Willkommen im Wahnsinn: Roman (German Edition)
man das großartig, wenn man sich vor hartnäckigen Handys und BlackBerrys retten will, die dort nicht funktionieren. Aber wenn man jemanden dringend erreichen muss, ist es furchtbar ärgerlich. Während es klingelt, wandere ich in Randys Garderobe umher. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich glauben, sie wäre durchwühlt worden.
Aus einem Koffer am Boden quellen Kleidungsstücke, als wollten sie in einer verschlungenen Masse zum Badezimmer flüchten; unter Halbstiefeln mit Silberschnallen liegt Randys Goldlamé-Jacke, die er vergangene Woche auf Lulus und Dans Party getragen hat. Vorherrschende Leopardenornamente – auf Halstüchern, Gürteln, Hüten, Handschuhen, sogar Strumpfhosen – verraten Rochelles Einfluss. Ich vermute, die Plateauschuhe aus Krokodilleder,
die neben dem Stuhl stehen, gehören ihr. Denn die Frau gibt sich nur zufrieden, wenn sich mindestens einer ihrer Körperteile als exotisches Tier kostümiert.
Ich stopfe Kleider und Schuhe in den Koffer und schließe den Deckel. Trotz der Versuchung, vorher alles ordentlich zu falten, muss ich mich damit begnügen, das Zeug aus meinem Blickfeld zu entfernen. Dann befördere ich Magazine und Zeitungen vom Stuhl in der Ecke auf den Tisch, damit eine Sitzgelegenheit existiert, wenn Randy zurückkommt.
Mit einer weit ausholenden Armbewegung fege ich eine eklige Sammlung von Apfelkerngehäusen, Erdnussschalen und Müsliriegelpapier von der Tischplatte in den Mülleimer. Die halb leeren Wasserflaschen stelle ich in den Kühlschrank.
Schließlich gebe ich es auf, Rebeccas Handy zu erreichen, und rufe den Empfang des Savoy Street an. Während ich weiterverbunden werde, höre ich wieder das Freizeichen. Nach meiner Aufräumarbeit sieht die Garderobe viel besser aus, und ich gehe ins Bad, um zu sehen, was sich dort machen lässt.
Wie erwartet, sind alle verfügbaren Flächen mit Schönheitsprodukten vollgestellt. Randy ist, genauso wie meine Freundinnen, von Hautpflegemitteln besessen. Bestens informiert, kann er stundenlang über die Vorzüge einzelner Marken diskutieren. Da reihen sich Clarins Beauty Flash Balm und MAC Strobe Cream und YSL Touche Éclat aneinander; die Mineralfoundation von Laura Mercier befleckt das Waschbecken. Darin liegt ein dicker schwarzer Puderpinsel, auf den der Wasserhahn tropft. Ich deponiere ihn auf die Ablage, damit er unter den gleißenden Glühbirnen
rings um den Spiegel trocknet. Irgendwo muss sein offener Behälter liegen. Ich beschließe aufzuräumen und ergreife die Kosmetiktasche, die auf der schmalen Ablage steht. Da springt mir plötzlich etwas ins Auge, das sich dahinter befindet. Es ist kein Puder.
»Rebecca Iveson«, meldet sich eine Stimme am anderen Ende der Leitung.
Erst nach ein paar Sekunden kann ich antworten. »Rebecca, hier ist Lizzy Harrison. Tut mir leid, ich muss Sie gleich noch mal anrufen.« Ich klappe das Handy zu und wende mich wieder zur Ablage.
Dort erstrecken sich die unverkennbaren Spuren zweier dicker Kokslinien, neben einer zusammengerollten Zehnpfundnote und Randys anklagend daliegender Kreditkarte.
Ich beginne die Garderobe abzusuchen. Wo hat er das Zeug versteckt? Irgendwo muss ein Döschen oder etwas Ähnliches sein. Er kann unmöglich ein ganzes Gramm auf einmal geschnupft haben. Kein Wunder, dass er so verschwitzt und nervös war, der kleine Mistkerl. Jetzt kann ich nur noch dafür sorgen, dass er sich heute Abend nicht auch noch den restlichen Vorrat reinzieht und alles vermasselt.
Aber ich finde nichts.
24
»Oh, meine liebe Lizzy, einfach fabelhaft, was Sie mit ihm gemacht haben!« In einer Wolke aus Chanel Egoïste, eine gesteppte violette Männertasche unter dem Arm, steigt Barry die Stufen zum Savoy Street Club herab.
»Eh – wie, bitte?« Um ihn zu begrüßen, küsse ich ihn auf beide Wangen. Von all den Problemen schwirrt mir der Kopf – die Party, die Gästeliste, wie kann ich möglichst schnell zwischen Randy und sein Koks geraten? Deshalb verstehe ich nicht, was Barry meint. Auch weil mich sein Aftershave in einer Art Dunstwolke umhüllt.
»Mit Randy, meine Liebe. Er war einfach wundervoll. Wie wir hören, ist das Ihr Verdienst. Er strotzt ja geradezu vor Gesundheit. Und offensichtlich verdankt er auch die neuen Texte Ihrem Einfluss. Als Assistentin verschwenden Sie Ihre Talente. Nolan und ich haben Ihnen die Rolle einer Künstlermuse zugeteilt. Nicht wahr, Nolan?«
»In der Tat, meine Liebe«, bestätigt Nolan. »Außerdem möchten wir uns bei Ihnen
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