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Wilsberg 03 - Gottesgemuese

Wilsberg 03 - Gottesgemuese

Titel: Wilsberg 03 - Gottesgemuese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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Forschungsgebiet. Ich habe mich jahrelang mit Schwarzer Materie beschäftigt.«
    Das war für mich genauso Science-Fiction.
    Er lachte über meine Bemerkung. »Das, was Sie am Himmel sehen, die Sterne und Galaxien, die helle Materie, wenn Sie so wollen, ist nur ein Bruchteil der gesamten Masse des Universums. Ungefähr 90 Prozent der Materie ist schwarz, genauer gesagt: unsichtbar. Die Schwarze Materie geht keinerlei Reaktion mit der sichtbaren Materie ein, mal abgesehen von der schwachen Gravitationskraft. Vermutlich fliegt auch unsere Erde gerade durch Schwarze Materie und wir merken nichts davon. Schwarze Materie vom Gewicht einer Tonne könnte durch Ihre Hand fallen und Sie würden nicht mal ein Kribbeln spüren.«
    Ich schaute auf meine Hand.
    »Aber ich will Sie nicht mit meinem Fachgebiet langweilen. Tatsächlich glaube ich mich im Weltraum einigermaßen auszukennen, und die Geschichte von den Geistwesen widerspricht allem, was ich als Wissenschaftler weiß. Ich meldete also Zweifel an und nach kurzer Zeit wurde ich vom Kursleiter als Störenfried eingestuft. Das bedeutete den Entzug aller Privilegien, verschärfte Trainingsbedingungen.«
    »Warum haben Sie nicht einfach aufgehört?«
    »Ich geriet in eine seelische Krise, bekam schwere Depressionen. Die KAP hatte mir sehr viel gegeben. Ich wollte weiterhin dazugehören, ich wollte an sie glauben, aber ich konnte nicht. Ich kaufte Zusatztraining, Reparaturtraining – nichts half. Ich verzweifelte und war nahe daran, auszusteigen, da passierte etwas, das mir zwar einerseits zur Klarheit verhalf, mich aber andererseits in den Klauen der KAP festhielt. Eigentlich war es nur ein dummer Zufall.«
    Er machte eine Pause.
    »Sie können mir vertrauen«, sagte ich.
    »Das ist nicht das Problem. Die Sache ist mir peinlich. Niemand versteht, wie man sich freiwillig so erniedrigen kann. Jedenfalls – ich gehörte damals der Reinigungskolonne an. Aufgrund meiner Widerspenstigkeit im Geistwesen-Klasse-I-Kurs war ich zum Reinigungsdienst abgeordnet worden. Wir mussten Papierkörbe leeren, Staub saugen und so weiter. Eines Tages, wir reinigten gerade die Chefbüros, fand ich in einem Papierkorb eine geheime Order der KAP-Leitung. Sie enthielt Angaben über Geschäfte der KAP, schmutzige Geschäfte. Plötzlich war für mich alles klar. Noch am selben Nachmittag reichte ich mein Austrittsgesuch ein. Und das war ein schwerer Fehler. Denn dem KAP-Mann, dem das Büro gehörte, fiel am nächsten Morgen ein, dass er das Papier nicht, wie vorgeschrieben, im Reißwolf vernichtet hatte. Man forschte nach, wer in dem Büro gewesen war, und in diesem Zusammenhang wirkte mein Austrittsgesuch wie eine Selbstanzeige. Ich leugnete zwar, dass ich das Papier gelesen hatte, aber das half mir nicht mehr. Nach tagelangen Verhören in England brachte man mich hierher, wo ich wie ein Gefangener bewacht werde.«
    »Die können Sie doch nicht gegen Ihren Willen festhalten.«
    »Wer fragt nach meinem Willen?«
    »Okay. Wenn Sie einverstanden sind, gehe ich gleich anschließend zur Polizei und hole Sie raus.«
    Hinter meinem Rücken spürte ich einen leichten Luftzug. Ich war gerade dabei, mich umzudrehen, als sich ein kräftiger Arm um meinen Hals legte. Eine zweite Hand drückte ein stinkendes Tuch auf meine Nase und meinen Mund. Dreißig Sekunden später musste ich zwangsläufig einatmen. Kurz darauf wurde ich bewusstlos.

IX
    Ich wachte auf und musste niesen. Dabei merkte ich, dass mein Kopf auf etwas Nassem, Kaltem lag. Ich machte die Augen auf und sah gelb. Sand. Ich wälzte mich herum. Überall Sand. Mutterseelenallein lag ich am Strand, frühmorgens im Winter. Das beste Klima, um sich eine beidseitige Lungenentzündung zu holen. Die Nase war bereits verstopft, und erste Schluckversuche endeten schmerzhaft. Ich setzte mich auf. Das Meer leckte an meinem linken Schuh, ansonsten schien ich einigermaßen trocken und unverletzt zu sein, jedenfalls ließen sich noch alle Glieder bewegen. Ich überlegte, wo meine Erinnerung stehen geblieben war. Ach ja, das Gespräch mit Martin Kunstmann. Und dann hatte mich jemand mit einer stinkenden Flüssigkeit betäubt. Netter Zug von dieser Kirche für angewandte Philosophie, mich nicht gleich umzubringen, sondern langsam erfrieren zu lassen. Ich stemmte mich hoch und torkelte die Dünen hinauf. Erst jetzt merkte ich, dass ich meine eigenen Klamotten anhatte. Sie hatten also den Kofferraum meines BMW geknackt. Hoffentlich stand er noch an seinem Platz! Alles,

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