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Willi von Bellden (German Edition)

Willi von Bellden (German Edition)

Titel: Willi von Bellden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dori Jones
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ist dies eine typische frauliche Eigenschaft. Immerhin ist diese Sache auch schon fast ein halbes Jahrzehnt her. Zumindest ein gefühltes.
    »Und erst vor einigen Wochen hat er schon wieder einen deiner Pantoffel zwischen die Pfoten bekommen. Ich konnte sie ihm gerade noch entreißen, denn er war schon auf den Weg zum Misthaufen, dort, wo er sich am liebsten aufhält, um Sachen zu zerstören!« Annys Stimme hatte einen schrillen Ton angenommen, während sie Tanner auffordernd ansah. Doch der vertrollte sich nach draußen, in der Hoffnung, Anny würde sich bald beruhigen.
    Die Sache mit dem Pantoffel hatte ich ganz vergessen. Na ja, ein Rückschlag ist so viel wie keiner, fand ich.
    »Ist ja gut, Anny. Willi und die anderen Hunde gehen ja mit. Niemand bleibt hier allein, und niemand kann deine Sachen in der Zwischenzeit zerstören. Ein kleiner Spaziergang hat bekanntlich noch niemandem geschadet!«, rief mein Herrchen und nahm Oskar und Basko an die Leine.

Als Anny mich am Halsband festmachen wollte, heulte ich laut und lange auf, sodass alle Leute aus den Mobile Homes uns anstarrten; dann lief ich mit eingezogenem Schwanz zu meinem Herrchen. Verblüfft schaute Anny mir hinterher. Nie wieder wollte ich noch etwas mit dieser Frau zu tun haben. Sollte sie doch dorthin gehen, wo der Pfeffer wächst. Außerdem hatte sie den Gummitreter von Oma vergessen. Wenn sie das jemals herausfinden würde, hätte mein letztes Stündlein wohl geschlagen.
    So tappte ich griesgrämig neben meinem Freunden Basko und Tanner her, bis wir in der Dämmerung Rosières erreichten.
    Vor der Cooperative standen schon viele Leute in kleinen Gruppen um verschiedene Tische herum, an denen es überall herrliche Kostproben gab, wie man den Gesichtern der Umherstehenden gleichwohl entnehmen konnte. Die Tür zu der großen Halle war geöffnet, und von drinnen drang gedämpftes rotes Licht nach draußen, welches mich zugegebenermaßen ein wenig neugierig machte. Dabei kam mir natürlich derselbe Gedanke wie Ihnen, nämlich: Hat man das Rotlichtviertel wegen der häufigsten Interessen der männlichen Kollegen initiiert, oder hat sich das Viertel daraus ergeben, dass nur diese Lichtquellen zur Verfügung standen? Eine nicht uninteressante Frage, die ich jedoch undiskutiert lassen musste. Basko hechelte neben mir. Der Blick, den er mir zuwarf, verriet die gleichen Wünsche, die ich hatte: Wir müssen so schnell wie möglich dort hinein!
    Tanner machte das Ganze ein wenig unauffälliger, er guckte hier und da, schmeckte die Unterschiede der einzelnen Brotsorten, dann arbeitete er sich Tisch für Tisch näher an den Eingang heran. Wie zufällig waren Anny mitsamt Oskar und Sammy aus unserem Blickfeld geraten, und ehe wir uns versahen, befanden wir uns im dämmrig roten Licht der Halle, die nach oben von einem grellen Blau angestrahlt wurde. Merkwürdig, was wollte man damit bezwecken?, fragte ich mich, als meine Augen plötzlich zwei Männer wahrnahmen, die in einer Ecke des Raumes standen und sich leise unterhielten. Weiter vorn kam uns eine junge Dame mit den lockigsten Haaren, die ich je gesehen habe, entgegen. Im Hundejargon hätte ich sie unter Garantie als Pudel bezeichnet, und zwar einer der typischsten ihrer Gattung. Mit einem bezaubernden Lächeln quatschte sie meinen Herrn und Meister an, dabei entblößte sie ihre strahlend weißen Zähne. Was sie genau sagte, verstand ich nicht, aber sie lockte Tanner, mit ihr nach hinten zu kommen. Ohne Rücksicht auf uns zu nehmen, zog er mit einem Ruck an der Leine. Ich hatte mich gerade niedergelassen, um ein Stück Wurst unter einem Stehtisch hervorzuzaubern, als ich durch den Ruck plötzlich das Gleichgewicht verlor und mit meinem Hinterteil gegen ein Tischbein knallte. Dabei wurde auch Tanner in seinen Bewegungen gebremst und verlor für eine Sekunde ebenfalls sein Gleichgewicht. Seine Füße schwebten für einen winzigen Augenblick in der Luft, bevor sie wieder auf dem Boden landeten und kurz strauchelten. Vorwurfsvoll blickte mein Herrchen in meine Richtung, während Basko uns erstaunt musterte. In dem Moment, als ich mich schüttelte, um die unangenehme Situation hinter mir zu lassen, sah ich, wie etwas aus Tanners Hosentasche fiel und im langsamen Flug zu Boden glitt. Die Pudelfrau trat hinter einen Tresen, nahm einige Töpfe hervor, von denen sie die Deckel abnahm und Tanner zum Probieren reichte. Der wiederum nahm das Angebot dankend an. Immerhin hatte er heute noch nichts zum Abendessen bekommen.

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