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Wilsberg 12 - Wilsberg und die Schloss-Vandalen

Wilsberg 12 - Wilsberg und die Schloss-Vandalen

Titel: Wilsberg 12 - Wilsberg und die Schloss-Vandalen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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anlangten, in dem unüberhörbar eine Fete veranstaltet wurde. Schon an der Straßenecke wummerten mir die Bässe entgegen und zahlreiche vor dem Haus abgestellte Fahrräder zerstörten meine letzten Zweifel.
    Eine Fete also. Meine Hoffnung, Ina und Michael in dieser Nacht auf frischer Tat ertappen zu können, sank gegen null. Als pflichtbewusster Detektiv harrte ich noch drei Stunden aus, dann hatte ich endgültig den Kaffee auf.
    Ein weiterer verlorener Abend. Oder auch nicht. Denn schließlich wurde ich auch fürs Warten bezahlt. Schon in meinem Detektiv-Fernstudium hatte ich gelernt, dass Geduld die wichtigste Sekundärtugend meines Berufsstandes sei. Manchmal allerdings ging mir diese Tugend gewaltig auf die Nerven.
    Einigermaßen gefrustet kam ich an der Rezeption des Schlosshotels an.
    Der Nachtportier strahlte mich an: »Ihre Frau ist bereits seit zwei Stunden in Ihrem Zimmer.«
    Anscheinend musste ich ziemlich verdattert geguckt haben, denn er fügte besorgt hinzu: »Sie haben sie doch erwartet?«
    »Nein ... äh ... doch, es ist nur etwas überraschend.«
    Mit beschleunigtem Schritt eilte ich zur Treppe. Meine Frau? Imke? Unwahrscheinlich, dass sie einen Rückfall in längst vergangene Zeiten erlitten hatte und es sie zu einem Rendezvous in mein Hotelzimmer trieb. Sie wusste ja nicht einmal, dass ich in Disselburg war. Franka? Fast genauso unwahrscheinlich. Bislang hatte sie nie zu erkennen gegeben, dass sie in mir etwas anderes sah als ihren kurz vor der Senilität stehenden Arbeitgeber.
    Ein böser Verdacht baute sich in meinem Kopf auf und er wurde bestätigt, als ich die Tür zu meinem Zimmer öffnete. Christine Schmidt lag in meinem Bett. Sie hatte die Bettdecke bis knapp über die Brust gezogen, aber ich hätte einen größeren Geldbetrag darauf verwettet, dass sie darunter weniger als spärlich bekleidet war.
    Sie griff nach der Fernbedienung und schaltete den Fernseher aus. »Wo hast du dich so lange herumgetrieben?«
    »Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist.«
    Sie schlug die Bettdecke zurück. Ich hätte meine Wette gewonnen.
    »Was?«
    »Das, was du vorhast.«
    Sie stand auf und stellte sich vor mich. »Was habe ich denn vor?« Ihre Hände wanderten an meinem Körper nach unten, parallel zu ihrem Kopf und ihrem Oberkörper.
    »Christine, ich finde, du solltest dich wieder anziehen und ...«
    Sie nestelte an meinem Gürtel und zog den Reißverschluss meiner Hose auf.
    »Hast du dich nicht strafbar gemacht, als du dich in meiner Schule als Polizist ausgegeben hast?«
    »Soll das eine Erpressung sein?«
    Sie zerrte die Jeans nach unten und erfasste meine Shorts.
    »Warum nicht?«
    Die Shorts folgten den Jeans auf dem Weg zum Teppichboden.
    »Christine ...«
    Gelegentlich leiden wir Männer unter der Tatsache, dass nicht alle unsere Körperteile den Befehlen unseres Gehirns gehorchen. Im zärtlichen Griff ihrer Hände ignorierte dieses spezielle Körperteil ganz einfach meine Absichten, vor allem, als Christine es in den Mund nahm.

IX
    Als ich aufwachte, lag ich allein im Bett. Für kurze Zeit war ich geneigt, die Ereignisse, an die ich mich erinnerte, für eine Technicolor-Aufführung meines Unterbewusstseins zu halten. Kein Albtraum, die schlichte und intellektuell anspruchslose Handlung hatte durchaus positive Züge. Zumindest, wenn man die Konsequenzen nicht bedachte. Und Träume haben ja den unschätzbaren Vorteil, folgenlos zu bleiben.
    Ich drehte mich zur Seite. Der Abdruck, den ein menschlicher Körper hinterlassen hatte, sah sehr real aus. Und die beiden Haare, die ich auf dem Kopfkissen entdeckte, entsprachen in Länge und Farbe nicht den meinen.
    Plötzlich fühlte ich mich schwach und niedergeschlagen. Wie ich Christine kannte, würde sie die Ereignisse der letzten Nacht nicht auf sich beruhen lassen. Was stand mir bevor?
    Von jenseits der Gräfte drangen aufgeregte Stimmen in mein Zimmer. Richtig, es war Sonntag, der beliebteste Tag für Schlössertouren. Ich begann, Disselburg zu hassen. Es kam mir auf einmal klein und eng vor, so wie ein altersschwacher Aufzug, den man mit einem unguten Gefühl betritt. Ob Christine mit ihrer Tochter nach Holland gefahren war? Das würde mir einen Aufschub gewähren, vor der nächsten, unabwendbar auf mich zukommenden Begegnung.
    Ich dachte an Sarah, meine eigene Tochter, und bekam große Lust, mit ihr den Tag zu verbringen, ziellos herumzuschlendern und ständig ungesunde Dinge zu kaufen und zu essen. Da ich fürchtete, bei zu langem Warten

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