Willküra (German Edition)
hatte.
General Faulidös wusste, dass der Koch Kunst und Kultur liebte, genau wie er selbst. Und zwar alle Aspekte. Sowohl die ambitionierte, möchtegern-verändernde, als auch die simpel unterhaltende. Nur wenn es uninspiriert war, langweilig oder einfach nur einem anderen nachgemacht, bekam General Faulidös ein bisschen schlechte Laune. Und wenn es ganz hart war, dann applaudierte er am Ende nicht, sondern sagte nur laut: »Vielen Dank«, und ging.
General Faulidös bezahlte jeden Künstler für seinen kurzen Auftritt. Aber immer erst nach der Vorstellung. Wer nicht gut war, bekam den Standardsatz, wer gut war, bekam deutlich mehr, und wer so richtig gut war, bekam viel Geld und wurde für einen weiteren ganzen Abend bei ihm gebucht. So oft kam das leider gar nicht vor, wie er sich das erhoffte.
Jeden Tag war es eigentlich so, dass, sobald sie gemütlich saßen, General Faulidös schon etwas vom Büffet in seinen Mund gesteckt hatte, und dem Koch erklärte, meist laut schmatzend, wer und was sie gleich erwarten würde.
Mal waren es Musiker, mal Bildhauer, Designer, Fotografen, Filmemacher, Schriftsteller, Artisten, Puppenspieler, Kunstschmiede, Schauspieler, Tänzer oder Keramiker. Eben jeder, der Kunst machte, konnte sich bewerben, um von General Faulidös gesehen zu werden.
Heute hatte General Faulidös dem Koch das Bewerbungsschreiben dieser Musiker vorgelesen.
Wir sind Sänger und Instrumentalist. Wir sehen nicht besonders gut aus. Wir sind auch nicht mehr jung. Aber wenn wir mit Spielen fertig sind, werden Sie laut klatschen, das versprechen wir.
»Klingt doch gut!«, hatte General Faulidös sich gefreut, und hatte eine Erdbeere mit ein bisschen Ziegenkäse bestrichen und sie auf ein Mal in seinem Mund verschwinden lassen.
»Mit was drauf, kann man die Erdbeeren eigentlich nur so verspeisen!«, hatte er mit vollem Mund erklärend hinterher gesetzt. Dann war das Licht ausgegangen, das Licht im Büffettisch an, die zwei Musiker waren auf die Bühne gekommen, hatten sich nur von zwei Lichtspots bestrahlen lassen und hatten mit ihrer Musik genau das gehalten, was sie in ihrem Bewerbungsschreiben angekündigt hatten.
Zwei Lieder hatten sie in der ihnen zur Verfügung stehenden Zeit geschafft.
»Haben wir noch die Zeit für eine Zugabe?«, fragte General Faulidös nun in eine im Buffettisch integrierte Gegensprechanlage.
»Leider nicht wirklich«, war sofort eine Antwort da, »das Herrscher-Treffen steht doch kurz bevor und es sind noch ein paar Dinge zu erledigen vorher.«
»Hm«, schnaufte General Faulidös und schaute den Koch kurz an, der mit den Schultern zuckte. Dann wandte sich General Faulidös wieder zur Gegensprechanlage.
»Ist mir egal, was da noch zu erledigen ist, ich schau mir jetzt hier noch eine Zugabe an.«
Er griff sich eine weitere Erdbeere, lehnte sich gemütlich zurück, schmatzte die Erdbeere in sich hinein und fragte dann laut die noch auf der Bühne stehenden Musiker, ob sie wohl noch eine Zugabe machen könnten, es hätte ihm sehr gut gefallen.
Die beiden schauten sich verwirrt an, denn damit hatten sie nicht gerechnet, dann räusperte sich der Sänger, und antwortete, dass sie dafür kurz ein bisschen Vorbereitungszeit bräuchten.
»Nehmt euch so viel Zeit, wie ihr braucht!«, rief General Faulidös zufrieden.
»Dann schauen wir uns doch in der Zeit mal die Daten von WED an«, murmelte General Faulidös, und der Koch wusste nicht so genau, ob tatsächlich er auch damit gemeint war, mit diesem wir, oder ob es eher ein faulidösiges Selbstgespräch war.
Ein paar Mal sagte General Faulidös laut: »Aha!«, oder: »So ist das also!?«, während er völlig konzentriert die Akte durchsah, die ihm Mathilde hatte zukommen lassen.
Dann klappte er die Akte auf einmal laut zu und sah den Koch an.
»Hätte der Willkürherrscher sich mal besser nie verliebt! Jetzt gibt es Stress für uns alle.«
»Wieso?«
»Weil das den Plan von meiner Ex zerstört. Und ich kenne sie, das wird sie unberechenbar machen.«
»Die Schwester des Willkürherrschers?«, fragte der Koch etwas verwundert.
»Ja.«
»Wieso Ex. Ich dachte, es läuft noch?«
General Faulidös lachte laut und zufrieden.
»Das denkt sie sicher auch.«
48
Wütend und wild zupfte Fürchtedich IX. an einer Bohnenpflanze. Hier im Willkürherrschaftlichen Bohnengarten konnte er am besten denken. Und er hatte jetzt viel zu denken.
Wenngleich er zunächst wirklich hin- und hergerissen gewesen war, ob er überhaupt
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