Wilsberg 12 - Wilsberg und die Schloss-Vandalen
Besuch nicht alles verraten.«
»Warum sollte ich das?«
Eine gute Frage. Ich lächelte ihn an. »Ihre Beziehung zu dem Jagdaufseher, zum Beispiel.«
Er drückte einen Pinsel in einer Blechdose aus. »Das ist meine Sache.«
»Natürlich. Allerdings geht es schon lange nicht mehr nur um eingeschossene Schlossfenster. Ihnen dürfte nicht entgangen sein, dass die Erpresser beim letzten Mal einen menschlichen Knochen hinterlassen haben.«
»Na und?«
»Lassen Sie es mich so ausdrücken: Es ist möglich, dass ein Kapitalverbrechen in der Geschichte eine Rolle spielt.«
»Verbrechen? Was für ein Verbrechen?«
»Ein Mord«, stapelte ich hoch. »Und Ihr ehemaliger Liebhaber Wolfgang Nieswind steht dabei im Mittelpunkt.«
Alex wurde bleich. »Was reden Sie da? Das ist doch Unsinn.«
»Wann haben Sie zuletzt etwas von Nieswind gehört?«, versuchte ich, ihn zu überrumpeln.
Er wirkte einen Moment hilflos. »Nie mehr. Ich meine, seit damals, als ihn der Graf entlassen hat.«
»Wollen Sie mir erzählen, dass sich Ihr Freund, mit dem Sie eine intensive Beziehung hatten, von heute auf morgen aus dem Staub gemacht hat, ohne sich jemals wieder bei Ihnen zu melden?«
In seinem Gesicht zuckte es. Er öffnete den Mund und schloss ihn wieder. »Er hat mich gefragt, ob ich mitkomme.«
»Wohin?«
»Nach Australien.«
»Und Sie wollten nicht?«
»Ich konnte nicht. Ich wäre ... Ach was, das geht Sie überhaupt nichts an.«
»Sie meinen, Sie wären von ihm abhängig gewesen, weil Sie mit Ihrer Kunst kein Geld verdienen, weil Sie ohne die Zuwendungen Ihres Vaters und des Grafen nicht existieren können.«
Seine Verletztheit verwandelte sich in Wut. »Vielleicht. Und wenn schon! Verschwinden Sie! Sie haben kein Recht, ein Urteil über mein Leben abzugeben. Ein Privatdetektiv! Nennen Sie die Art, wie Sie Ihr Geld verdienen, anständig?«
»Die Grenzen zwischen Anständigkeit und Unanständigkeit sind in meinem Beruf fließend«, gab ich zu.
Alex starrte mich wortlos an.
Ich nickte. »Eine Frage habe ich noch: Wie hat Wolfgang Nieswind auf seine Entlassung reagiert?«
»Er war wütend, das können Sie sich doch denken.«
»Wollte er sich am Grafen rächen?«
»Er hat getobt. Wolfgang ist ein sehr emotionaler Mensch, der steckt so etwas nicht so einfach weg. Ich weiß, dass er eines Abends ...« Er brach ab und steckte seine Hände in die Hosentaschen.
Ich spürte ein Kribbeln. Bemüht, meine Anspannung nicht zu zeigen, fragte ich ruhig: »Was hat er eines Abends?«
»Das spielt doch keine Rolle.«
»Doch. Das spielt eine Rolle.«
»Er ist noch einmal zum Grafen gegangen«, quetschte Alex hervor.
»Bevor oder nachdem sie sich auf seine Abfindung geeinigt hatten?«
»Danach, glaube ich. Das ist schon so lange her.«
»Haben Sie anschließend mit ihm gesprochen?«
»Nein, er ist dann gleich ...«
Ich nickte. »Können Sie sich vorstellen, dass Nieswind jetzt zurückgekommen ist, um den Grafen zu terrorisieren?«
Er schaute mich überrascht an. »Nein. Wolfgang vergisst auch schnell. Er sitzt jetzt sicher irgendwo in Australien und verschwendet keinen Gedanken mehr an Disselburg.«
Oder an seinen ehemaligen Freund. Alex van Luyden presste die Lippen aufeinander. Die Fortsetzung des Gedankens musste bitter für ihn sein. Und auch ich behielt sie lieber für mich.
Nach einer ausgezeichneten Perlhuhnbrust auf Artischockenrisotto und Rotweinschalotten zog ich mich in mein Hotelzimmer zurück und wählte die Privatnummer von Hauptkommissar Stürzenbecher.
»Es ist Samstag«, giftete Stürzenbecher. »Weißt du, was das bedeutet? Ich habe frei. Ich bereite mich auf die Bundesligaberichterstattung im Fernsehen vor. Ich möchte nichts über Leichen und Morde hören.«
»Stell dich nicht so an!«, fuhr ich ihm in die Parade. »Als Freiberufler kann ich mich nicht an die Behördenöffnungszeiten halten. Ich habe auch nur eine klitzekleine Frage: Gibt es etwas Neues über den Disselburger Knochen?«
»Nein«, sagte er gedehnt. »Wie ich bereits gestern erwähnte, haben wir den Knochen zu einem Speziallabor geschickt. Am Wochenende arbeiten die dort auch nicht. Bei einer so alten Leiche kommt es auf ein paar Tage nicht an.«
»Na schön. Dann habe ich was für dich.«
»Ach ja?« Er wurde aufmerksamer.
Ich erzählte ihm von dem Jagdaufseher Wolfgang Nieswind, dem Grund für seine Entlassung und dem Streit zwischen Nieswind und dem Grafen.
»Worauf willst du hinaus?«, fragte Stürzenbecher. »Dass der Graf diesen
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