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Wilsberg 03 - Gottesgemuese

Wilsberg 03 - Gottesgemuese

Titel: Wilsberg 03 - Gottesgemuese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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»Ein Mann allein gegen eine ganze Sekte. Das ist nicht mutig, sondern schwachsinnig.«
    Ich fühlte mich schuldig, obwohl ich nicht genau sagen konnte, was ich falsch gemacht hatte. Irgendwie, da hatte Stürzenbecher schon recht, war mir der Fall über den Kopf gewachsen. Einen Moment lang dachte ich daran, wieder Briefmarken- und Münzhändler zu werden. Was für eine anregende, beruhigende und zugleich faire Tätigkeit war es doch, Menschen seltene Münzen und Briefmarken zu verkaufen! Ob ich Willi die Sammlungen abkaufen sollte, die er im Keller des Kaufhauses verstaut hatte?
    Ich schaute nach draußen. Fadenregen klatschte gegen die Scheiben von Stürzenbechers Auto. Wir waren irgendwo zwischen Papenburg und Emden, auf dem Weg nach Norden, zu Peter und Horst, den sympathischen Polizisten von Norderney, und zum Reha-Zentrum der KAP, das ich diesmal, mithilfe von Stürzenbecher, auf den Kopf zu stellen gedachte.
    Als wir auf Norderney ankamen, war es bereits dunkel. Peter und Horst saßen beide in der kleinen Polizeiwache. Sie sahen aus wie zwei Schüler, die man zum Nachsitzen verdonnert hatte, und begrüßten uns nicht gerade überschwänglich. Horst machte immer noch den Eindruck, als hätte er sich für die letzten Tage etwas Besseres vorgenommen.
    »Wo ist sie?«, fragte Stürzenbecher.
    »Im Krankenhaus«, sagte Peter. »Ein Kommissar aus Emden war da. Er hat gesagt, wir sollen mit der Überführung warten, bis Sie sie angeschaut haben. Wegen der Identifizierung.«
    »Ausgezeichnet«, meinte Stürzenbecher. Ich konnte mich da nicht anschließen.
    »Hat sich etwas Neues bezüglich Martin Kunstmann ergeben?«, erkundigte ich mich.
    »Nee«, sagte Horst. »Wir waren noch mal da, als wir seine Frau gefunden haben. Ich meine, auf dem Personalausweis stand Kunstmann. Und da dachten wir, das könnte seine Frau sein. Aber die Sektenfritzen behaupten steif und fest, dass sie weder mit ihm noch mit ihr was zu tun haben.«
    »Die haben mein Auto geklaut. Und sie saß in meinem Auto. Also besteht ein Zusammenhang.«
    »Woher sollten wir wissen, dass Ihr Auto gestohlen wurde? Als Sie bei uns waren, haben Sie darüber kein Wort verloren.«
    Ich ballte die Faust. »Ich musste sofort zurück nach Münster. Wegen eines anderen Falles.«
    Stürzenbecher guckte mich von der Seite an. »Der Versicherungsbetrug?«
    »Ja, der Versicherungsbetrug.«
    Peter sagte: »Das Beste wäre gewesen, Sie hätten uns alles erzählt.«
    »Ich weiß. Aber jetzt ist es zu spät.«
    »Viel zu spät«, meinte Horst.
    Ich hätte im Boden versinken mögen.
    Peter brach das Schweigen: »Ich habe den Staatsanwalt angerufen. Der wollte sich um die Durchsuchung kümmern, nachdem er mit Frau Kunstmann gesprochen habe. Dazu ist es ja leider nicht mehr gekommen.«
    Es wurde immer schlimmer. Endlich machte Stürzenbecher der Peinlichkeit ein Ende: »Dann fahren wir erst mal zum Krankenhaus. Anschließend werde ich ein paar Dinge mit Emden klären. Diese KAP-Leute sollen uns nicht ungeschoren davonkommen. Sie haben die Fähre kontrolliert?«
    »Einer von uns beiden war da, wenn eine Fähre abgelegt hat«, sagte Peter. »Es ist keiner draufgegangen, den wir nicht kannten.«
    Obwohl Norderney ein einziges großes Krankenhaus war, vollgestellt mit Kur-, Erholungs-, Kinder- und Müttergenesungsheimen, mit Spezialkliniken für Bronchien, Asthma, Neurodermitis und Schuppenflechte, gab es auch noch ein kleines allgemeines Krankenhaus. Dorthin hatte man Anja Kunstmann gebracht, genauer gesagt, das, was von ihr übrig geblieben war.
    Ein junger nervöser Arzt, der unangenehm nach Teer- und Moorpackungen roch und rote Flecken im Gesicht hatte, begrüßte uns, nachdem er von der Nachtschwester geholt worden war.
    Er redete unentwegt, während wir eine Treppe hinabstiegen. »Wir haben ja keine Kühlfächer, weil die Toten nie lange bei uns bleiben. Wenn eine Obduktion durchgeführt werden soll, braucht man eigentlich ein Kühlfach. Aber bei diesen Temperaturen, im Keller ist es unter zehn Grad, dürfte das kein Problem sein. Hier entlang, meine Herren! Erschrecken Sie nicht, wenn Sie sie sehen! Der Brustkorb ist völlig eingedrückt. Das Gesicht wurde von Splittern zerfetzt. Im Grunde keine schweren Verletzungen, aber es sieht halt nicht so schön aus. Der Unterleib dagegen ist vollkommen unversehrt.«
    »Muss das sein?«, fragte ich Stürzenbecher.
    »Wir haben im Moment keinen anderen, der sie identifizieren kann.«
    Seine Stimme klang etwas dumpfer als sonst. In

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