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Wilsberg 03 - Gottesgemuese

Wilsberg 03 - Gottesgemuese

Titel: Wilsberg 03 - Gottesgemuese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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»Ist Hagedorn schon da?«
    »Seit zehn Minuten. Mit einem Päckchen unter dem Arm.«
    »Bestens. Ich glaube, der Abend ist gerettet.«
    Wir warfen noch einmal einen Blick in die Runde. Keine unscheinbar gekleideten Männer, die sich die Geschäftsbedingungen der Parkplatzverwaltung durchlasen oder vor der öffentlichen Herrentoilette herumlungerten. Hagedorn stand da, wo er vor zwei Tagen gestanden hatte. Wir gingen gemessenen Schrittes auf ihn zu. Seine Nase war in der Zwischenzeit nicht bleicher geworden.
    »Guten Abend, Herr Hagedorn«, sagte ich. »Sind Sie bei Ihrer Bank fündig geworden?«
    »Hier!« Er drückte mir umstandslos das Päckchen in die Hand. »Und belästigen Sie mich nicht noch einmal! Beim nächsten Mal gehe ich zur Polizei.«
    »Kein Problem«, sagte ich. »Mein Kumpel und ich fahren morgen für längere Zeit nach Teneriffa. Wir werden jeden Tag ein Glas auf Sie trinken.«
    Einen Moment lang überlegte er, ob er mir die Augen auskratzen sollte, dann entschied er sich für den zivileren Weg.
    »Schönen Abend noch!«, rief ich ihm nach.
    »Unfreundlicher Kerl«, bemerkte Hjalmar.
    »Das ist er. Woran liegt es nur, dass viele Menschen im Alter so verbittert werden?«
    Wir warteten fünf Minuten und kehrten dann zu meinem Büro zurück, das gleich um die Ecke lag. Ich legte das Päckchen auf den Schreibtisch und wickelte es behutsam aus. Glänzend neue Hundertmarkschein. Ich zählte bis zehntausend und machte aus dem Rest Häufchen. »Scheint zu stimmen.«
    Dann öffnete ich den Wandsafe und packte alles hinein. »Wenn morgen früh jemand den Safe geknackt hat, weiß ich, dass du es warst«, drohte ich Hjalmar lachend.
    Er lachte zurück.
    Mir fiel ein, dass ich völlig blank war. Also schloss ich den Safe noch einmal auf und nahm tausend Mark heraus. »Das ist für die Spesen. Lass uns einen trinken! Der Erfolg muss gefeiert werden.«
    Wir gingen zu einer nahe gelegenen Kneipe, die so klein war, dass der Wirt Platzkarten hätte ausgeben können. Schließlich fanden wir ein Eckchen mit Tisch und zwei Hockern und bestellten eine große Paella und Bier. Anschließend trank Hjalmar noch mehr Bier und Cognac, und ich trank katalanischen Punsch. Hjalmar erzählte von seiner Ex-Frau, die im Laufe des Abends immer netter wurde, und ich steuerte Geschichten von meiner Ex bei, die sie in nicht so günstigem Licht stehen ließen.
    Plötzlich, der hochprozentige Punsch hatte meinen Körper mit wohliger Wärme ausgefüllt und das Kneipengebrüll mit Watte zugedeckt, sagte eine Stimme neben mir: »Hier bist du also. Ich versuche seit Tagen, dich zu erreichen. Hörst du deinen Anrufbeantworter nicht ab?«
    Ich fiel fast vom Hocker. »Elke! Du bist das!«
    »Wer denn sonst? Warum meldest du dich nicht bei mir? Ich möchte mit dir reden.«
    »Was gibt es da noch zu reden?«, sagte ich und ließ einen Zigarillo in den Punsch fallen. Sollte ich von dem marokkanischen Taxifahrer anfangen oder von ihren ewigen, unbegründeten Vorwürfen?
    »Du kannst dich nicht einfach so verpissen. Wann hast du Zeit?«
    Ich versuchte mich zu konzentrieren. »Heute geht es nicht. Ich bin viel zu betrunken. Morgen auch nicht. Vielleicht übermorgen.«
    »Oder vielleicht gar nicht?«
    Ich nahm den Zigarillo aus dem Glas und brach ihn in der Mitte durch, um das trockene Ende zu rauchen. »Weißt du …«
    Ein klatschendes Geräusch neben meinem Ohr und ein heißes Kribbeln auf der Wange sagten mir, dass ich eine Ohrfeige bekommen hatte. Und wahrscheinlich wäre ich auch auf das hinter mir stehende Klavier gefallen, wenn Hjalmar mich nicht festgehalten hätte.
    Darauf mussten wir erst mal einen trinken. Und irgendwann schleppte Hjalmar mich zu dem Taxi, das er gerufen hatte.

X
    Das Klingeln des Telefons riss mich aus einem schlimmen Albtraum mit Elke in der Hauptrolle.
    »Hallo, Chef!«
    Ich brummte.
    »Ich wollte dich nur daran erinnern, dass du um elf den Termin bei Doktor Gross hast.«
    »Wie spät ist es?«
    »Zehn.«
    »Und da weckst du mich jetzt schon?«
    »Ich habe einkalkuliert, dass du schlecht aus dem Bett kommst.«
    »Danke.«
    Ich sank auf das Kissen zurück. Wie hatte ich nur früher meine Arbeit ohne Sekretärin schaffen können? Ich atmete ein paar Mal mit geschlossenen Augen und überprüfte meinen Gesundheitszustand. Die Erkältung schien etwas zurückgegangen zu sein, dafür folterten die katalanischen Punsche meine Gehirnwindungen.
    Nach zehn Minuten wälzte ich mich aus dem Bett und schlich ins Badezimmer, um mir

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