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Willkommen im Totenhaus

Willkommen im Totenhaus

Titel: Willkommen im Totenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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brach ab. Die Augen verloren ihren Ausdruck. Kein Leben mehr. Der Glanz des Todes hatte sich in ihnen ausgebreitet. Auch das Gesicht war erstarrt.
    Ich erhob mich und merkte, wie es glühend heiß durch meinen Körper schoß. Ich bekam das Zittern einfach nicht unter Kontrolle, und selbst meine Zähne schlugen aufeinander, ohne daß ich etwas dagegen unternehmen konnte.
    Auch die Knie waren weich. Jetzt schmerzten beide, und ich mußte mich schon zusammenreißen, um nicht einzusacken und hinzufallen, als ich auf die beiden Mädchen zuging.
    Beide hatten blonde Haare. Sie sahen aus wie Geschwister. Ich lächelte auf sie herab.
    Bewegen konnten sie sich kaum, denn ihr Kidnapper hatte sie mit Seidenbändern gefesselt. Ich kam mir so hilflos vor und wußte nicht, ob ich den richtigen Ton traf, wenn ich sie ansprach.
    »Jetzt ist alles vorbei. Ihr werdet bald nach Hause kommen können, zu euren Eltern und Geschwistern und Freunden oder so…«
    Sie gaben mir keine Antwort und schauten nur zu, wie ich vorsichtig die Bänder löste. Der Kerl hatte ihre Hand- und Fußgelenke zusammengebunden.
    Ich blieb vor ihnen knien und massierte behutsam ihre Gelenke. Dabei sprach ich mit ihnen, um mich und auch sie abzulenken. Welche Worte ich sagte, wußte ich selbst nicht, aber ich sagte ihnen auch, daß wir noch einen recht steilen Weg zurückzulegen hatten. »Wir müssen durch den Wald. Oben am Weg steht mein Auto.«
    Plötzlich lächelten sie. Das gab mir Mut. »Habt ihr auch Namen?« fragte ich. »Ich heiße Mandy.«
    »Sehr schön.«
    »Ich bin Ellen.«
    »Ihr könnt mich John nennen.«
    »Du hast geschossen, nicht?« fragte Ellen. Sie war das Mädchen mit den kürzeren Haaren. »Ja, das mußte ich.«
    »Ist der Mann tot?« Ich nickte.
    »Er wollte uns zu Engeln machen«, sagte Mandy und fing an zu weinen. »Aber wir wollten nicht.«
    »Hat er euch sonst was getan?« fragte ich mit gepreßt klingender Stimme.
    »Nein, nichts. Er hat uns sogar was zu Essen gegeben. Er wollte uns als Puppen behalten, wenn wir bei den Engeln sind.«
    Ich winkte ab und versuchte, mich locker zu geben, auch wenn ich innerlich kochte. »Ihr werdet bald wieder bei euren Eltern sein, und alles andere wird sich zeigen. Eure Eltern und Freunde suchen euch nämlich. Sie haben große Angst um euch gehabt.«
    »Aber du wohnst nicht bei uns«, sagte Ellen.
    »Nein, ich bin fremd.«
    »Hast du uns denn auch gesucht?«
    »Klar. Sonst wäre ich nicht hier.« Daß es mehr ein Zufall oder eine glückliche Fügung gewesen war, behielt ich für mich. Die Anspannung ließ allmählich nach, und so nahm ich die äußeren Einflüsse auch wieder deutlicher wahr. Ich spürte die Kälte, die durch die offene Tür in die Hütte kroch und auch mich frösteln ließ, obwohl ich dicker angezogen war als die Kinder. Sie trugen nur ihre Wollkleider, aber die Regenjacken lagen in der Nähe.
    Ich holte sie und bat die beiden, aufzustehen. Dabei stellte ich mich so hin, daß sie den Toten nicht sahen. Ihn würde ich spater abholen lassen. Wichtiger waren Mandy und Ellen, denen ich half, die Jacken anzuziehen.
    Ich schob sie beide durch das offene Viereck nach draußen und sorgte dafür, daß sie sich nicht umdrehten.
    Der Anblick des Toten war nichts für sie.
    Noch immer schwebte Dunst über den See und auch über die Plattform hinweg. Ich nahm beide Kinder an die Hände und umging mit ihnen vorsichtig das Haus.
    »Könnt ihr denn Leitern steigen?«
    Sie nickten. Mandy kletterte als erste der beiden. Ich nahm sie unten in Empfang. Ebenso Ellen.
    »Wohnt ihr weit von hier?«
    »Nein.«
    Sie waren sehr einsilbig. Verständlich, und sie hatten zu mir Vertrauen gefaßt, denn mit ihren kleinen Händen umklammerten sie mich so fest wie möglich.
    Ich wußte auch nicht mehr, was ich noch sagen sollte. Die Kinder hatten Schlimmes hinter sich, das sie wahrscheinlich ihr ganzes Leben über begleiten würde. Für sie war es am besten, wenn sich gute Psychotherapeuten um sie kümmerten, um ihnen zumindest über die ersten Hürden hinwegzuhelfen.
    Ich dachte auch über ihren Entführer nach. Ein kranker Mensch war er gewesen, zwar ein Verbrecher, aber nicht im eigentlichen Sinne. Er hatte es nicht geschafft, gegen seine Erblast anzukämpfen, und er hätte die Kinder auch getötet.
    Wenn ich daran dachte, bekam ich noch immer einen Schauer. Der Weg nach oben war zwar beschwerlich, doch ich ging ihn gern, denn ich war nicht allein.
    Mein Kollege, der uns bewogen hatte, in diese Gegend zu fahren,

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