Willkommen im Wahnsinn: Roman (German Edition)
Flucht die Treppe hinauf nicht mehr möglich. Das würde ich nicht unbemerkt schaffen.
Also schleiche ich in die Speisekammer und ziehe die Tür zu. Unglücklicherweise gibt es an der Innenseite keine Klinke, was mir erst jetzt auffällt. Und außerdem ist es hier drin eisig kalt, obwohl draußen die Sonne scheint ... Ich fühle mich wie in einem dunklen Kühlschrank. Großartig.
»Lizzy?«, ruft Randy. »Liz? O Gott, warum ist es hier drin so dunkel?« Der Lichtschimmer, der unter der Speisekammertür hindurchscheint, wird heller, als er die Küchenlampe einschaltet. »Wahrscheinlich ist sie noch nicht zu Hause.« Würden dann Kerzen brennen? Ist er blind?
»Da duftet irgendwas, Kumpel«, sagt sein Gefährte mit starkem neuseeländischem Akzent und verrät damit seine Identität – Wade, der Personal Trainer.
Ich höre, wie die Backofentür geöffnet wird. »Ja, offenbar ein Eintopf, eine von Putz-Ninas Spezialitäten. Möchtest du einen Teller?«
Was? Wartet Randy nicht auf mich? Er weiß doch, dass
wir heute Abend zusammen essen wollen – zu Hause, zu zweit. Seit fünf Uhr habe ich ihm heiße SMS geschickt.
»Ja, gerne«, stimmt Wade zu. Stuhlbeine scharren über den Küchenboden, als er sich an den Tisch setzt. »Nur eine kleine Portion. Ich muss später noch mit meiner Frau essen.«
»Klar, und ich mit meiner. Aber sie wird es nicht merken, wenn wir ein bisschen was klauen.«
Besten Dank, Randy, du alter Romantiker. Schaudernd reibe ich meine Arme und versuche, mich zu wärmen. Ich bin halb verhungert, und das Aroma des Eintopfs, der aus dem Ofen genommen wird, bringt mich fast um. Vorsichtig taste ich dunkle Regale ab auf der Suche nach Ninas geheimen Keksen und reiße eine Packung auf, stopfe zwei Stück in den Mund und kaue hektisch. Garibaldis, voller ekliger Rosinen, die schlimmsten Biskuits meines Lebens. Trotzdem esse ich sie.
»Köstlich, Kumpel.« Wade fällt über mein Dinner her. »Da wir gerade vom Klauen reden – gibt es irgendwas, womit wir den Eintopf runterspülen können?«
»Denkst du dasselbe wie ich?«, fragt Randy.
»Nun, zum Trainingsplan passt es nicht so richtig. Aber es ist Samstagabend, nicht wahr?« Wade lacht verschwörerisch.
»Da hast du ganz recht, Wade. Ein Bier am Samstagabend ist nicht nur ein Privileg, sondern das fundamentale, gottverdammte Recht eines Mannes. Warte, gleich bin ich wieder da.«
Randys Schritte poltern blitzschnell die Kellerstufen hinab, gefolgt von einer ebenso flinken Rückkehr. Zischend werden zwei Bierdosen geöffnet, und ich schnappe entsetzt
nach Luft. Seit meinem ersten Besuch ist dieses Haus eine alkoholfreie Zone (okay, seit dem zweiten, denn beim ersten war Randy sternhagelvoll). Wie oft habe ich mir nach einem langen Arbeitstag ein Glas Wein gewünscht und mich aus Solidarität mit Cranberrysaft begnügt ... Und die ganze Zeit hat er Bier im Keller versteckt, trotz seiner Abstinenz?
»Im Kühlschrank vom Fitnessraum verwahre ich einen geheimen Vorrat.« Randy flüstert beinahe, als wüsste er, dass ich mich nur wenige Schritte entfernt verstecke. »Wenn die verdammten Babysitter draufkämen, würden sie mir das Bier sofort wegnehmen. Aber solange ich mich brav benehme, darf ich mir ab und zu ein bisschen was gönnen, oder?«
»Jedem Tierchen sein Pläsierchen, was, Kumpel?« Metallisch stoßen die Bierdosen aneinander.
Als sie die Mahlzeit beenden, bin ich fast erfroren – und beinahe eingeschlafen, während sie eine langweilige Diskussion über Trainingseinheiten, die notwendige Anzahl von Wiederholungen und Carboloading führten, was die Energieeinlagerung in den Muskeln maximieren soll. Was auch immer das bedeuten mag (hängt es vielleicht mit den zehn widerlichen Garibaldi – Plätzchen zusammen, die ich in der letzten halben Stunde verschlungen habe?).
Mit jeder Minute finde ich die harte Tupperware -Box, auf der ich kauere, unbequemer. Ich höre, wie Randy seinen Trainer zur Haustür begleitet und in die Küche zurückkehrt. Ein Klicken, ein schwaches Piepsen – sein Handy?
Plötzlich klingelt mein Handy in meiner Handtasche, die ich nach meiner Ankunft aufs Fensterbrett geworfen habe. Nicht dass Randy das bei seiner Sauferei mit Wade bemerkt hätte ...
»Was?«, fragt er die leere Küche. Offensichtlich registriert er endlich die Anwesenheit meines Handys im Haus. Also muss ich auch da sein. »Lizzy?«, ruft er die Treppe hinauf. »Wo bist du?«
Mit einer schwachen Hand poche ich an die Tür der
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