Willkommen in der Wirklichkeit
süß.«
»Was ist der zweite Grund?«
»Der zweite Grund ist viel interessanter. Das Fisch-Symbol, das sie benutzten, war simpel, einfach zwei sich schneidende Kreise, etwa so …« Er holte einen Filzstift aus seiner Jackentasche, zog den Plastikverschluß ab und zeichnete eine grobe Fischskizze auf das weiße Formica.
»Das ist nun die gleiche Form, die die Franzosen eine mystische Mandel nennen, was ein Symbol für die Erfahrungen einiger weniger Menschen ist, bei denen sich sozusagen der Himmel öffnete und die vom Licht des Ruhms erhellt wurden.« Er hielt einen Augenblick lang inne, lächelte eher verschämt und fragte: »Was für ein Parfum haben Sie aufgelegt? Es riecht etwas nach Mandeln, nicht wahr?«
Deborah wußte überhaupt nicht mehr, was sie sagen sollte. Sie hatte überhaupt kein Parfum aufgelegt, und sie begriff nicht, worauf der Mann hinauswollte. War er irgendein religiöser Fanatiker, oder wollte er ihr zu nahe treten?
»Du trägst ein Parfum«, erinnerte ihr Haar sie. »In der Drogerie, erinnerst du dich nicht, die Frau in der Parfumabteilung hat etwas Aviance auf dein Handgelenk gesprüht.«
Es stimmte. Deborah kam sich verloren vor. Jeder Widerstand schien zwecklos. Es würde ein Aviance-Abend werden. Mit einer entschlossenen Geste schob sie von beiden Seiten der Stirn ihr Haar zurück. »Es ist Aviance«, entgegnete sie, »und ich würde nicht sagen, daß es nach Mandeln riecht. Jetzt hören wir auf damit, auf den Busch zu klopfen. Möchten Sie in meine Wohnung mitkommen, oder sollen wir in Ihre gehen?«
»Meine Wohnung ist nicht aufgeräumt«, sagte er.
»Dann gehen wir zu mir. Einverstanden?«
»Toll«, sagte er und stand auf. Er schritt um den Tisch herum, um ihren Stuhl zurückzuziehen, und nutzte die Gelegenheit, sich dicht über ihr Haar zu beugen und den Geruch einzuatmen.
»Sie werden mir vielleicht nicht glauben«, sagte er, »aber das ist das erste Mal in meinem Leben, daß mir so etwas passiert ist. Das erste Mal.«
»Ich glaube es Ihnen nicht«, sagte sie.
»Wie wäre es mit dem zweiten Mal? Würden Sie mir das glauben?«
Deborah lachte, und ihr Haar lachte auch.
»Im Ernst«, sagte er, »Liebe auf den ersten Blick ist eine ziemlich seltene Erfahrung.«
Während der Fahrt zu ihrem Apartment sprach Phil zuerst eine Weile über Mystizismus (»Wissen Sie, es ist mehr ein Hobby, als daß ich daran glauben würde.«), wechselte dann das Thema und erzählte von seinem Job als Geschäftsführer eines Schallplattenladens (»Stellen Sie sich vor: Linda Ronstadt in Dolby-Stereo, drei Tage hintereinander ununterbrochen zwölf Stunden am Tag; da ist irgend etwas Seltsames mit meinem Kopf passiert.«) und sprach dann über ihr Haar (»Ich komme nicht darüber hinweg; Sie haben so unglaublich schönes Haar. Ich meine, es ist nicht so, als würde man jemanden sehen und sagen: ›He, schönes Haar!‹ Das geht viel weiter. Ich kann es nicht erklären.«). Er berührte immer wieder überaus sanft ihr Haar – nicht, wie man eine Katze oder einen Hund streicheln würde, nicht einmal eine nervöse Katze oder einen nervösen Hund, sondern so, wie man die Flügel eines Schmetterlings berühren würde, der sich auf einem Blatt niedergelassen hat. Er schien intuitiv zu erkennen, daß ihr Haar ein bewußt denkendes Wesen war, daß es ihm zuhörte – und in ihn vernarrt war.
»Debbie«, sagte ihr Haar, während Phil ausschweifend über Linda Ronstadts künstlerische Vollendung sprach, »fühlst du nicht auch diesen Schauer, wenn er dich berührt? Ich habe so etwas noch nie empfunden; es ist eine einzigartige Erfahrung.«
Deborah hielt die Augen auf die Straße gerichtet.
Sie vögelten zweimal: zuerst auf dem lohfarbenen, weichen Ledersofa; zum zweiten Mal im Bett und viel langsamer. Beide Male schienen sich Phils Liebesbemühungen auf eine Art und Weise, die Deborah zuvor noch nie kennengelernt hatte, auf ihr Haar zu konzentrieren. Er öffnete seine Finger zu einer Art grobem Kamm, ergriff ihr Haar und spielte damit. Dies bereitete Deborah die seltsamsten Empfindungen – nicht in der Kopfhaut, sondern im Haar selbst. Und die ganze Zeit über, während seine Hände die geschmeidige, feuchte Masse ihres Haars kneteten, keuchte und rief das Haar seinen Namen und seufzte, wie man es auch bei den Softcore-Pornofilmen im Kabelfernsehen hören konnte: »Oh Phil Schatz ja oh mein Phil mein Liebster ja genau oh ja komm ja komm noch einmal komm ahh!«
»Wau«, sagte Phil, als er nach
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