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Willkommen in der Wirklichkeit

Willkommen in der Wirklichkeit

Titel: Willkommen in der Wirklichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Anton
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größer als Pankopf, und seine Schale war leuchtend schwarz. Milligan erschauderte leicht, und schillernde Regenbogen tanzten über seine Schale. Er war wunderschön, insofern ein unförmiger, schwarzer Riesenkäfer wunderschön sein konnte. »Milligan?« fragte Pankopf zögernd. Das Geschöpf ließ seine Beißzangen klicken. Hinter ihm lächelte Miss Goodbody verächtlich.
    Dorff trat von dem Käfer zurück. Die Präsidentin folgte ihm, nicht so schnell und mit einem Ausdruck scharfen Argwohns auf dem Gesicht.
    »Und Sie?« wandte Pankopf sich an Miss Goodbody. »Wie sehen Sie in Wirklichkeit aus?« Wie durch Magie verwandelte sie sich ebenfalls in ein Insekt.
    »Mein Gott, Pankopf«, rief Dorff. »Was tun Sie da?«
    »Etwas, das ich tun muß. Um meine Selbstachtung zu wahren.« Er musterte Dorff eingehend. Seinen Boss. »Was sind Sie in Wirklichkeit?«
    Dorff erstarrte. Seine Augen schlossen sich, und seine Lippen wurden weiß. Neben ihm verharrte auch Präsidentin McMurtry reglos, ihre Haut vom blauweißen Farbton einer Leiche.
    Höre jetzt nicht auf, dachte Pankopf durch seinen Schrecken und seine Übelkeit. Es ist noch mehr zu tun. Er sah sich in dem behaglich eingerichteten Raum um und schaute durch das Fenster auf den grünen Rasen draußen, die Blumenbeete, die ordentlichen kleinen Häuser. Zum Himmel oben, zu den Wolken, und zur Erde darunter.
    Er wandte sich an sie alle: »Die Maskerade ist vorbei. Zeigt euch!«
     
    »Bravo«, sagte Phil. »Ich hatte schon meine Zweifel, aber Sie haben es dann ja mit wehenden Flaggen geschafft.«
    Langsam hob Pankopf den Blick von der Masse aus blauen und roten Drähten um ihn herum. Er betrachtete die tapezierten Wände, die endlose Reihe der belegten Therapiecouchen. »Wo bin ich?« fragte er. Doch er erinnerte sich schon daran, zumindest an einen Teil.
    Die Couchen gehörten zu dem Fernraumschiff Rasputin. Dessen Astrogator er war. Und Phil – Phil und die Frau neben ihm, seine Zwillingsschwester, waren die beiden Co-Kapitäne.
    Ein riesiger schwarzer Käfer, der ein Schwesternhäubchen trug, trippelte herbei und schob ihm ein Thermometer in den Mund. Er nahm sein Handgelenk zwischen die Greifzangen. »Kein Fieber«, erklärte er. »Sein Puls geht ein wenig beschleunigt.«
    »Das überrascht mich nicht«, sagte Phil. Er und seine Schwester halfen Pankopf auf die Füße. »Wir sind auf New Camden. Erinnerst du dich an die Landung auf diesem Planeten?«
    »Nein – ich … ja. Es gab hier schon intelligentes Leben. Große, schwarze Insekten.« Pankopf schüttelte den Kopf. Er kam sich beduselt vor.
    »Ausgezeichnet. Woran kannst du dich sonst noch erinnern?«
    »Wir wollten … wir wollten New Camden kolonisieren. Die Sonden besagten, wir könnten hier überleben. Aber die … Insekten waren schon hier.«
    »Sie haben eine hochentwickelte Zivilisation«, sagte Phil. »Eine, auf die wir eifersüchtig sein können. Und ihre Stadtnester bedecken alle Kontinente. Es gibt kein unbeanspruchtes Land. Zum Glück haben sie uns einen Platz in ihrer Gesellschaft angeboten. Wir können ihre Nester als Gleichberechtigte teilen, doch wir müssen unter ihnen leben. Erinnerst du dich daran?«
    Pankopf erschauderte. »Ja«, sagte er schließlich. »Ich erinnere mich. Und ich erinnere mich daran, daß ich … es nicht aushalten konnte.«
    »Die meisten von uns konnten es nicht aushalten. Ich zum Beispiel, und du auch. Deshalb mußten wir uns mit Hilfe der Therapiecouchen durch das Trauma arbeiten.«
    Pankopf blickte auf das Gewirr der Drähte um sich herum und erinnerte sich an die Träume. »Du wolltest mich heilen.« Sich durch Trauma-Phantasien zu arbeiten, war ein langer und schwieriger Prozeß, selbst mit Hilfsmitteln wie den Couchen. Von der Couch baumelte noch ein Kopfhörer. »Du wolltest mir helfen, mich zur geistigen Gesundheit zurückzuführen.«
    »Daß du deine Welt akzeptierst«, sage der Co-Kapitän. »Ja. Das habe ich gemacht. Mit ein wenig Hilfe unserer Mitbürger.« Er blickte vielsagend zu den Käfern, die durch die Krankenstation eilten. Andere trugen Kopfhörer und saßen bewegungslos auf den Couchen.
    »Miss Goodbody?« Pankopf argwöhnte, wenn auch mit der Unkenntnis eines Laien, daß sie sich ganz und gar nicht so verhalten hatte, wie man es von einer Therapeutin erwarten konnte.
    »Sie ist eine Patriotin.« Phil schaute verlegen drein. »Nicht alle heißen uns auf New Camden willkommen. Es gibt eine kleine, militante Gruppe, die nicht will, daß ihre rassische

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