen ohnehin höchst selten sind. Diese hier haben wir gerade mal dreihundert Meter nordwestlich vom Grabhügel der Fürstin gefunden. Und noch besser, Herr Kollege … der goldene Halsring, der 1953 im Grab gefunden wurde, ist, was Form und Verzierung anbelangt, quasi identisch mit dem Torques der Frauenstatue.«
    Lemmer lehnte sich triumphierend zurück und sagte an meinen Herrn gewandt: »Es ist überhaupt nicht meine Art, mich in solchen Fragen sehr weit aus dem Fenster zu lehnen, aber wenn ich heute mal, mit einem Glas Wein in der Hand, ein wenig spekulieren darf, so behaupte ich, dass unsere Frauenstatue ein Bildnis, ja ein Kultbild der berühmten Keltendame ist, die wir alle als die Fürstin von Vix kennen! Sensationell, nicht?!« Erwartungsvoll blickte er meinem Herrchen in die Augen.
    Tanner nickte anerkennend, aber ich bemerkte sofort, dass er Lemmers Gedanken nicht so ohne Weiteres folgen wollte. Seine linkes Auge war leicht zusammengekniffen, kaum merklich, doch ich kannte ihn eben, und er entgegnete: »Reden wir doch erst einmal über die Datierungsansätze, das Fürstinnengrab sollte um 500 vor Christus angesetzt werden. Was genau spricht dafür, dass dieses Heiligtum in den gleichen zeitlichen Rahmen passt?«
    Sofort verfielen die Männer in eine heiße Diskussion, in der sich alles nur um irgendwelche Artefakte drehte, um Hypothesen, die von bekannten Archäologen aufgestellt wurden, und darum, welche potenziellen Funde noch in der ausgehobenen Grube unter mehreren Schichten von Erde begraben vor sich hin schlummerten.
    Basko und meine Wenigkeit lagen zu Tanners Füßen und hingen unseren eigenen Gedanken nach. Ich genoss die Wärme des Feuers, dessen flackernder Schein äußerst beruhigend auf mein seelisches Wohlbefinden wirkte. Meinem Freund schien es ähnlich zu gehen. Wenn man erst wenige Stunden zuvor einen ermordeten Menschen entdeckt hatte, dessen Leiche unwürdig in ein Fass gestopft worden war, dann befand man sich nicht gerade in einem Zustand des übermächtigen Glücks.
    Im Laufe des Abends erfuhr ich, dass die unbekannte Frau Chloe hieß und die neue Freundin von Manny war. Chloe entpuppte sich als charmante Person mit einer unsagbar melodischen Stimme. Ich hätte ihr stundenlang zuhören können, wie sie erzählte, und empfand tiefes Bedauern, dass ich die Bedeutung manch ihrer Worte nicht verstand. Wenn sie etwas zum Besten gab, besaß sie das Talent, ihre Zuhörer durch das Heben und Senken ihrer Stimme in einen solchen Bann zu ziehen, wobei sich am Ende meist jeder in Gelächter oder zufriedenem Glucksen darüber verlor. Als Mann auf zwei Beinen hätte ich mich sehr wahrscheinlich sofort in sie verliebt. Der Schein der Flammen ließ ihre braunen gelockten Haare, die sie auf dem Rücken zu einem Zopf zusammengebunden trug und aus dem sich etliche kleine Locken gelöst hatten, die ihr ins Gesicht fielen, in einem schimmernden Glanz erscheinen. Ihre grünen Augen waren voller Sanftmut, gepaart mit Humor und Frohsinn.
    Obwohl ich mehrmals aufstand und zu den Wagen schlich, die am Rande geparkt waren, konnte ich den Kombi nirgends entdecken. Schließlich fiel mir auf, dass auch eine Person an diesem Abend fehlte. Julie.
    Sobald ich ihr Fehlen entdeckt hatte, musste ich zu meiner Verwunderung ebenfalls feststellen, dass Manny schon wieder die olivgrüne Wachsjacke mit dem Blutfleck trug. Als wir angekommen waren, hatte ich völlig vergessen, darauf zu achten. In diesem Moment jedoch erschien mir meine Auslegung dessen, was ich in dem Kombi geglaubt hatte zu sehen, als trügerisch und

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