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Willkommen in der Wirklichkeit

Willkommen in der Wirklichkeit

Titel: Willkommen in der Wirklichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Anton
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schönen Pflanzen gibt. Wie wäre es damit, wäre das nicht schöner, als hier mit diesem Buch zu sitzen?«
    Du willst nur dahinfahren, um dich aufreißen zu lassen, schalt Deborah ihr Haar.
    »Ich gehe gern einkaufen«, beharrte ihr Haar in einem ganz vernünftigen Tonfall. »Du gehst gern einkaufen. Einkaufen macht Spaß. Es macht mehr Spaß, als hier herumzusitzen und ein Buch zu lesen. Wenn du nicht einkaufen gehen willst, könntest du dir ja die Haare waschen.«
    »Oh, zum Teufel!« sagte Deborah laut. Sie legte das Buch nieder – einen Bestseller, eine Saga um drei Generationen einer schrecklich reichen Familie in der Kosmetikbranche – und nahm ihre Handtasche. »Wir gehen einkaufen.«
    Ihr Haar schwang vor dem Spiegel keck zurück, um sein Vergnügen auszudrücken, und dann fuhren sie gemeinsam zur Roseville-Promenade.
    »Wir brauchen wieder etwas, Deborah«, sagte ihr Haar, als sie geistesabwesend neben einem Ständer mit Vita-Gel neben der Kasse stand. Sonderangebot, verkündete das Schild über den aufgestapelten Packungen. Zwei Tuben für den Preis von einer. Deborah nahm zwei Packungen von dem Verkaufsständer und legte sie in den Einkaufskorb. Ihr Haar seufzte zufrieden und begann die Musik des Fernsehspots zu summen. Die Drogerie schien zu leuchten, als hätte sich die Lebenskraft des Vita-Gels einen Augenblick lang durch den gesamten, helligkeitserfüllten Raum ausgebreitet und jeder Packung, jedem Plakat Leben verliehen. Selbst die eingewachsten Linoleumfliesen unter ihren Füßen strahlten mit einer Bedeutung, die eher einer Kirche denn einer Rexall-Drogerie entsprochen hätte.
    Ich werde verrückt, dachte Deborah. Es lag keine Beunruhigung in diesem Gedanken, kein Gefühl einer Bedrohung. Wenn überhaupt, empfand sie bei dem Gedanken, verrückt zu sein, das Gefühl, hübsch zu sein, und zwar mit einer Gewißheit und Befriedigung, die sie nicht mehr empfunden hatte, seit sie ein Teenager war, als es ihr höchstes Ziel gewesen war, hübsch zu sein; das war damals ebenso wichtig gewesen, wie beliebt zu sein.
    »Du bist hübsch, Debbie«, versicherte ihr ihr Haar. »Du strahlst geradezu und bist lebhaft. Drall. Weich. Und du würdest auch beliebt sein, wenn du nur unter Leute gehen würdest. Warum gehen wir also nicht wieder in diese nette Bar, in der du am Mittwoch warst – wie hieß sie doch gleich? Sie liegt direkt um die Ecke. Ein Drink, ein einziger Drink kann doch keinen Schaden anrichten …«
    Wir gehen in die Bar, wenn du still bist!
    Ihr Haar sagte nichts mehr.
    »Die nächste«, sagte das Mädchen an der Kasse.
    Nachdem das Mädchen alle Gegenstände eingetippt hatte, blinzelte es Deborah zu. »Heute abend scheint ja ein Vita-Gel-Abend zu werden.«
    »Was ist denn das?«
    »Mir fiel nur auf, daß Sie Vita-Gel gekauft haben. Ich bin selbst ein Vita-Gel-Mädchen.« Sie berührte vorsichtig ihr welliges, blondes Haar. »Vita-Gel ist wirklich nicht wie andere Haarpflege-Produkte, nicht wahr?«
    »Nein«, stimmte Deborah zu. »Das ist es nicht.«
    Es folgte ein unbeholfenes Schweigen. Einen Augenblick lang befürchtete Deborah, das Mädchen würde den Arm ausstrecken und ihr Haar berühren. Bevor es dazu kommen konnte, eilte sie durch die Tür hinaus, die sich automatisch vor ihr öffnete.
    Der Parkplatz breitete sich in der frühen Dunkelheit vor ihr aus wie ein gewaltiger, mit schwarzem Samt verhangener und ausgeschlagener Autoausstellungsraum.
    »Ich fühle mich so lebendig!« platzte ihr Haar mit unbezähmbarer Freude heraus. »Lebendig und üppig, kraftvoll und lebenssprühend!«
    Ein Schaudern verlief durch Deborahs Körper, als sei ihr gesamter Körper zu Haar geworden, das zurückgeworfen und von dem Wind bewegt wurde.
    »Fühlst du es auch, Deborah?« flüsterte ihr Haar. »Oh, ich habe es schon vorher gefühlt. Irgend etwas sagte mir, daß der heutige Abend ein ganz, ganz besonderer wird.«
    Es schien jedoch überhaupt nichts besonderes an den Mittwoch-Abend-Gästen des New Oaken Buckets zu sein. An den Tischen saßen einige Pärchen, und an der Bar verteilten sich in gleichmäßigen Abständen vier Männer. Gedämpfte Lichtstrahlen besprenkelten die leere Tanzfläche neben einem weißen Stutzflügel, der zu einem riesigen Behälter für ein paar gedeihende Spargelfarne umfunktioniert worden war.
    Die Kellnerin brachte Deborah ihren zweiten Erdbeer-Daiquiri und ein kleines Schälchen mit Pepperidge Farm-Goldfischli.
    »Schau jetzt nicht hin«, sagte Deborahs Haar, »aber ich glaube,

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