Willkommen im Wahnsinn: Roman (German Edition)
Zeitung. Zielstrebig schlage ich die Seite vier auf.
Ich erwarte Randy Jones’ Kind, verkündet die umwerfende Jazmeen. Das Kind unserer Liebe.
Während mein Bruder und meine Schwägerin atemlos über meine Schulter spähen, erfahre ich, dass Randy in vier Monaten Vater wird. Keine Einzelheit bleibt mir erspart – die Nächte, die sie in einem Londoner Hotel verbrachten, Randys Appetit (fünf Mal pro Nacht), sein Faible für einen Rosenquarzdildo mit Fuchsschwanz ( das war’s also). Ständig habe er ihr erklärt, dass sie nicht so wie all die anderen Mädchen wäre. Als sie ihre Schwangerschaft feststellte, befand er sich gerade in der Entziehungsklinik. Herzlos habe er ihre verzweifelten SMS-Nachrichten ignoriert. Hilfe suchend hätte sie sich sogar an seine neue Freundin gewandt. Auf dem Foto posiert sie in einem Slip und einem sogenannten »Arm-BH«, bei dem die Brustwarzen nur teilweise von einem Unterarm verdeckt werden. So stolz ist sie auf ihren Zustand. Und sie hat sich sogar schon einen Namen für das Kind ausgedacht, das ein Mädchen werden wird – Tiffany Blue.
Auf Seite sieben finde ich eine Zusatzinformation, Daz »Dazzler« Davies exklusives Interview mit mir. Darin versichere ich, trotz der Neuigkeiten, die Jazmeen bekanntgab, sei »alles gut« zwischen Randy und mir. Wie ich mich entsinne, habe ich das tatsächlich gesagt. Und ich »liebe ihn und bleibe an seiner Seite, was immer auch geschehen mag«. Das habe ich nicht gesagt. Eine »verlässliche Quelle«, wahrscheinlich meint Daz sich selbst, wird mit der Aussage zitiert, Lizzy Harrison habe in ihrem Freundeskreis verlauten lassen, kein Kind würde sie von ihrem Mann trennen.
Meine Schultern beginnen zu zittern.
»O Gott, Lizzy, das ist grauenhaft«, murmelt Ben.
Ungeschickt tätschelt Jenny meinen Rücken. »Tut mir so leid, Lizzy.«
»O Gott...« Halt suchend umklammere ich die Tischkante. »Oh, mein Gott.«
»Lachst du?«, fragt Ben. Aber ich kann nicht anders.
Jazmeens Baby, Randys und Jemimas Gesichter voller Kiwisamen, der Gedanke, dass ich auch nur eine Sekunde lang dachte, ich hätte alles unter Kontrolle... Es ist einfach zu lächerlich. Ständig die Angst und der Stress, während ich mich bemühte, Randy zu einem seriösen, von den Medien akzeptierten Verhalten zu veranlassen, Camilla zu helfen, ohne dass sie davon wusste, und die Scheinbeziehung meinen Freunden und meiner Familie verschwieg... Wie konnte ich mir nur jemals einbilden, dass das klappen würde? Und warum nahm Randy das an? Ich lache und lache – bis ich hysterisch schluchze und einen Schluckauf bekomme.
Später will Mum mit mir spazieren gehen. Da sie heute schon einen Spaziergang unternommen hat, halte ich es nur für einen Vorwand. Sicher wird sie versuchen, mich für ihre Aschram-Weisheiten zu begeistern. Okay, das verkrafte ich. Wir folgen dem Sandweg, der aus Bens und Jennys Sackgasse zum Wald hinter ihrem Grundstück führt. Obwohl der August noch nicht ganz vorbei ist, verlieren die Blätter ihr glänzendes Grün. An schweren Zweigen hängen Rosskastanien – bereit, bald herabzufallen. Ringsum schimmern Brombeeren im Gestrüpp. In ein paar Wochen wird der Herbst beginnen.
»Diese Jahreszeit mochte Daddy am liebsten«, sagt Mum.
»Wirklich?« Daran erinnere ich mich nicht. »Obwohl die Schule wieder anfing?« Dass ein Lehrer sich auf das neue Schuljahr gefreut hat, finde ich ungewöhnlich. Waren die Sommerferien nicht angenehmer?
»O ja. Das Gefühl eines neuen Starts, einer sauberen Schiefertafel am Beginn eines Schuljahrs gefiel ihm. Er sagte jedes Mal, das wäre eine Chance, noch mal von vom anzufangen.« Sie hängt sich bei mir ein und schaut zum Baldachin der Blätter hinauf. »Außerdem ist der Herbst so schön.«
»Sehr schön.«
»Hast du ihn geliebt?«, fragt sie unvermittelt.
»Daddy?«, murmle ich erstaunt.
»Nein, natürlich hast du Daddy geliebt, Schatz. Ich meine Randy«
»Nun – ich glaubte, ihn zu lieben. Für eine Weile. Und ich wollte es – weil es so lange her war, seit Joe...«
»Also hast du dir gewünscht, er wäre der Richtige.«
»Ja. Allmählich hatte ich Angst, dass ich zu verschlossen
für eine Beziehung wäre – für die Liebe. Und Lulu sagte...«
»O Schatz, du hast Ratschläge von Lulu angenommen, wenn es um Beziehungen geht?« Lachend schüttelt meine Mutter den Kopf. »Ihr beide seid grundverschieden.«
»Das weiß ich, Mum. Aber sie hat behauptet, ich wäre zu verklemmt und kontrolliert. Ich
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