Willkommen im Wahnsinn: Roman (German Edition)
sitzen Camilla und ich bis neun im Büro und sorgen dafür, dass die Pressekarten zu den richtigen Journalisten gelangen und die US-Promoter die besten Plätze bekommen. Zudem soll die Party nach dem Event, die in einer Kellerbar am anderen Flussufer stattfinden soll, ausreichend hochgejubelt werden, um die geladenen Gäste anzulocken, aber nicht so sehr, dass uns unerwünschte Leute um Einladungen anbetteln. Und die beiden weniger berühmten Comedians dürfen nicht um die zweitbeste Garderobe streiten. Ein lästiger Disput um den genauen Inhalt der Obstkörbe in der Gästelounge kostet mich zwei Stunden. Immerhin verschafft mir die Lösung solcher Probleme, die ich auf der Liste abhaken kann, bevor sie sich zu Dramen entwickeln, eine gewisse Genugtuung.
Während Camilla tagsüber oft durch Abwesenheit glänzt und mysteriöse Dinge erledigt, kehrt sie nach Dienstschluss stets ins Büro zurück und bestellt Sushi für uns beide. Jeden Abend. Bis ich mich, wie ein Pawlow’scher Hund, allein schon beim Anblick einer Maki-Rolle erschöpft und überarbeitet fühle.
Eifrig schuftet Camilla in ihrem Büro, telefoniert stundenlang und stochert geistesabwesend mit Bleistiften und Kugelschreibern in ihrem hochgesteckten Haar herum. Die bleiben dann auch schon mal drin und weisen in alle Richtungen. Das scheint sie nach einer Weile zu vergessen.
Am Freitagabend um halb zehn habe ich alles getan,
was in dieser Woche möglich war. Ich greife nach meiner Handtasche und der Jacke, um Randy in seinem Haus zu treffen.
»Ich gehe jetzt, Cam«, sage ich und schaue in ihr Büro. »Arbeite nicht mehr so lange. Es klappt ja alles erstaunlich gut.« Und das stimmt, obwohl wir immer noch in dringenden Anfragen nach Karten und Sondergenehmigungen und Pressepässen ersticken. Offensichtlich wird das Randys begehrtester Auftritt seit Jahren.
»Ja, das glaube ich auch«, antwortet sie fröhlich. »Anfangs war ich nicht Jemimas Meinung – je größer, umso besser. Aber dann habe ich mit Jamie von African Vision gesprochen und erfahren, wie viel sie mit dem Geld bewirken können, das wir sammeln werden. Das ist geradezu enorm. Randys kleine Wiedergutmachung wird zahlreiche Menschenleben retten.«
»Was die Obstkörbe in eine neue Perspektive rückt«, bemerke ich, und Camilla lacht.
»O ja, Lizzy, ich weiß. So ein Getue um eine verdammte Kiwi! Am liebsten würde ich eine in Declans Hals rammen. Wie verrückt muss man sein, wenn man gegen Kiwis allergisch ist?«
»Das darfst du nicht bagatellisieren, Cam«, mahne ich und verdrehe die Augen. »Declan leidet an einer sehr speziellen, lebensbedrohlichen Allergie gegen die tödliche Kombination von pelziger Haut und schwarzen Samen. Vielleicht sollten wir bei Randys nächster Benefizgala eine Million für die Bekämpfung dieser grausigen Krankheit sammeln.«
Plötzlich wird Camilla ernst. »Der nächste Auftritt, den Randy macht, findet in den USA statt. Der erste auf seiner
Tour durch dreißig Städte. Vergiss nicht – dafür nehmen wir das alles auf uns. Übrigens, wie geht es ihm gerade? Ist er vernünftig?«
»O ja, er gibt sich große Mühe und arbeitet wie wahnsinnig.« Das ist die reine Wahrheit. Nach seinem Training im Fitnessraum sitzt er mit zwei befreundeten Schriftstellern zusammen, die ihm helfen, neue Sketche zu verfassen. »Und er ist völlig clean. Also wird es bei den Drogentests keine Probleme geben, das verspreche ich dir. Wirklich, er ist topfit.«
Interessiert schaut sie mich an. »Behandelt er dich gut?«
Wie soll ich diese Frage beantworten? Randy behandelt mich ziemlich ungehörig, wozu ich ihn immer wieder enthusiastisch ermutige. Aber dieses Thema möchte ich mit meiner Chefin nicht erörtern. Und es gehört ganz sicher nicht zum Deal unserer Scheinbeziehung.
»Ja, Cam, in letzter Zeit ist er sehr nett. Keine Ahnung, was du zu ihm gesagt hast. Aber deine Lektion erfüllt ihren Zweck.«
»Ganz einfach, ich habe ihm gedroht, dass ich ihn feuere, wenn er dich nervt«, sagt sie in sachlichem Ton. »Dann wäre er nicht mehr mein Klient.«
Verblüfft reiße ich die Augen auf. »Ach, tatsächlich?«
»Klar. Und jetzt verschwinde, genieß den Abend – zumindest, was noch davon übrig ist. Bis Montag.« Lächelnd dreht sie sich wieder zu ihrem Computer.
Ich gehe durch den dunklen Korridor. Wie mir ein paar Lichter verraten, machen nicht nur Camilla und ich an diesem Wochenende Überstunden. Ich winke Françoise zu, Lucys Assistentin, einem eingefleischten
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