Willst du meine Liebe nicht
die gleichen Worte wie einst benutzt hatte - in jener Nacht, als sie einander näher gekommen waren? Seine Miene war schwer zu deuten, doch der folgende Satz löste das Rätsel.
“Warum erlaubt das dein Liebhaber?” flüsterte er.
Sie sah ihm in die Augen. “Ich habe keinen Liebhaber. Ich kenne nur Männer, die mich bewundern, die mich besitzen oder mit mir angeben wollen. Ein Liebhaber ist etwas völlig anderes.”
“O ja … Wenn du mein wärst, würde ich dich nicht allein durch die Dunkelheit laufen lassen”, fügte er bedeutungsvoll hinzu.
“Ich bin nicht dein”, erklärte sie. “Aber du kannst mich gern begleiten.”
Gemeinsam bummelten sie die Via Veneto entlang. An der Kreuzung, die zum Hotel führte, blieb Julie stehen.
“Wir sagen uns hier Gute Nacht.”
“Darf ich dich morgen anrufen?”
“Ja, aber nicht zu früh. Ich möchte ausschlafen.”
“Buona notte, Signorina.”
“Buona notte, Signor Forza.”
Am nächsten Tag waren die Zeitungen voll mit Berichten über Barono und Mariella, denen es seit dem Zwischenfall im Club gelungen war, tagtäglich in den Medien aufzutauchen.
Diesmal hatten sie einen ausgedehnten Einkaufsbummel unternommen, wobei Barono stets darauf geachtet hatte, dass er den Fotografen das blaue Auge zuwandte.
Julie las den Bericht, während sie im Bett frühstückte.
Das Telefon läutete.
“Hoffentlich habe ich dich nicht geweckt”, sagte Rico.
“Nein. Ich lese gerade die Zeitung. Mariella und Barono sind wieder auf der Titelseite.”
“Das habe ich auch gesehen. Vielleicht sollten wir beide uns auch der Presse präsentieren, um die Sache richtig zu stellen.
Wann soll ich dich abholen?”
“Ich bin in einer Stunde fertig. Ach übrigens … zieh dir bequeme Sachen an.”
“Wohin gehen wir?”
“Das verrate ich dir, wenn wir uns sehen.”
Julie wartete unten auf ihn. Sie trug Designerjeans und eine blaue Seidenbluse. Das Haar hatte sie mit einem dazu passenden Schal im Nacken zusammengebunden. Rico hatte ihre Anweisung befolgt und erschien in Hemdsärmeln. Das hellbraune Leinenjackett hatte er lässig über die Schulter gelegt.
“Wohin?” fragte er.
“In den Zoo.”
“In den Zoo?”
“Das hast du mir vor langer Zeit versprochen.”
“Also in den Zoo.”
“Ist es weit?” erkundigte sie sich, als sie das Hotel verließen.
Rico deutete auf die Via Veneto. “Nicht sehr. Am Ende dieser Straße liegt der Garten der Villa Borghese, und der Zoo befindet sich auf der gegenüberliegenden Seite. Wir könnten eine carrozza nehmen, falls wir eine finden.”
Er sah sich suchend um, doch Julie wurde als Erste fündig.
Sie stieß einen Freudenschrei aus und wies auf ein altes Pferd, das geduldig die Straße entlangtrottete. Der Kutscher machte derweil ein Nickerchen. “Das ist Miko! Ich bin mir ganz sicher. Komm.”
“Julie, warte!” Rico wollte sie zurückhalten, aber sie war bereits auf die Fahrbahn gelaufen.
Sogleich brach die Hölle los. Bremsen quietschten, Autofahrer fluchten lauthals, ein Hupkonzert ertönte. Rico rannte Julie hinterher, die inzwischen Miko gestoppt hatte, indem sie ganz einfach vor ihn getreten war und seine Zügel ergriffen hatte. Der Kutscher war aufgewacht.
“Buon giorno, Signorina”, rief er fröhlich. “Miko ist sehr glücklich, Sie wieder zu sehen. Und ich natürlich auch.”
“Steig ein.” Rico hob sie kurzerhand in den Wagen. “Zum Borghese-Garten”, rief er dem Fahrer zu.
“Ist der Mann dort drüben böse auf mich?” Julie deutete auf einen besonders empörten Autofahrer.
“O nein, er ist nicht böse”, erwiderte Rico ironisch. “Er hat lediglich gesagt, dass deine Mutter eine Kuh und dein Vater eine Ausgeburt der Hölle sei und dass er hofft, deine Kinder würden schielend und einbeinig zur Welt kommen.”
“Er mag mich nicht, oder?”
“Warum, zum Teufel, bist du einfach losgerannt?” Ihm steckte der Schreck noch in den Knochen. “Die Römer sind keine besonders rücksichtsvollen Verkehrsteilnehmer. Was ist daran so lustig?”
“Entschuldige. Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist. Ich bin eben in Ferienlaune.”
Er nahm ihre Hand. “Von nun an bleibst du bei mir und rührst dich nicht von der Stelle”, befahl er.
“Si, Signore”, erwiderte sie brav.
Der Garten der Villa Borghese war ein Blumenmeer, durch das sich verwunschene Pfade schlängelten. Viel zu schnell erreichte die carrozza den Giordano Zoologico.
Es war ein kleiner, bezaubernder Zoo. Die größeren Tiere waren
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