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Willkür

Willkür

Titel: Willkür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Disher
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ihn zur Eingangstür, schaute zu, wie er abschloss, und nahm ihm dann die Schlüssel aus den zitternden Fingern. »Leider müssen wir Sie jetzt fesseln, Bill.« Sie fesselten ihn mit den Handgelenken und Knöcheln an seinen Stuhl, klebten ihm den Mund mit Paketband zu und rollten ihn in den Geräteraum, wo er den Reinigungsmitteln Gesellschaft leisten konnte. »Ich lass das Licht an«, sagte Wyatt, bevor er abschloss. »In spätestens einer halben Stunde sind wir wieder zurück. Versprochen.«
    Wyatt beabsichtigte keineswegs, wiederzukommen. Nur brauchte der Portier das nicht zu wissen. Er sollte sich nur so lange wie möglich ruhig verhalten, mehr nicht.
    Drei Minuten später betraten sie die leer stehenden Büroräume im sechsten Stock. Es roch unbewohnt, doch Wyatt fühlte die Energie und die Spannung im Stockwerk darunter, hatte den Zigarettenrauch in der Nase, den Geruch von Whisky und Schweiß, meinte, die gemurmelten Spieleinsätze und das Klacken der Jetons zu hören. Doch er wischte die Vorstellung beiseite. Er hatte keine Zeit, sich dem hinzugeben.
    Jardine öffnete die Balkontür und Wyatt trug die Sporttasche nach draußen. Er beugte sich über das Geländer und sah, dass die Vorhänge im fünften Stock geschlossen waren und dass dahinter Licht brannte. Als Nächstes holte er eine Strickleiter aus Nylon aus der Tasche, befestigte ein Ende am Balkongeländer und ließ den Rest in die Dunkelheit hinabfallen. Er stieg als Erster hinunter, Jardine folgte ihm. Auf dem Balkon im fünften Stock angekommen, zogen sie ihre .38er, schoben die Balkontür zur Seite und traten ein.
    Es war nur ein Spiel im Gange. Sechs Leute — zwei Chinesen, zwei Männer europäischen Zuschnitts und zwei Filipinos — saßen um einen Tisch, vier von ihnen rauchten. Eine Lampe, wie sie für gewöhnlich über Pooltischen hängt, warf ein hartes Licht auf den Spieltisch. Der Rest des Raumes war nur schwach beleuchtet. Am Ende der Etage führten zwei geschlossene Türen in weitere Räume. Dort befand sich auch die Bar mit einem Regal voller Flaschen dahinter.
    Alles entsprach genau der Vorstellung, die Wyatt sich auf Grund der Beschreibung Jardines gemacht hatte. Viel interessanter hingegen war die Antwort auf die Frage nach der Position der Vasallen des Syndikats. Einer stand hinter der Bar, ein weiterer an der Eingangstür und zwei lehnten lässig an der Wand. Man hätte meinen können, sie schliefen. Spätestens wenn die kühle Luft von draußen die verrauchte von drinnen aufgemischt hatte, würden sie munter werden.
    Doch Wyatt beraubte sie jeder Chance, sanft zu erwachen. Er rannte zum Spieltisch, riss einen Chinesen vom Stuhl hoch und hielt ihm die .38er an den Hals. »Lasst eure Waffen fallen!«
    Ein Ruck ging durch die Vasallen, instinktiv griffen sie unter ihre Jacketts, um sich sofort eines Besseren zu besinnen. Schließlich garantierte der Mann aus Hongkong dem Syndikat Einnahmen von einer runden Million Dollar im Jahr. Sie ließen die Waffen fallen. Unterdessen scheuchte Jardine ein halbes Dutzend halb nackter Mädchen aus den Nebenzimmern, alle blutjung.
    »Wir wollen niemanden verletzen. In fünf Minuten sind wir verschwunden«, sagte Wyatt klar und deutlich. Sein Ansatz, wenn Waffen im Spiel waren: knappe Anweisungen, behutsames Vorgehen und niemals die Partner beim Namen nennen. In einer Situation wie dieser benutzte er ausschließlich Pistolen oder Revolver, niemals Schrotflinten. Schrotflinten waren sperrig, laut, richteten größeren Schaden an, vor allem aber lösten sie Panik aus. Ferner vermied er es, mit der Waffe zu wedeln. Stattdessen wählte er ein Ziel und hielt die Waffe darauf gerichtet. Eine klare Ansage, wer zuerst würde dran glauben müssen, sollte jemand aus der Reihe tanzen.
    Für den Augenblick war alles Wesentliche gesagt. Jardine schaufelte die Jetons in eine Tüte, trat vom Tisch zurück und trieb die Vasallen und die frierenden Teenager hinaus auf den Balkon. Mit dem Schließen der Balkontür hatte er seinen Teil der Aufgabe erledigt. Wyatt musterte die Spieler. Vier von ihnen waren eitel, korrupt und sadistisch, also rechneten sie damit, dass ihr erbärmliches Dasein sich seinem Ende zuneige. Die restlichen zwei waren offensichtlich wütend. Keiner von ihnen hatte die Absicht, jemals wieder an einem der Tische des Syndikats zu spielen. »Wie gewonnen, so zerronnen,« sagte Wyatt, »schönen Gruß an Kepler.«

    ZWEIUNDZWANZIG

    Napper quälte den Türklopfer aus Gusseisen und wartete. Josie

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