Willst du dein Herz mir schenken
Duschen nach der Arbeit fast unmöglich machte. Noch war niemandem ihre mangelnde Hygiene aufgefallen, zumindest hoffte sie es, dennoch sehnte sie sich wie die Gärtner und Bauern nach dem erlösenden Regen. Doch auch heute Morgen sah es nicht nach einem Wetterwechsel aus. Wenigstens die Gäste an diesem Wochenende freuten sich über den blauen Himmel. »Dann strahlt die Braut mit der Sonne um die Wette«, hatte der Vater der Braut am Telefon versprochen, als er die Burg für die Hochzeitsgesellschaft seiner Tochter buchte. Und jetzt konnte Teresa bereits die Staubwolken am Fuße des Seebergs entdecken. Das untrügliche Zeichen in diesen Tagen, dass die Gäste eintrafen.
Der Braut sah man auf den ersten Blick gar nicht an, dass sie am kommenden Tag schon »unter die Haube« wollte. Sie war jung, Anfang Zwanzig, trug kurze Hosen und zwei Zöpfe, die ihr lang über den Rücken hingen. Sie sah eher aus wie ein Mädchen, das zum Baden gehen wollte. Aber sie war die Braut, daran gab es keinen Zweifel.
»Wir wollen die Hochzeitssuite«, forderte sie mit einem kecken Augenaufschlag von Teresa, als sie vor ihr am Tresen des Hotels stand.
»Nein«, widersprach ihr ein junger Mann, der keinen Moment von ihrer Seite wich. Offenbar der Bräutigam. »Das bringt doch Unglück, wenn man die Nacht vor der Hochzeit zusammen verbringt. Wir wollen zwei getrennte Zimmer.«
Das Mädchen schüttelte den Kopf. »So ein Unfug. Wir leben schon seit fünf Jahren zusammen, als ob es bei dieser einen Nacht einen Unterschied geben würde.«
»Den gibt es«, pflichtete ihr ein älterer Mann bei. »Als ich deine Mutter geheiratet habe, haben wir auch die Nacht vor der Hochzeit getrennt verbracht. Jedenfalls offiziell.« Er lachte. »Aber ich habe sowieso schon zwei verschiedene Zimmer gebucht, das werden Sie sehen«, wandte er sich an Teresa.
Teresa hatte im Computer die Seite mit den Reservierungen geöffnet und sah, dass die Hochzeitssuite tatsächlich erst für die kommende Nacht reserviert worden war. Aber ansonsten war das Hotel komplett mit Hochzeitsgästen ausgebucht, die in Scharen die Halle der Burg betraten und wieder verließen, um das Gepäck hereinzuholen, wobei ihnen Christopher half.
»Das stimmt«, lächelte sie zur Braut, die beim Kopfschütteln ihre langen Zöpfe fliegen ließ. »Dann werden Sie wohl heute wirklich getrennt schlafen müssen.«
»So ein altmodischer Mist«, murmelte die junge Frau und wandte sich nur widerwillig nachgebend ab.
Eine ältere Frau mit grauen Haaren, die sie hochgesteckt trug, lachte Teresa entschuldigend an. »Sie kennen das ja sicherlich, Sie sind ja auch jung. Alte Traditionen haben keine Chance mehr heutzutage. Bei ihren drei älteren Geschwistern habe ich mich noch besser durchsetzen können, aber bei unserer Jüngsten ist es sehr schwer.«
Teresa nickte zustimmend. »Das glaube ich Ihnen.« Dann kam sie sofort zum Geschäftlichen zurück. »Ich brauche jetzt noch Ihre Reservierungsnummer und den Namen für die Buchung.«
Die ältere Frau, offensichtlich die Mutter der Braut, wandte sich an ihren Ehemann. »Du hast die Unterlagen.«
Der Brautvater kramte in seiner Jackentasche und holte neben einem kleinen Kästchen auch einen Computerausdruck hervor, den er Teresa reichte. Darauf standen die Reservierungsnummer und ein Name.
»Dieter Langmuth«, las Teresa und tippte den Namen in den Computer ein.
»Und morgen die Hochzeitssuite geht auf den Namen von Felicitas Langmuth und ihren Mann.«
»Nur dass ich dann nicht mehr Langmuth heiße«, zwitscherte die Braut hinter ihrem Vater hervor.
»Richtig. Sie heißt dann Felicitas...« Der Vater zögerte. Teresa wartete gespannt auf den neuen Familiennamen, doch der Vater sagte nichts mehr.
Die Braut lachte ihren Vater an. »Du kannst es nicht verkraften, dass ich dann einen anderen Namen habe. Dein kleines Mädchen ist dann nämlich endgültig weg.«
»Richtig, das schmerzt zu sehr, sie an einen Halunken wie ihn zu verlieren.« Er zeigte auf den Bräutigam und lachte ebenfalls, aber es klang nicht ganz so glücklich.
»Sie heißen Felicitas und Erik Hellwig«, warf die Brautmutter von der Seite ein.
Wieder lachte der Vater. »Richtig. Bei vier Kindern kann man schon mal den Überblick verlieren, wer wie heißt.«
Er steckte den Zettel mit der Reservierung wieder ein und wandte sich vom Tresen ab, um mit den anderen zu den Zimmern zu gehen. Das kleine Kästchen, das er aus seiner Jackentasche geholt hatte, blieb auf dem Tresen
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