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Willkommen in der Wirklichkeit

Willkommen in der Wirklichkeit

Titel: Willkommen in der Wirklichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Anton
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an die amerikanische Westküste reisen lassen, ohne ihn durch eine Armee von DND-Agenten zu beschützen …
    »Notruf an die Polizei«, befahl Valentin.
    »Tut mir leid, Mr. Valentin«, sagte der Autopilot hörbar zerknirscht, »aber der Kontrollstrahl stört sämtliche Funkfrequenzen. Wir sind von der Außenwelt abgeschnitten.«
    Valentin lehnte sich resigniert in das Sitzpolster zurück. Nun, er hätte es sich denken können. Und es spielte auch keine große Rolle. Was konnte die schlecht ausgerüstete, personell unterbesetzte Polizei von Los Angeles auch gegen die Spezialtruppen des DND ausrichten? Gegen diese unheilige Mischung aus Gestapo-Perfektion, High-Tech-Ausrüstung und quasi-religiösem Sendungsbewußtsein … Deutschland über alles, aber nur zum Besten der Welt. Wobei die Welt sich für Berlin auf das eigene Staatsgebiet und Israel reduzierte.
    »Also Kurs auf das nördliche Nighty- Gebiet«, murmelte er.
    »Verstanden, Mr. Valentin.« Die Turbojets des Schwebewagens brüllten auf; mit Höchstgeschwindigkeit schoß der Wagen nach Norden, wo sich im goldenen Herbstlicht die gezackte, zernarbte Skyline halbverfallener Wolkenkratzer abzeichnete.
    Valentin hatte Angst; er wußte, daß die Deutschen ihn für die Durchführung ihres die Vergangenheit verändernden Plans brauchten, aber er hatte trotzdem Angst. Weil er die deutsche Mentalität nicht verstand. Oder besser: weil die deutsche Mentalität seiner eigenen Weltsicht diametral entgegengesetzt war. Ihr Idealismus, gepaart mit einem völligen Mangel an Selbstzweifeln. Was sie auch taten, ob im Guten oder im Bösen, sie taten es hundertfünfzigprozentig. Ob sie nun unter den Nationalsozialisten die halbe Welt mit Krieg überzogen und die europäischen Juden ausrotteten; ob sie nun, staatlich und ideologisch geteilt wie in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, sich als die beflissensten Erfüllungsgehilfen ihrer jeweiligen Siegermächte betätigten; oder ob sie, wie in der Gegenwart, als lautstärkste Verteidiger der europäischen Souveränität und militante Schutzmacht Israels auftraten … es war das gleiche Prinzip.
    Kein Mittelweg, dachte Valentin. Ganz oder gar nicht. Alles oder nichts. Das ist das wahre Geheimnis des Deutschtums. Die Ziele sind unwichtig; Ideologien austauschbar; Prinzipien der Mode unterworfen. Was zählt, ist die Tat. Der Weg.
    Und dieser Plan, die sechs Millionen jüdischen Opfer des Holocaust durch einen Eingriff in die Vergangenheit zu retten, war in seiner Größe und seinem Größenwahn Deutschtum in höchster Vollendung. Fasziniert von der Tat an sich, ignorierten sie die möglichen Folgen.
    Sie sehen durch geschwärztes Glas, dachte Valentin, wie Paulus in der Bibel sagt. Wenn irgendein Volk vom Fluch der Erbsünde getroffen wurde, dann dieses.
    »Eva war eine Deutsche«, sagte er laut. »Nur eine Deutsche konnte so verrückt – so faustisch – sein, den Apfel vom Baum der Erkenntnis zu pflücken und die Vertreibung aus dem Paradies zu riskieren.«
    Der Schwebewagen wurde langsamer und verlor an Höhe. Die Ruinen der Wolkenkratzer waren nur noch wenige hundert Meter entfernt. Geschwärzte und bemooste Stümpfe aus Glas und Stahlbeton. Die Denkmäler der verlorenen amerikanischen Größe. Der amerikanischen Unschuld, verbesserte sich Valentin.
    Der Wagen sank tiefer und setzte auf einer rissigen Betonplattform auf, die wie eine graue Zunge aus der Toröffnung einer Dachgarage ragte. Jaulend erstarb der Maschinenlärm. Valentin sah nach draußen. Im düsteren Gewölbe der Garage huschten Schatten hin und her, wie große nervöse Ratten. Dann traten zwei zerlumpte, mit Neutronenstrahlgewehren bewaffnete Männer aus dem Dunkel hervor und winkten ihm herrisch zu.
    »Ich werde auf Sie warten, Mr. Valentin«, versprach der Autopilot. »Ganz gleich, was passiert. Sie können sich auf mich verlassen.«
    »Danke«, murmelte Valentin. Immerhin, dachte er, während er ausstieg. Zumindest das KI-System dieses Wagens hält zu mir. Er ging auf die beiden Nighties zu, aber als er sie erreichte, erkannte er, daß ihre Lumpen, ihre ungepflegten Haare und ihre verfilzten Bärte zu perfekt waren, um echt zu sein. Auf Verwahrlosigkeit getrimmt. Deutsche? Nein. Der dunkle Teint, die kohlenschwarzen Augen … Araber, durchfuhr es Valentin. Agenten der Islamischen Republik Palästina. Wie Lu Lohannon.
    Und die Angst umklammerte ihn wie ein Kraken.
    »Kommen Sie!« befahl einer der Männer mit kehligem arabischen Akzent.
    Sie nahmen ihn in

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