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Willkommen auf Skios: Roman (German Edition)

Willkommen auf Skios: Roman (German Edition)

Titel: Willkommen auf Skios: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Frayn
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würde sich um seinen Koffer kümmern und ihn unterdessen mit allem versorgen, was er brauchte. Demnächst würde er sich, rasiert und geduscht, an einen Tisch am Strand setzen. Frühstück! Ja! Frisch gepresster Orangensaft, gewiss, und zuckrige griechische Croissants, vielleicht ein, zwei Scheiben kross gebratener Speck. Seitdem er aus dem Flugzeug gestiegen war, hatte er nur eine Pizza aus der Tiefkühltruhe im Gästehaus gegessen. Sein Frühstück würde natürlich unterbrochen von Leuten, die sich ihm auf die übliche lästige Weise näherten und vorstellten. »Dr. Norman Wilfred? Ich bin ein großer Bewunderer … freue mich so …« Das würde er jedoch mit einem Frühstück vor sich und sauberen Socken an den Füßen gelassen hinnehmen.
    Der Pfad war holprig, doch so steil, dass er erfreulich rasch in Richtung Kaffee und Socken schritt. Allerdings war die Strecke bis nach unten erstaunlich lang. Er war schon gute zwanzig Minuten unterwegs, als er das erste Haus der Stiftung erreichte.
    Es war verlassen. Die Fenster waren zerbrochen, und die Tür hing nur noch in einer Angel und neigte sich müde vor.
    Der Anblick war seltsam entmutigend. Die Stiftung war offenbar schlechter ausgestattet, als er angenommen hatte. Es wurde spürbar heißer, als er den Pfad weiter nach unten ging. Er sah wieder Ziegeldächer zwischen den Bäumen hügelabwärts, doch zehn Minuten später, als er näher daran war, stellte er fest, dass es nur ein zusammengestürzter Haufen war ohne Mauern, die ihn trugen.
    Er hatte sich verleiten lassen, sein Prestige einer Organisation zur Verfügung zu stellen, die eindeutig aus dem letzten Loch pfiff. Oder war er vielleicht irgendwo falsch abgebogen? Vielleicht sollte er zurückgehen, um es zu überprüfen. Doch bei dem Gedanken, wieviel Zeit und Kraft er investiert hatte, um bis hierher zu kommen, und wieviel mehr davon er würde aufbieten müssen, um seinen ursprünglichen Aufwand wieder zunichte zu machen und den Abhang hinauf-, statt hinunterzugehen, zögerte er. Er blickte nach oben. Er blickte nach unten. Er hörte, wie der Kaffee und die süßen Croissants ihn höchst wortgewandt riefen. Aber woher kam die Stimme?
    Einen Moment lang sah er, wie sich Leute unterhalb von ihm zwischen den Bäumen bewegten. Die Entscheidung war von selbst gefallen.
    Er hastete den Pfad hinunter, um zu erwischen, wer immer es war, bevor sie verschwanden. Er ging schneller, als er gedacht hatte, denn der Boden befand sich plötzlich beunruhigenderweise nicht mehr unter seinen Füßen, sondern unter seinem geprellten Hintern und seinem schmerzenden Schädel. Seine Tasche purzelte hinter ihm her wie Jill hinter Jack. Die Leute, die er gesehen hatte, hoben jäh den Kopf, um ihm zuzuschauen, erschrocken über die Rasanz seines Abstiegs.
    Nur dass es keine Leute waren. Es waren Ziegen.

17
    Langsam und lautlos schob Georgie den Riegel zurück. Langsam und lautlos drückte sie auf die Klinke und zog die Badezimmertür ein paar Zentimeter auf.
    Niemand. Auf Zehenspitzen ging sie ins Schlafzimmer und horchte.
    Nichts. Sie schlich in den Flur und schaute vorsichtig in jedes Zimmer der Villa.
    Ja, sie war allein.
    Sie kehrte ins Schlafzimmer zurück, um die Habseligkeiten des Eindringlings zu holen und sie in den Garten zu werfen, aber er schien keine zu besitzen. Sie verriegelte die Haustür und die Tür auf der Rückseite des Hauses, die zum Pool führte. Sie überprüfte, ob alle Fenster geschlossen waren.
    Sie schaltete ihr Handy ein. Es glühte sie dumpf und widerspenstig rot an, aber es schien sich doch ein bisschen erholt zu haben und nahm es unwillig hin, als sie Olivers Nummer wählte.
    »Hallo!« sagte seine Stimme. »Ich weiß, es klingt wie ich …«
    Sie beendete den Anruf, bevor er das begrenzte Wohlwollen des Telefons weiter auf die Probe stellen konnte. Sofort klingelte es. »Patrick« stand auf dem Display. Sie drückte den Anruf weg. Das Telefon klingelte erneut. »Patrick«. Sie drückte den Anruf weg. Es klingelte wieder. »Nikki«.
    Sie hielt sich das Telefon ans Ohr.
    »O Nikki, Gott sei Dank!« sagte sie. »Er ist weg, ich habe alle Türen abgesperrt, ich erreiche Oliver nicht, ich hätte wissen müssen, dass es so ausgeht, ich weiß einfach nicht, was ich tun soll, wo kann er nur sein, was ist los mit ihm, ich mache mir solche Sorgen, ich werde kein Wort mehr mit ihm reden – «
    Sie hielt inne, denn Nikki sprach ebenfalls.
    »… könnte was tun, wenn ich nur wüsste, wo du bist «, sagte

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