Willi von Bellden (German Edition)

beinahe auf der Fußmatte eingeschlafen wäre, hatten die Kinder wenig Mitleid mit ihm gezeigt und ihn einfach mitgenommen. Aber wie ich Oskar kannte, würde er den übermütigen Spielen der Kinder nicht lange widerstehen können.
    Sammy wirkte ungeduldig; für ihn war es das erste Mal, dass er an der Aufklärungsarbeit eines Mordfalles beteiligt war. Ich konnte ihn gut verstehen. Obwohl Basko und ich schon einige Erfahrung in diesem Metier vorzuweisen hatten, waren auch wir angespannt und bereit dazu, gedankliche Höchstleistungen zu vollbringen, denn wer eine gute Kombinationsgabe sein eigen nennen konnte, der besaß unweigerlich gewisse Vorzüge in der Ermittlungsbranche.
    »Wenn du es so willst, sind wir eigentlich dabei, Tonis Spuren zu verfolgen, oder zumindest den Weg, den er zu reisen beabsichtigte«, erklärte ich Sammy, der mich gespannt anblickte, nur allzu bereit mit einzusteigen, in die laufende Aufklärung.
    »Aber leider verliert sich die Spur von Toni schon in Vix, wo er im Grunde genommen nur von Manny gesehen wurde, der sich aber später nicht mehr ganz sicher war.« Basko seufzte. »Scheint das Phänomen der Unterordnung innerhalb einer Gruppe zu sein, davon habe ich letztens mal was in einer Reportage gehört ...«, merkte Basko mit seiner tiefen, langsamen Stimme an.
    »Basko, wir befinden uns in einer Ermittlung und nicht auf einem Psychologieseminar. Also lass den Firlefanz und konzentriere dich auf unsere Arbeit!«, sagte ich in leicht gereiztem Ton. Manchmal konnte ich schlecht mit seiner ruhigen und gelassenen Art umgehen. Wie so oft seufzte mein Freund, dann legte er die Pfoten aufeinander und versuchte, konzentriert zu wirken.
    »Und Toni wollte ganz sicher hier in die Ardèche? Genau dorthin, wo wir jetzt sind?«, fragte Sammy.
    Ich nickte.
    »Mit hoher Wahrscheinlichkeit kann man davon ausgehen, dass Toni zu den Dolmen wollte, um einige archäologische Forschungsarbeiten voranzutreiben. Wie Selma uns mitteilte, arbeitete er an Artikeln für diverse archäologische Fachzeitschriften, vielleicht sogar an einem größeren Werk, einem Buch«, erzählte Basko.
    »Aber eigentlich spielt sein Motiv keine zentrale Rolle in dieser Geschichte«, bemerkte ich. »Fakt ist: Er wollte Mathis besuchen, ebenso die steinzeitlichen Dolmengräber, jedenfalls behauptet das seine Frau.«
    »Und wo ist er jetzt?«, fragte Sammy, was wohl seiner Unerfahrenheit zuzuschreiben war.
    »Wir wissen es nicht! Sein Auto wurde auf dem Grund eines Sees gefunden, von Toni keine Spur. Ebenso konnte, dank Willis raffiniertem Spürsinn, Tonis Thermoflasche gefunden werden, ganz in der Nähe der Grabung bei Vix. Dann verliert sich seine Spur, obwohl die Ermittlungen der deutschen und französischen Polizei auf Hochtouren laufen. Sein Handy wurde in der Gegend noch geortet, doch leider befand es sich im Wagen, sodass auch hierüber nicht weiter ermittelt werden konnte.« Basko machte eine kleine Pause und blickte mich verzweifelt an.
    »Es ist schwer, eine Spur aufzutun, der man kontinuierlich folgen kann. Immer wieder enden diese Spuren im Nichts, wie die mit Tonis Besuch bei den Dolmen. Doch ich glaube, mit dem Wissen, dass Chloe hier war, können wir etwas anfangen. Trotzdem ist die zentrale Frage immer noch: Wer waren diese Personen auf dem Bild? Mathis, Norbert, Toni, Katrin Schubert, das sind die Leute, die wir mit Sicherheit zuordnen können. Der leblose Mann könnte Nicolas Henry sein, unklar bleibt dann nur noch, wer die Person ist, die nur von hinten zu sehen ist. Natürlich ist es naheliegend anzunehmen, dass es sich bei dem leblosen Mann um keinen anderen als Nicolas Henry handelt, den Maxime Martin angeblich unter Einfluss von Alkohol und Drogen in einen Brunnen gestoßen hat, wobei er sich die tödlichen Verletzungen zugezogen haben könnte, aber mit Sicherheit können wir das nicht behaupten, da wir kein Bild von ihm haben. Maxime Martin bestreitet die Tat bis heute, vielmehr beschuldigt er stattdessen seine Noch-Ehefrau Chloe Martin, diesen Mord begangen zu haben. Diese wiederum hatte ein Verhältnis mit Toni, so viel wissen wir aus den Briefen, die sie ihm geschrieben hat. Anhand der vielen erotischen Begebenheiten, die sie darin schildert, kann man keinen harmloseren Schluss zulassen.«
    Ich errötete leicht unter meinem Fell, was Bello sei Dank niemand der Anwesenden bemerkte.
    »Und nun stellt sich die hauptsächliche Frage: Wer war der Fotograf dieser Szenerie? Auch hier könnte Chloe Martin ins Spiel