Willi von Bellden - Wer anderen eine Grube gräbt ... (German Edition)
in der Nase. So was bleibt nicht allzu lange unentdeckt! Wenn sie nur halb so gut aussieht, wie sie riecht, wird sie sich vor Verehrern kaum retten können.“
Was soll das denn? Der wird doch keine ernste Absichten haben, dachte ich etwas beunruhigt.
Basko und ich schauten uns an. Ich hatte den Eindruck, als könne er in diesen Sekunden meine Gedanken lesen.
Ich schaute verlegen in eine andere Richtung.
„Hast DU sie schon getroffen? Was ist sie denn für eine?“, fragte er genauso gleichgültig.
„Ich glaube, sie ist eine Labradorhündin. Noch ein ziemlich junges Ding! Hab sie mal...“
Unser Gespräch über die junge Hundedame wurde jäh beendet, als ich Churchill erblickte, wie er über die Wiese huschte. Vermutlich war er hinter einer Maus her. Alle Gedanken an meine kleine Labradorhündin verflüchtigten sich im selben Augenblick.
Basko hatte ihn auch im Visier und spitzte die Ohren. Ein leichtes Zittern ging durch seinen Körper. Wenn ich jemanden hasste, dann Churchill, dieses Monstrum von einem fetten Kater. Er sah aus wie Garfields großer Bruder, doch war sein Balg grau und schwarz gestreift. Wenn er sich aufplusterte sah er aus wie ein Stachelschwein.
Churchill musste uns wohl auch bemerkt haben, denn er blieb in Lauerstellung mitten auf der Kuhweide stehen. Zornig stellte er seinen buschigen Schwanz in die Höhe. Das war unser Signal!
Wie auf Kommando rasten Basko und ich los, direkt auf ihn zu. Wir gaben alles. Die Aussicht unserer Lieblingskatze mal in den Hintern beißen zu können, war einfach zu verlockend.
Churchill fauchte kurz, setzte dann aber eilig zur Flucht in Richtung der Häuser an. Wir hinterher. Pfeilschnell und mit heraushängenden Zungen.
In diesem Moment war uns alles egal, Nachbarn hin oder her, sollten sie uns doch bei Tanner verpetzen, Churchill war es wert!
Als ich schon dachte, wir könnten ihn diesmal wirklich erwischen, sprang der Dicke mit einer Leichtigkeit, die man ihm niemals zutrauen würde, auf das Dach eines Gerätehäuschens. Basko, der wesentlich schwerer war als ich, konnte seinen vollen Lauf nicht rechtzeitig verzögern, und knallte ungebremst an das marode Fallrohr des windschiefen Schuppens.
Es krachte und Blechteile flogen mit einem lauten Scheppern auf ihn herab.
Oh, oh, das gibt Ärger, schoss mir durch den Kopf, während mein Gefährte sich benommen den Schrott aus dem Fell schüttelte. Sofort eilte ich ihm zu Hilfe.
Indes verhöhnte Churchill uns mit seiner ekelhaft krächzigen Stimme vom Dach des Schuppens aus.
Ich verzichte bewusst darauf zu erzählen, mit welchen Schimpfwörtern wir den Dicken in diesem Moment bedachten. Das ist nichts für schwache Nerven. Nur soviel, ich versprach ihm eines Tages seinen Schwanz auf neunzehntel zu kürzen.
Trotzig trotteten wir davon, begleitet von dem fiesesten Lachen der Welt.
Welche Schande, doch gerade in solchen Momenten verspürt man ein großartiges Gefühl der Zusammengehörigkeit. Das war das einzig Gute an der Sache.
Bald erreichten wir den Wald. Hier bei uns im Hunsrück ist die Natur wirklich noch ein gutes Stück heiler als sonst wo.
Ich liebe diese wunderbare Stille. Jeder Schritt auf dem weichen Nadelholzwaldboden ist gedämpft. An diesem Tag sangen nur ein paar Vögel ihre Lieder. Alles war perfekt.
Tatsächlich sind Wälder ein Paradies für uns Hunde. Ein Paradies, vorausgesetzt man versteht es zu genießen. Die Zweibeiner mit ihrem unterentwickelten Gehör, und ihrem praktisch nicht vorhandenem Geruchsinn sind wirklich zu bedauern. Für Hunde wie Basko und mir, erschloss sich hier eine ganz andere Welt.
Während wir ziellos umherstreunten, fiel mir die Geschichte vom Schinderhannes ein, der hier vor über zweihundert Jahren die Gegend unsicher gemacht hat.
Ein Steckenpferd (sie werden es kaum glauben, nicht etwa von meinem Boss, sondern von seiner geliebten Frau) von Anny. Sie liebt die Natur, liebt den Wald, sieht und spürt Dinge die andere Menschen nicht wahrnehmen. Sie glaubt fest an eine beseelte Natur. Wir sind uns in diesen Dingen sehr nahe, und der Schinder passt zu ihrer romantisierenden Lebensanschauung.
Natürlich wusste ich längst, dass dieser Räuberhauptmann und Frauenchef, Johannes Bückler, kein Robin Hood war, der den Reichen genommen und den Armen gegeben hatte. Es waren schlechte Zeiten damals, und er war einfach nur ein Bandit, der die anarchischen Zustände dieser Zeit zu seinem Vorteil ausnutzte.
Dennoch faszinierte mich der Gedanke, dass der Hannes
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