Willkommen in der Wirklichkeit
verfaßt hatte – und ich erkannte, vielleicht instinktiv, vielleicht irgendwie vom Geist meines toten Freundes geleitet, daß ich, um Phil als Schriftsteller am Leben zu halten, sein Werk zu bewahren und zu gewährleisten, daß es die Öffentlichkeit erreichte, jene Leute zusammenbringen mußte, die Phil mochten, die er angesprochen hat, die ihn gelesen hatten, in denen er noch lebte … seine Leser. Und so gründete ich mit der Unterstützung seiner Erben – seiner Kinder – die Philip K. Dick Society, deren augenfällige Existenz aus einem Newsletter besteht, der an Philip K. Dicks Leser auf der ganzen Welt verschickt wird.
Und mit der Hilfe und Unterstützung dieser Leser lebt Philip K. Dick weiter. In den acht Jahren seit seinem Tod sind allein in den USA und England vierzehn neue (zuvor unveröffentlichte) Bücher von Philip K. Dick erschienen, neun Romane, ein Drehbuch, ein Kinderbuch und drei Storysammlungen, darunter eine herausragende fünfbändige, fast zweitausend Seiten umfassende Zusammenstellung seines vollständigen Kurzgeschichtenwerks. Er war niemals ein Bestseller-Autor und ist es heute auch noch nicht; doch das Interesse an seinem Werk ist unter seinen Anhängern (darunter ein hoher Prozentsatz an anderen Autoren, Musikern, Bühnenautoren, Cartoonisten und anderen Künstlern) ungebrochen hoch, in den USA und noch mehr in Europa und auf der ganzen Welt. Für seine Leser ist am wichtigsten, daß er weiterhin spricht, kommuniziert, Geschichten erzählt – unser Leben mit seiner einzigartigen Gegenwart bereichert.
Doch Philip K. Dicks ›Leben nach dem Leben‹ beschränkt sich nicht allein auf sein Werk. Es ist etwas Außergewöhnliches geschehen …
Im April des Jahres 1974 rief der amerikanische SF-Autor Philip Jose Farmer Philip K. Dick an und bat ihn, eine Geschichte zu seiner Anthologie von Originalstories fiktiver Autoren beizusteuern. Dick gefiel der Einfall, und er willigte ein, eine Geschichte von Hawthorne Abendsen zu liefern, einem Charakter in Dicks DAS ORAKEL VOM BERGE und dem fiktiven Autor von ›Schwer liegt die Heuschrecke‹.
Die Story hatte einen Arbeitstitel, ›A Man for No Countries‹, und Dick hielt fest, daß sie sich mit »›unserer‹ Welt (nicht ganz) und dem, was mir am 17.11.1971 zustieß« (dem Datum eines geheimnisvollen Einbruchs in Dicks Haus in San Rafael in Kalifornien) befaßt, doch sie wurde niemals geschrieben oder eher in einem Roman eingearbeitet, RADIO FREIES ALBEMUTH (1976 geschrieben, 1985 erstmals veröffentlicht). RADIO FREIES ALBEMUTH, ursprünglich VALISYSTEM A betitelt, war der erste Roman von Philip K. Dick, in dem Philip K. Dick unter seinem eigenen Namen als fiktiver Charakter auftrat. Der zweite war VALIS (1978 geschrieben, 1981 erstmals veröffentlicht), der dritte THE SECRET ASCENSION (PHILIP K. DICK IS DEAD, ALAS), nach Dicks Tod von Michael Bishop verfaßt und 1987 in den USA erschienen. [1]
Abgesehen von diesen Romanen gibt es eine ganze Reihe von Kurzgeschichten verschiedener Autoren, in denen Philip K. Dick als Protagonist erscheint. Sie erscheinen zum ersten Mal in dem Buch gesammelt, das Sie in den Händen halten. In der Einführung der 1985 bei einem Kleinverlag erschienenen Ausgabe von Richard Lupoffs Story »Die digitale Armbanduhr des Philip K. Dick« schrieb Philip Jose Farmer, daß »Lupoff vielleicht ein neues Genre geschaffen hat, das sich Philip K. Dicks Leben nach dem Tode oder in anderen Wirklichkeiten widmet. Die Zukunft wird uns vielleicht eine Vielzahl von Geschichten bringen, in denen Dick der Protagonist ist, ein Genre, das – nach Philip K. Dick und Dick Lupoff – vielleicht ›Dicks‹ genannt werden wird. Philip K. Dick hätte dies wohl gefallen – oder gefällt es. Er amüsiert sich vielleicht köstlich, weil er dieses Genre persönlich begründete, indem er unterschwellige und symbolische Aufforderungen in seine Stories einbaute, die die Neuronen in den Gehirnen seiner Leser anregten. In einigen dieser Gehirne sind diese Stimuli erhalten geblieben, und das Ergebnis ist diese Geschichte – und vielleicht noch einige, die noch folgen werden.«
Sind Sie nicht auch der Ansicht, daß es ein seltsames Schicksal ist, wenn ein Mensch aus Fleisch und Blut zu einem Charakter in Kurzgeschichten wird? In Dicks Fall ist es, wie WILLKOMMEN IN DER WIRKLICHKEIT belegt, ein Charakter geworden, der der Allgemeinheit gehört, nicht nur in der Phantasie eines einziges Schriftstellers lebt, sondern von
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