Willst du dein Herz mir schenken
Blick.
»Was will er hier?«, fragte Ritter Jonathan, dessen Bart dichter wuchs als der Burgforst.
Der Knappe fiel auf die Knie: »Erlaubt mir zu sagen, edler Herr, die Burg ist in Gefahr.«
»Was?« Ein Raunen ging durch den Saal. »Was sagt er da? Welche Gefahr?«
»Die Burg soll gestürmt und vernichtet werden!«
Das Raunen legte sich, stattdessen begannen die Ritter eilends, ihre Schwerter zu ziehen und am Fenster nach den Feinden Ausschau zu halten.
Ritter Jonathan bemerkte jetzt Teresa, die erblasst hinter dem Knappen stand.
»Ihr geht auf Euer Zimmer, Burgfräulein Teresa. Packt das Nötigste zusammen und flieht«, befahl er ihr. »Wir Männer werden kämpfen.«
Teresa nickte und eilte zurück auf ihr Zimmer im Turm der Burg. Sie warf schnell ein paar Kleider in die Reisetruhe am Fenster, doch es war bereits zu spät. Schwere Stöße erschütterten plötzlich die Burg. Unzählige wilde, fremde Männer hatten sich im Burghof versammelt und rammten Baumstämme gegen das Tor, um es aufzubrechen, warfen Fackeln durch die zerborstenen Fenster oder rissen mit ihren bloßen Händen die Steine aus den Wänden. Teresa schrie, denn der Boden unter ihren Füßen gab auf einmal nach. Ein riesiger Riss zog sich die Wand entlang und wurde immer größer, als würde der Turm von der Burg abbrechen, so dass der Fußboden zur schiefen Ebene wurde. Die Truhe rutschte dem Fenster entgegen, wo sich auf einmal die Steine aus der Mauer lösten und in die Tiefe stürzten. Ein Loch klaffte, wo einst festes Mauerwerk vor Wind und Wetter schützte. Die Truhe folgte den Steinen in die Tiefe und krachte auf den steinernen Boden des Hofes. Teresa schrie wieder. Der Turm neigte sich immer schiefer, sie konnte sich nicht mehr halten, stürzte, fiel und rutschte schließlich ebenfalls dem Abgrund entgegen. Doch in dem Moment, als sie den Boden vollends unter ihren Füßen verlor und in die Tiefe zu stürzen drohte, fing eine starke Hand sie auf.
»Halten Sie sich fest, edles Fräulein. Halten Sie sich fest«, sagte eine ruhige, männliche Stimme.
Teresa gehorchte und klammerte sich fest an die Hand, die sie langsam auf sicheren Boden heraufzog.
»Graf von Woog«, hauchte Teresa, als sie ihren Retter erkannte.
»Sie sind hier in Sicherheit, Teresa.«
»Danke, Christopher, Sie haben mich gerettet«, flüsterte sie mit letzter Kraft, bevor ihr die Sinne schwinden wollten. Doch der Graf hielt sie fest. »Danken Sie mir nicht, liebe Teresa, das mache ich gern für Sie. Nur für Sie«, sagte der Graf mit einem sanften Lächeln und blitzenden Augen, in denen sich Teresas Gesicht spiegelte. Er wiederholte danach ihren Namen, dann sagte er noch mehr, was Teresa jedoch nicht verstehen konnte, und dann sang er sogar. Er sang und spielte die Harfe und eine Mandoline und ein Saxophon und sogar ein Schlagzeug…
Plötzlich wurde Teresa hellwach. Es war Morgen, sie lag in ihrem Bett, rieb sich den Schlaf aus den Augen und merkte, dass die Klänge mit Schlagzeug und Saxophon aus ihrem Handy kamen, das auf dem Nachttisch lag und unbeirrbar klingelte.
Noch benommen von ihrem Traum beantwortete sie den Anruf.
»Ja?«
»Guten Morgen, hier ist Christopher von Woog. Ich hoffe, ich habe Sie nicht geweckt. Haben Sie gut geschlafen und was Schönes geträumt?«
Teresa schluckte und versuchte ganz schnell, ihren Traum zu vergessen, dennoch spürte sie, wie sie errötete, als sie die Stimme des Grafen hörte.
»Ich habe zu tief geschlafen, um zu träumen. Was gibt es denn?«
»Ich glaube, ich weiß, wie wir die Burg retten können.«
»Was? Das wäre toll! Welche Idee haben Sie denn?«
Teresa merkte, wie die Hoffnung sie sofort ein bisschen wacher werden ließ. Doch die Antwort des Grafen ließ ihre Stimmung sofort wieder auf den Nullpunkt sinken.
»Ich werde mich als Besitzer ans Burgtor ketten, dann müssen die Bauvorhaben gestoppt werden.«
»Da Ihre Besitzansprüche noch nicht geklärt sind, wird das nicht viel bringen. Tut mir leid, aber ich glaube, das ist keine gute Idee.«
»Sie können sich ja mit mir anketten lassen, dann hat unser Protest mehr Kraft.«
»Ich kann verstehen, dass Sie Ihr neues Zuhause nicht auch noch verlieren wollen, aber das ist nicht der richtige Weg.«
Teresa versuchte noch ein Weilchen, dem Grafen seine Idee auszureden, dann legte sie auf. Gestern war sie noch voller Elan, die Burg vor dem Umbau retten zu können, aber heute sah die Welt wieder viel düsterer aus. Es gab nichts, was sie tun konnten. Der
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