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Willkommen in der Wirklichkeit

Willkommen in der Wirklichkeit

Titel: Willkommen in der Wirklichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Anton
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eigenes Gesicht starrte.
    »Komm schon, Dorff, steh auf!« sagte Dorff und riß ihn grob auf die Füße. »Wir haben keine Zeit zum Däumchendrehen.«
    Dorff sah sich blinzelnd um. Er war in einem riesigen Raum, in dem sich Reihen um Reihen von kryogenischen Klon-Tanks befanden. Gut die Hälfte davon war bereits geöffnet. Nicht weit entfernt unterhielt sich leise eine Menschentraube aus etwa zwanzig Dorffs. Da und dort schritt er allein und in Gedanken versunken durch den Raum.
    »Was geht hier vor sich?« fragte er.
    »O Gott, ich glaube, ich kann es nicht mehr ertragen, die ganze Sache noch einmal zu erklären.« Dorff zog ein angeekeltes Gesicht und drückte ihm dann ein Kleiderbündel in die Hände. »Zieh dich an! Wir müssen uns an die Arbeit machen. Phil hat mir einen Hinweis gegeben, was passieren wird …«
    »Phil? Du meinst Phil Kavanaugh? Aber er ist tot.«
    »Den meine ich«, sagte Dorff. »Zieh dich an, ja. Wir haben Ärger. Wirklich schlimmen Ärger. Pankopf ist drauf und dran durchzudrehen.«
     
    Die Welt fiel auseinander. Wahrscheinlich war das nichts neues, aber Pankopf mußte es nun endlich akzeptieren. Also war er zwar ein wenig verblüfft, aber nicht wirklich überrascht, als sich das Taxi, das er nahm, direkt in die Luft erhob, vorwärts schoß und nach Westen raste.
    »Wohin, Chef?« Der Taxifahrer warf einen verchromten Arm über die Lehne des Vordersitzes, drehte sich um und musterte ihn. Noch ein Roboter.
    Es war zu viel. Pankopf war es inzwischen gleichgültig. »Mount Pleasant Avenue«, sagte er, und der Roboter gab Gas und drehte in Richtung Vororte ab. Sie flogen schweigend über das flache und neblig-blaue Land dahin, und Pankopf versuchte, seine Gedanken zu ordnen.
    Schließlich fragte er: »Welche Bedeutung hat für Sie die Phrase: ›Trügerisch ist der Dinge Schein‹?«
    »Das ist aus Gilbert und Sullivans H.M.S. Pinafore, Sir«, sagte der Roboter höflich. »Die nächste Zeile lautet: ›Und Magermilch kann schon mal Sahne sein.‹«
    »Mein Problem ist, daß ich nicht weiß, wem ich vertrauen kann«, sagte Pankopf. »Ich meine, jeder behauptet, mein Freund zu sein, aber ich kann nur der äußeren Erscheinung nach urteilen. Ich hatte gehofft, daß diese Redewendung mir einen Hinweis geben würde. Offensichtlich habe ich mich geirrt.«
    »Ganz im Gegenteil, Sir. Der Unterschied zwischen Magermilch und Sahne ist nicht groß, eher eine Frage der Konzentration als der Substanz. Ich würde sagen, daß auf die gleiche Art und Weise der Unterschied zwischen Wahrnehmung und Realität höchstwahrscheinlich sehr gering ist. Man darf nicht der äußeren Erscheinung vertrauen, doch wenn keine zuverlässigen Informationen für das Gegenteil sprechen, muß man so tun, als wäre die oberflächliche Erscheinung zuverlässig.«
    »Vielleicht hast du recht«, sagte Pankopf nachdenklich.
    Der Taxifahrer setzte ihn vor seinem Haus ab und flog davon. Mrs. McMurtrys fröhliches Winken ignorierend, eilte Pankopf die Auffahrt hinauf. Er trat schnell ein, drehte sich um und schloß die Tür hinter sich ab. Zum ersten Mal seit Äonen fühlte er sich sicher.
    »Hab ich Sie!« sagte Miss Goodbody zufrieden.
     
    »Ich komme mir dumm vor«, sagte Dorff.
    »Maul halten!« schnauzte der befehlshabende Dorff. »Schließen Sie die Reihe!« Sie marschierten im Gleichschritt die Mount Pleasant Avenue entlang, Hunderte von Dorffs, alle in identische Fallschirmspringermonturen gekleidet. Der graue Nebel teilte sich vor ihnen und schloß sich wieder hinter ihnen. Im Nebel bewegten sich große, schattenhafte Gestalten. Das zirpende Geräusch eines Insekts erklang. Dorff war nicht der einzige, der erschauderte.
    Doch selbst wenn man so schrecklichen Feinden wie diesen gegenübersteht, ist solch eine Reglementierung falsch, dachte Dorff. Man sollte einen nicht zwingen, konform, einfach wie ein jeder andere in der Menge zu sein. Nicht, wenn man gleichzeitig wirklich ein jeder andere in der Menge war.
    Doch noch während Dorff in ordentlichen Reihen vorrückte, geriet der niedrig gemähte Rasen vor ihnen in Bewegung. Schwarze Löcher erschienen in dem Grün; zuerst waren sie klein, doch sie wurden schnell größer.
    »Alles kampfbereit!« Lieutenant Dorff teilte sie in Gruppen ein.
    Womit sollen wir kämpfen? fragte sich Dorff plötzlich. Keiner von ihnen hatte Waffen erhalten.
    Geschöpfe kamen aus dem Boden hervorgekrochen.
     
    »Kumquat«, sagte Milligan. Die Frucht lag auf seiner Handfläche, und er runzelte die

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