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Willkommen in der Wirklichkeit

Willkommen in der Wirklichkeit

Titel: Willkommen in der Wirklichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Anton
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Entschieden. Von der Richtigkeit seines Entschlusses überzeugt. »Ich helfe Ihnen«, wiederholte er, »aber nicht, weil Sie mir drohen oder weil ich Sympathien für Sie und Ihre Sache empfinde. Auch nicht, weil Sie recht haben, was Christina betrifft, weil Christina mich so oder so verlassen wird, sobald ihr Auftrag beendet ist. Ich helfe Ihnen wegen Lu Lohannon.«
    Mohammed wirkte irritiert. »Wegen Lohannon?«
    »Die Retrozeit … Was ihm zugestoßen ist, droht vielleicht uns allen, wenn das Zeitexperiment durchgeführt wird. Die Rückkehr in die Vergangenheit, der Weg zurück ins Gewesene, bereits Erlebte, in die Falle der unabänderlichen Wiederholung … Verdammnis. Die Retrozeit ist eine Form der Verdammnis, wissen Sie, die schlimmste Form der Verdammnis, die denkbar ist. Den Menschen die Zukunft zu rauben … Die Menschen zur Wiederholung der Vergangenheit zu verdammen …« Er schauderte. »Es ist die Hölle. Niemand darf zulassen, daß die Erde zur Hölle wird. Deshalb helfe ich Ihnen. Nur deshalb.«
    Und Valentin glaubte es wirklich. Ganz gleich, was Christina ihm bedeutete – daß sie ihm alles bedeutete, buchstäblich alles – er würde nicht, er konnte nicht zulassen, daß Lu Lohannons Schicksal ihr aller Schicksal wurde. So groß die Versuchung auch war, und es war eine Versuchung im biblischen Sinn, er würde ihr nicht erliegen, weil die Strafe zu furchtbar war. Er war überzeugt davon. Tatsächlich.
    »Wir sind uns also einig«, sagte der Palästinenser. »Aber Sie werden verstehen, daß wir uns absichern müssen.« Er lächelte ohne eine Spur von Freundlichkeit und winkte einem seiner Leute zu, die die ganze Zeit reglos gewartet hatten, die Gesichter fahl und tot im grünen Licht der wilden Glühschwämme. Einer trat vor, in der Hand eine Injektionspistole. Mohammed lächelte noch immer. »Eine Vorsichtsmaßnahme«, erklärte er. »Oder besser: eine Ermahnung, sich an unsere Abmachung zu halten.« Er nickte dem Palästinenser zu. Die Injektionspistole wurde gegen Valentins Nacken gepreßt. Ein Zischen, ein kurzer Druck, Kälte. Der Mann mit der Injektionspistole trat zurück. Mohammed kaute an seiner türkischen Zigarette. »Wir haben Ihnen einen Mikrobot injiziert, Mr. Valentin«, sagte er sachlich. »Kleiner als ein Stecknadelkopf, aber ausgerüstet mit eigener Energieversorgung, Motoren, Sensoren und Greifern. Der Mikrobot wird durch Ihren Blutkreislauf bis zum Herzen wandern, sich dort festsetzen und so lange inaktiv bleiben, wie Sie sich an unsere Abmachung halten. Aber wenn Sie uns hintergehen, Mr. Valentin, wenn Sie uns betrügen und doch mit Karl von Hutten zusammenarbeiten, wird der Mikrobot Ihr Herz zerstören. Wir verstehen uns?«
    »Wir verstehen uns«, sagte Valentin. Er hatte etwas ähnliches erwartet. Mohammed wäre ein Narr gewesen, hätte er allein auf sein Wort vertraut.
    Der Palästinenser stand auf und reichte Valentin die Hand. »Gehen Sie jetzt. Tun Sie, als wäre nichts geschehen. Und überlassen Sie alles andere uns. Keine Sorge, wir holen Sie rechtzeitig raus.«
    »Sicher.« Valentin nickte. Er wandte sich ab und verließ, von zwei Palästinensern begleitet, den kahlen Raum und kehrte zur Betonplattform zurück, wo sein Mercedes-Schwebewagen auf ihn wartete. Er stieg ein. Der Wagen ließ den Motor an.
    »Ich bin froh, Sie wiederzusehen, Mr. Valentin«, sagte der Autopilot. »Wer waren diese Männer? Was wollten sie von Ihnen?«
    »Nichts«, erwiderte Valentin. Er sah brütend aus dem Fenster, hinauf zum golden getönten Herbsthimmel. Im Süden, dort, wo hinter den geborstenen Hochhäusern von Los Angeles das Institut für Reinkarnautik lag, tauchte ein Schwarm dunkler Punkte auf. »Diese Männer«, sagte Valentin leise, mehr zu sich selbst, »haben mir die Augen über meine Frau geöffnet. Und über Benjamin Bernstein.« Christina eine DND-Agentin, dachte er, und Bernstein ein Mossad-Mann. Mohammed hatte recht; sie benutzen mich, mißbrauchen mich. Und sie werden mich fallenlassen, sobald sie ihr Ziel erreicht haben.
    Der Motorenlärm schwoll an, und der Schwebewagen stieg langsam in die Höhe. Die dunklen Punkte am Himmel wurden größer.
    »Diese Männer«, sagte der Autopilot nach einem Moment des Schweigens, »waren keine Nighties. Während Sie fort waren, Mr. Valentin, sind drei dieser Männer zu mir gekommen, um mich anzuschauen. Es hat mich nicht gestört; ich bin daran gewöhnt. Es gibt nicht viele Mercedes-Schwebewagen in den Staaten. Aber … sie haben sich in

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