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Willkommen im Wahnsinn: Roman (German Edition)

Willkommen im Wahnsinn: Roman (German Edition)

Titel: Willkommen im Wahnsinn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pippa Wright
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Workaholic. Dann schaffe ich es sogar, Mel höflich eine gute Nacht zu
wünschen. Jemima lässt sich nicht blicken. Nachdem sie ihre beiden Klienten in die Gala manövriert hat, »erlaubt« sie Camilla, das Projekt allein zu betreuen. Wahrscheinlich ist es kein Zufall, dass Jemimas Geistesblitz die Arbeitslast ihrer Partnerin verdoppelt.
    Am Empfang legt Winston, der Sicherheitsbeamte, seinen New Yorker beiseite und sperrt die Haustür auf. Dann wünscht er mir einen erholsamen Abend und verbeugt sich förmlich. Das heißt, er nickt mir nicht nur zu, sondern verneigt sich aus den Hüften heraus.
    Ich beschließe, auf ein Taxi zu verzichten und den Bus zu nehmen. Obwohl Camilla immer darauf besteht, mir eins zu bezahlen, wenn ich bis zum späten Abend arbeite, brauche ich vor dem Wiedersehen mit Randy etwas mehr Zeit zum Nachdenken.
    Cams Aussage zu ihrem Ultimatum für Randy hat mich verwirrt. Ich weiß, sie schätzt meine Arbeit, und Randy ist ein schwieriger Klient. Aber warum hat sie ihn Jemimas Klauen so energisch entrissen und kurz danach gedroht, ihn fallen zu lassen? Das passt nicht zusammen. Mag er auch anstrengend sein, das weiß ich inzwischen besser als sonst jemand – er ist auch das Aushängeschild, nicht nur für Camilla, sondern für die ganze Carter-Morgan- Agentur. Dank seiner Anwesenheit bekommen auch unsere anderen Klienten die bestmögliche Presse; und ohne ihn würden die Köder, die wir vor den Medien schwenken, sofort ihre Wirkung verlieren.
    So sehr mir Camillas Loyalität auch schmeichelt – wenn sie auch nur eine Sekunde lang daran denkt, Randy loszuwerden, muss ich an ihrem Verstand zweifeln. Offenbar existieren ihre neue Effizienz und Antriebskraft der letzten
Wochen nur an der Oberfläche. Nun muss ich mich intensiver denn je bemühen, um Randy bei der Stange zu halten. Wenn sie ihren Superstar abserviert, riskiert sie das Ende ihrer Karriere. Versteht sie das nicht?

18
    Als ich endlich daheim ankomme – das heißt, in Randys Haus, sieht Camillas Superstar keineswegs super aus. Unter seinen Augen erwecken dunkle Schatten den Eindruck, er hätte sie mit seinem ständig missbrauchten Eyeliner gemalt. Seit dem Morgentraining hat er sein Haar offensichtlich nicht gewaschen. Ich stecke den Kopf durch die Tür seines Studios. Da packt er mich und presst mich so fest an sich, dass ich beinahe glaube, ich würde entzweibrechen.
    »O Babe, ich habe dich vermisst. Warst du die ganze Zeit im Büro?«
    »Ja«, sage ich zu seiner Brust. »Ich habe mich wie verrückt abgerackert, und das alles nur für dich, mein Scheinfreund.«
    »He!« Er rückt ein wenig von mir ab und verzieht das Gesicht. »Haben wir die Scheinbeziehung nicht beendet?« Dieser Blick, ganz tief in meine Augen, gehört zu Randy Jones’ Markenzeichen. Das weiß ich. Oft genug konnte ich beobachten, wie er seine Gespielinnen so angesehen hat. Aber wie sollte ich das den flatternden Schmetterlingen in meinem Bauch erklären? Ganz egal, wie eindringlich mein Hirn mir versichert, dass dies keine richtige Beziehung und
das Flirten für Randy eine Reflexhandlung sei – mein pochendes Herz ist anderer Meinung.
    Er küsst meinen Scheitel, dann greift er hinter sich und nimmt ein kleines, in Seidenpapier gewickeltes Päckchen vom Schreibtisch. »Für dich, Babe.«
    Halb und halb rechne ich mit weiteren Dessous. In den letzten Wochen waren das seine einzigen Geschenke. Aber dafür ist das Päckchen zu schwer.
    Ich entferne das Seidenpapier und betrachte ein grünes Buch, das schon bessere Tage gesehen hat, mit abgewetzten Ecken und vergilbten Seiten. Ein Handbuch über Gräser, Riedgräser und Binsen in England.
    Schweigend blättere ich darin, weil ich meiner Stimme nicht traue.
    »Gefällt es dir?«, fragt Randy. Nervös starrt er mich an und scheint zu fürchten, dass ich in Tränen ausbrechen könnte. »Ich dachte – wegen deines Dads ... Sag doch was, Babe.«
    »Das ist wirklich sehr lieb von dir, Randy«, flüstere ich, ohne das Buch in meinen Händen aus den Augen zu lassen. Sonst müsste ich tatsächlich weinen. »Seit Jahren das Netteste, was jemand für mich getan hat...«
    »Wenn – wenn du willst, könnten wir – eh – an diesem Wochenende aufs Land fahren und ein paar Grashalme studieren«, schlägt er zögernd vor.
    Beinahe rührt mich dieses Angebot noch mehr als das Geschenk. Die Vision, Randy Jones, ein internationaler Megastar, würde einen Nachmittag damit verbringen, britische Gräser zu identifizieren,

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