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Wilsberg 12 - Wilsberg und die Schloss-Vandalen

Wilsberg 12 - Wilsberg und die Schloss-Vandalen

Titel: Wilsberg 12 - Wilsberg und die Schloss-Vandalen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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werden.
    »Genau so war's«, bestätigte der Hauptkommissar. »Aber das nützt ihnen wenig. Politische Ziele hin oder her, sie werden wegen Sachbeschädigung und Erpressung vor Gericht gestellt. Beide sind über sechzehn und können nach Jugendstrafrecht verurteilt werden. Allzu schlimm wird's wohl trotzdem nicht werden, da sie nicht vorbestraft sind. Wenn sie Glück haben, kommen sie mit einer Bewährungsstrafe und ein paar hundert Stunden Sozialdienst davon.«
    »Und wer war zu Lebzeiten der Träger des Totenkopfs?«, fragte ich.
    Stürzenbecher ließ sich Zeit mit der Antwort. »Nun, das ist das große Rätsel. Die Geschichte von Ina und Michael, die recht glaubwürdig klingt, geht so: Vor etwa einem Jahr seien sie durch ein beschädigtes Kellerfenster in die unterirdischen Gänge des Schlosses gestiegen. Anscheinend übt das Schloss seit jeher eine gewisse Anziehungskraft auf die Disselburger Jugend aus. Pärchen finden es wohl prickelnd, in gruftiger Atmosphäre herumzuknutschen oder Gänsehaut-Sex zu betreiben.«
    »Wie ekelig«, ließ sich Franka vernehmen.
    Stürzenbecher schaute über die Schulter zu meiner Assistentin. »Bei Erwachsenen entwickelt sich das dann zu bizarrem Sado-Maso-Sex. Ich hab schon Videos gesehen ...«
    »Zur Sache!«, mahnte ich ihn.
    »Was Ina und Michael gemacht haben, war wohl eher harmlos. Sie seien ein bisschen herumgeschlichen, sagen sie, und dabei zufällig in einem Kellerraum auf einen Riss in einer brüchigen Wand gestoßen. Aus reiner Neugier habe Michael den Riss mit seinem Taschenmesser verbreitert, bis er mit einer Taschenlampe den dahinter liegenden Hohlraum ausleuchten konnte. Kurzum, sie entdeckten das Skelett. Sie bekamen einen gehörigen Schreck und türmten Hals über Kopf. Anschließend behielten sie ihr Geheimnis für sich, da sie Angst hatten, den Einbruch ins Schloss zuzugeben. Erst viel später«, fuhr Stürzenbecher fort, »als sie bereits in dieser Umweltbewegung aktiv waren, kam ihnen der Gedanke, das Skelett gegen den Grafen einzusetzen. Sie glaubten, dass sie ihn damit unter Druck setzen könnten. Also kehrten sie noch einmal in den Keller zurück, verbreiterten das Loch und holten den Oberschenkelknochen und den Kopf heraus.«
    »Wieso ist niemand anderem das Loch aufgefallen?«, wunderte ich mich.
    »Soweit ich verstanden habe, ist das Kellersystem weit verzweigt. Außerdem behauptet Michael, er habe eine Holzplatte vor das Loch gestellt. Übrigens haben die beiden auch eine Theorie, um wen es sich bei dem Toten handelt.«
    »Ach«, sagte ich widerwillig. Manchmal ging mir Stürzenbecher mit seiner Art, eine Geschichte spannend zu machen, gehörig auf die Nerven.
    »Sie glauben, dass die Leiche des ehemaligen Jagdaufsehers Wolfgang Nieswind dort eingemauert worden ist. Offensichtlich hattest du ja eine ähnliche Idee, sonst hättest du mich nicht beauftragt, nach seinem Aufenthaltsort zu forschen.«
    »Und was ist dabei herausgekommen?«
    »Noch nichts. Die Kollegen in Australien haben die Anfrage erst gestern bekommen. So etwas dauert.«
    Der Hauptkommissar kraulte seinen Nasenrücken. »Die ganze Erpressungsgeschichte macht natürlich nur Sinn, wenn der Graf etwas mit dem Toten und seiner kalten Gruft zu tun hat. Ansonsten hätten ihn die Knochen nicht beunruhigen können. Warten wir mal ab, was die Untersuchung bringt.«
    Michael und Ina führten uns. Sie hatten zuerst Schwierigkeiten, sich zu orientieren, da wir natürlich nicht durch das Kellerfenster, sondern vom Bergfried aus in das Kellergeschoss hinabgestiegen waren. Die ersten Räume waren noch halbwegs sauber, gefüllt mit allerlei ausrangiertem Plunder aus den vergangenen Jahrhunderten. Dann kamen wir in die dunkleren, schlechter belüfteten Zonen. Dicke Spinnweben hingen wie in einem zweitklassigen Dracula-Film von der Decke und gelegentlich trat ich auf etwas Weiches, das sich nicht identifizieren ließ. Neben mir stieß Franka ein unterdrücktes Iiih nach dem anderen aus.
    Der Graf hatte sich uns mit besorgtem Gesicht angeschlossen. Je länger die Expedition durch das unterirdische Labyrinth dauerte, desto stiller wurde die Gruppe. Nach und nach verstummten die anfangs noch lebhaft geführten Gespräche.
    Endlich blieb Michael stehen. »Das ist der Raum«, sagte er lahm.
    Ina nickte stumm. Beide wirkten eingeschüchtert und verängstigt. Stürzenbecher hatte ihnen wohl mächtig zugesetzt.
    Die Lichtkegel der Taschenlampen huschten in die Ecken. Hölzerne Weinregale, sporadisch mit leeren

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