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Wilsberg 12 - Wilsberg und die Schloss-Vandalen

Wilsberg 12 - Wilsberg und die Schloss-Vandalen

Titel: Wilsberg 12 - Wilsberg und die Schloss-Vandalen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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sorgen.
    Am Abend speisten Franka und ich im Hotelrestaurant. Sie trug ein T-Shirt mit der Aufschrift Runninggag und war nicht nur wegen dieser selbstkritischen Äußerung, sondern vor allem wegen ihrer bunten Haare die Attraktion des Lokals. Ich ließ die neugierigen Blicke der übrigen Gäste von mir abprallen und widmete mich meiner Hirschkalbskeule mit Maronenspitzkohlstrudel und Himmel und Erde, während sich Franka mit einem Rahmsüppchen von Schwarzwurzeln und einer Krautwickel begnügte. Zu ihren harten Veganer-Zeiten hätte sie nicht einmal das angerührt, weil nicht auszuschließen war, dass der Koch ein paar Spritzer tierischen Fetts verwendet hatte. Inzwischen war sie eine gemäßigte Vegetarierin geworden, angesichts meiner Hirschkeule immer noch ein bemitleidenswertes Schicksal.
    Nach der Besichtigung ihres Hotelzimmers und des hoteleigenen Pools hatte sich Frankas Laune erheblich gebessert. Damit war der offizielle Teil meines Plans aufgegangen, nämlich das Betriebsklima des Detektivbüros Wilsberg & Partner zu heben.
    Es gab noch einen inoffiziellen Teil, den ich Franka nicht verraten hatte. Ihre Anwesenheit würde sich in Disselburg schnell herumsprechen. Und auch wenn es dafür keinen sichtbaren Beleg gab, so würden die professionellen Klatschmäuler doch sofort darauf schließen, dass ich meine jugendliche Freundin mitgebracht hätte. Das, so hoffte ich, würde bei Christine Schmidt zuerst zu einer bitteren Enttäuschung und dann zu dem Entschluss führen, keine weiteren nächtlichen Ausflüge in mein Hotelzimmer zu unternehmen.
    Womit ich allerdings nicht gerechnet hatte, war, dass mein Geheimplan so schnell aufgehen würde. Wir nahmen gerade den Nachtisch in Angriff, Passionsfruchttörtchen im Baumkuchenmantel, als Christine hereinrauschte. Fast wäre mir die Kuchengabel aus der Hand gefallen.
    Christine positionierte sich neben unserem Tisch und betrachtete Franka mit dem missbilligenden Blick eines Flughafenkontrolleurs, der eine Plastikbombe im Handgepäck gefunden hat. Franka war zu erstaunt, um angemessen zu reagieren.
    Langsam drehte Christine ihren Kopf in meine Richtung. »So? Du stehst also auf ganz junge Dinger.«
    »Und was war mit dir und Max?«, konterte ich.
    »Du könntest ihr Vater sein.«
    »Niemals«, sagte ich. »Meine Tochter würde sich besser anziehen.«
    Christine beugte sich zu mir herab. Ihr Atem ging schwer und unregelmäßig. »Ich lass mich nicht verarschen, Georg.«
    »Das war nicht meine Absicht. Du bist in mein Hotelzimmer gekommen, hast du das schon vergessen?«
    Meine Worte verhallten wirkungslos. Christine griff nach dem Dessert. »Du mieses Stück!«
    Der Kuchen klatschte gegen mein Hemd, ein paar Krümel rutschten unter den Hemdkragen. Ich zuckte zurück, schon hatte Christine Frankas Weinglas in der Hand.
    »Nein!« Ich wehrte das Glas ab, der Inhalt pladderte auf das Leinentischtuch.
    Mit einer letzten, schwungvollen Bewegung schmetterte Christine das Glas auf den Parkettboden, wo es sich in tausend Einzelteile auflöste. Dann stampfte sie genauso energisch davon, wie sie gekommen war.
    »Was war das denn?«, fragte Franka.
    »Eine Bekannte.« Ich klaubte die Passionsfrüchte von meinem Hemd. »Ich glaube, sie hat sich in die Vorstellung hineingesteigert, dass sie mit mir eine Beziehung anfangen könnte.«
    »Hast du ihr dafür einen Grund gegeben?«
    »Na ja, vorletzte Nacht ...«
    »Einmal vögeln und dann tschüss, wie?«
    »Was für eine entsetzlich triviale Ausdrucksweise«, tadelte ich sie. »Außerdem bin ich gänzlich unschuldig, sie hat sich in mein Hotelzimmer geschlichen.«
    Um Frankas breiten, lilafarbenen Lippen spielte ein wissendes Lächeln. »Deshalb sollte ich wohl unbedingt mitkommen?«
    Sie war gar nicht so dumm.
    Kellnerinnen und Kellner, die die Peinlichkeit gekonnt überspielten, entsorgten hastig die Glasscherben und sorgten für eine neue Tischdecke. Zu allem Unglück näherte sich Tonio van Luyden mit hochrotem Kopf. Ich machte mich auf eine Strafpredigt gefasst.
    »Was hier geschehen ist, entspricht ganz und gar nicht dem Stil des Hauses«, begann er prompt. An den Nebentischen wurde eifrig genickt.
    »Ist schon klar. So etwas wird nicht wieder vorkommen«, versprach ich.
    Während er weiter über Gastfreundschaft, die man zu schätzen habe, und ähnliche Dinge redete, verbarg ich hinter einem geknickten Gesichtsausdruck meine heimliche Freude, Christine auf so spektakuläre Weise ausmanövriert zu haben.
    Später am Abend

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