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Willküra (German Edition)

Willküra (German Edition)

Titel: Willküra (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucia Hodinka
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hatte der Verkäufer ihr beiläufig gesagt, als sie das Schwein geschüttelt hatte. Dabei hatte er sie nicht angeguckt, sondern mit seinen trockenen Händen eine Schnur mit Sternen dran um eine Hängelampe gebunden.
    Raja hatte ihn so verständnislos angeschaut, dass er sein Werk an der Lampe kurz unterbrochen hatte.
    »Das heißt, dir wird ein Licht aufgehen. Du wirst etwas verstehen. Dir wird was klar werden. Und dann wirst du wissen, was du zu tun hast.«
    Raja hatte ihn immer noch genau so debil angeschaut wie zuvor.
    »Verstehst du überhaupt, was ich sage? Also die Sprache? Ich hab dich hier auch noch nie gesehen. Bist du neu?«
    Raja hatte drei Mal genickt, ein Mal für jede der gestellten Fragen.
    »Na, dann«, hatte sich der Mann unter seinen Tisch gebückt, ein bisschen Papier rausgeholt, Raja das Schwein aus der Hand genommen, es ganz vorsichtig in das Papier gewickelt und es Raja eingepackt zurück gegeben, »ist das ein Willkommensgeschenk für dich!«
    Raja war mit dem Schwein nach Hause gekommen, hatte es erneut geschüttelt, sich über den Klang des Glöckchens im Schweinebauch gefreut und gegrinst, dass sie für einen kurzen Augenblick auf dem Markt tatsächlich geglaubt hatte, dass dieses Schwein ihr ein Licht würde aufgehen lassen können.
    Sie hatte dem Schwein in die Augen geschaut und danach nicht so recht gewusst, wo sie es hinstellen sollte. Denn ein Regal, oder sonst etwas, wo sie es hätte abstellen können, hatte damals nicht zu ihrer Wohnungseinrichtung gehört. Nichts hatte in ihrer Wohnung gestanden. Ihre Einrichtung war nur äußerst karg gewesen, da sie jeden Moment wieder hätte zurückgerufen werden können. Und zu Hause hatte sie sich hier ohnehin nicht fühlen wollen und sollen.
    Doch nur kurze Zeit später, also wirklich unmittelbar nach dem Schweingeschüttel, hatte sie plötzlich den dringenden Wunsch verspürt, ihr Leben zu ändern. Denn sie hatte klar gesehen, dass das, was sie bis dahin unabwendbar als ihr Leben, und somit als richtig angenommen hatte, nicht zu ihrem Besten war. Sie hatte plötzlich gewusst: ich muss mich von der Abhängigkeit von Faulidös lösen, und ich werde nicht mehr den geheimen Pakt mit der ERGA einhalten. Stattdessen werde ich hier bleiben und ein völlig neues, einfaches, schönes Leben beginnen.
    Danach hatte sie tatsächlich ihre Vergangenheit als Suprastaatliche Geheimagentin hinter sich gelassen, jede Form des Kontakts mit Faulidös, der ERGA und allen anderen abgebrochen, hier im Willkürherrschaftlichen Staat einen Job als Bäckergehilfin gefunden, ihre Wohnung hübsch eingerichtet und sich so einfach und so frei gefühlt, wie nie zuvor.
    Und jetzt kreuzte die Schwester des Willkürherrschers zum zweiten Mal auf unangenehme Weise ihren Weg.
    Eine Spinne ließ sich von dem Baum auf dem Kleinen Markt langsam herunter gleiten. Raja griff nach dem unsichtbaren Spinnenfaden, setzte die nun daran schaukelnde Spinne auf den Boden, schaute der Spinne noch kurz zu, wie sie zunächst etwas verwirrt herumlief, dann aber scheinbar doch wieder etwas gefunden hatte, auf das sie zielstrebig schnell zu krabbelte, und als die Spinne aus Rajas Blickfeld verschwunden war, stand sie von der Parkbank auf und ging.

47
     
    »Bravo! Bravo!«
    General Faulidös klatschte begeistert und pfiff auch ein paar Mal auf seinen Fingern. Der Sänger verbeugte sich und der Instrumentalist schaute verlegen zu Boden.
    »Eine unheimlich gute Musikgruppe. Findest du nicht?«, drehte sich General Faulidös zum Koch hin.
    »Doch, super«, antwortete der Koch, der zu General Faulidös‘ Bewertung kultureller Glanzstücke des Staates immer eingeladen war.
    Ein Mal am Tag machten es sich General Faulidös und der Koch auf einem großen hell bezogenen Sofa gemütlich, das nicht allzu weit weg stand von der kleinen Bühne, die extra für diesen Zweck eingebaut worden war.
    Der Koch bereitete dafür kurz vorher natürlich immer ein kleines Büffet vor, auf dem selten Erdbeeren fehlen durften, auch über ein bisschen Ziegenkäse und groben Weißweinsenf freute sich General Faulidös sehr. Manchmal bereitete der Koch auch ein völlig anderes kleines Büffet vor. Zum Beispiel nur mit Dingen darauf, die orange waren. Oder nur wirklich Fettiges. Für den Koch war es immer ein großes Vergnügen, für General Faulidös zu kochen, denn er war ein guter Esser, der Gutes erkannte und auch großzügig lobte. Auch sein Lohn und der Umgangston waren besser, als er sich je für seine Arbeit erhofft

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