Willküra (German Edition)
Fließbändern wäre, auf denen ein Zwerg nach dem anderen fertig wurde.
Der Raum hier aber glich zwar einer unglaublich riesigen Industriehalle, aber es waren keine Fließbänder darin, sondern mehrere richtige Zwergenstädte. Mit Häusern, Läden, Straßen und Fahrrädern, auf denen die Zwerge geschäftig umher fuhren. Gesandter 6574 sah Dinge wie kleine Maisfelder, Minischweine, Sportplätze, Restaurants und sogar einen Nachrichtenstand, in dem offenbar ein Zwerg saß, der Interessierten gegen Gebühr die neusten Nachrichten aufsagte.
»Mir war nicht klar, dass wir hier eine weitere kleine Welt geschaffen haben«, sagte Gesandter 6574 irritiert und machte sich eine Notiz. »Ich dachte, das sei eher so etwas wie eine Fabrik hier.«
»Im Grunde ist es das auch«, sagte der Leiter der Entwicklungsabteilung langsam und leise.
»Die Idee dahinter ist«, erklärte der Leiter der Erfindungsabteilung überschwänglich, »dass die Zwerge in Gebrauch sein sollen bis zu ihrem Einsatz. Denn wir können sie nicht einfach in Regale stecken und erst benutzen, wenn wir sie brauchen. Zum einen haben wir sie mit zu viel Intelligenz ausgestattet, als dass sie sich das gefallen lassen würden, zum anderen verändern sie durch Nichtbenutzen ihre Funktionsfähigkeit. Wir haben da wirklich so schlechte Erfahrungswerte gesammelt, dass wir uns für diese Variante entschieden haben. Das hast du doch zur Kenntnis genommen und unterschrieben?!«
»Ja, sicher«, sagte Gesandter 6574 schnell und wollte nicht wieder darüber nachdenken, was er alles unterschrieb, nur auf Anraten seiner Berater hin, weil ihm einfach die Zeit fehlte, sich mit allem en Detail zu beschäftigen. »Kann ich dann jetzt mit einem Zwerg sprechen? Mit dem da zum Beispiel?«
Er zeigte auf einen Zwerg, der in seinem Vorgarten saß und sich den Bauch streichelte.
»Natürlich kannst du mit ihm sprechen«, wandte der Leiter der Erfindungsabteilung ein, »aber er wird dir nicht viel sagen können. Hier sind nur die Zwerge, die auf Einsatz warten. Die, die schon im Willkürherrschaftlichen Staat waren, sind in der Halle hinter dieser.«
Weil es zu lange dauern würde, die gesamte Halle zu durchqueren und allen klar war, dass Gesandter 6574 nicht viel Zeit hatte, drückte der Leiter der Entwicklungsabteilung auf seiner Fernbedienung, die er immer in seiner Tasche hatte, die Tastenkombination für sofortigen Raumtausch.
Gesandter 6574 staunte nicht schlecht über die nächste Halle, in der die mit ihrer Arbeit fertigen Zwerge untergebracht waren.
Es war ein herrlicher Naturpark, mit Seen, Bergen, Wiesen, blühenden Blumen, und einer unglaublich hohen Dichte an Golfplätzen.
»Das haben die sich alles selbst angelegt«, sagte der Leiter der Entwicklungsabteilung ein bisschen entschuldigend und in seiner langsamen Art. »Und wir unterstützen das, denn sie sind von ihrer Arbeit im Willkürherrschaftlichen Staat oft höchst traumatisiert. Hier können sie einen schönen Lebensabend verleben.«
»Hey #20921«, rief der Leiter der Erfindungsabteilung.
»Ja?«, kam es aus einem Liegestuhl nahe des Sees.
»Komm mal her, Gesandter 6574 will mit dir reden.«
»Wer?«
»Ist doch egal, komm jetzt!«
»#20921 ist einer aus der Reihe Version 7,1. Die war zwar sehr gut, aber auch nicht gut genug«, fügte der Leiter der Entwicklungsabteilung erklärend hinzu.
»Aha«, sagte Gesandter 6574 kurz angebunden, denn ihm dauerte das alles hier nun doch zu lang. Er hatte einfach nur ein, zwei Zwerge sehen und sprechen wollen, um sich ein besseres Bild vom momentanen Entwicklungsstand machen zu können. Nicht im Entferntesten hatte er erwartet, dass er hier würde warten müssen, bis sich ein Zwerg, der ihn offensichtlich nicht mal kannte, bequemen würde, ihm näher zu treten.
»Na, wie geht’s? Alles gut? Mit der Familie alles in Ordnung?«, fragte der Zwerg, als er mit seinem Fahrrad vor den dreien gehalten hatte.
»Wenn du schon so fragst«, sagte der Leiter der Erfindungsabteilung, »ich hab grad ein bisschen Schwierigkeiten.«
»Das tut doch jetzt hier nichts zur Sache«, unterbrach ihn Gesandter 6574, weil er nicht noch mal die Geschichte mit der neuen kleinen Maus vom Leiter der Erfindungsabteilung anhören wollte, und schaute den Zwerg an. »Warst du bei der Schwester des Willkürherrschers?«
Der Zwerg begann sich zu schütteln, als hätte er etwas extrem Ekelhaftes gesehen.
»Ja! Sie ist schrecklich. Eine schreckliche Frau. Sie hat mich angeschrien. Sie hat mich am
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