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Wilsberg 15 - Wilsberg und die Malerin

Wilsberg 15 - Wilsberg und die Malerin

Titel: Wilsberg 15 - Wilsberg und die Malerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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wurde? Mit anderen Worten: Für eine Mordermittlung fehlt mir der Anfangsverdacht.«
    »Okay.« Ich stand auf. »Dann haben wir das ja geklärt.«
    »Wenn du das Mädchen gefunden hast, lass es mich bitte wissen«, sagte Stürzenbecher, als ich zur Tür ging. »Ich würde gerne mit ihr reden.«
    »Mach ich«, versprach ich.
    Auf dem Rückweg kaufte ich Antipasti, ein Baguette und frische mit Spinat und Ricotta gefüllte Ravioli. Lena war in Sarahs Zimmer und antwortete durch die geschlossene Tür, als ich anklopfte.
    Zum Essen kam sie heraus. Mir fiel auf, dass sie die Tür hinter sich abschloss und den Schlüssel in die Tasche steckte. Ich erzählte von meinem Gespräch mit Hauptkommissar Stürzenbecher. Sie schien nichts anderes erwartet zu haben.
    »Sag ich doch: Wenn jemand wie Simon umkommt, interessiert das kein Schwein.«
    »Wer war Simon?«, fragte ich.
    Sie dachte nach. »Ein Ein-Mann-Raumschiff. Er hat sich selbst ins All geschossen, auf der Suche nach fremdem Leben.«
    »Und dann hat er Sie gefunden.«
    »Wir sind eine Weile zusammen geflogen. Wir waren beide einsam.«
    »Sie haben eine Familie«, warf ich ein. »Ihre Schwester und Ihr Vater lieben Sie.«
    »O ja«, sagte sie störrisch. »Die beiden lieben mich – oder das, was sie von mir halten.«
    »Wo liegt der Unterschied?«
    Sie stocherte in den Ravioli. »Ich habe keine Lust, über meine Familie zu reden.«
    »Okay. Reden wir über etwas anderes.«
    Sie schob den Teller zurück und gähnte demonstrativ. »Ich bin müde. Sie sind wirklich nett, aber ... Ich möchte mich wieder hinlegen.«
    Bevor ich später am Abend selbst ins Bett ging, presste ich ein Ohr gegen ihre Zimmertür. Ich hörte Geräusche, die ich mir nicht erklären konnte, etwas, was nach schaben oder streichen klang.
    Ich klopfte. »Lena? Alles in Ordnung?«
    »Mir geht es gut«, rief sie zurück. Dabei hörte sie sich überhaupt nicht müde an.

V

    Als ich am nächsten Morgen aufstand, war die Tür zu Sarahs Zimmer geöffnet. Auf der ordentlich gefalteten Bettdecke lag ein Zettel. Beeindruckender war allerdings das Fresko, das sich über zwei Quadratmeter an der gegenüberliegenden Wand ausbreitete, ein wilder Strahlenkranz aus gelblichen bis dunkelroten Farbspuren, die ein schwarzes Loch umkreisten, mit hellen, zum Teil goldenen Einsprengseln. Das Ganze sah aus wie die Explosion einer Supernova, ein Eindruck, der durch Stofffetzen und metallisch glänzende Teile verstärkt wurde, die den Trümmern eines durch die enorme Druckwelle zerplatzten Planeten glichen.
    Unter dem Bild hatte Lena Zeitungspapier ausgelegt, damit der Boden keine Flecken abbekam. Auf dem Papier standen Farbflaschen aus Plastik und ein Eimer voller Pinsel und Spachtel, die in einem Reinigungsmittel schwammen. Sorglosen Umgang mit Material und Werkzeug konnte man der Künstlerin nicht vorwerfen. Während ich im Polizeipräsidium gewesen war, musste sie die Zeit für einen Einkauf genutzt haben. Geld hatte sie ja genug.
    Ich fragte mich, was Sarah zu dem Bild sagen würde. Sie schlief noch mit einem Teddybär und ihre bevorzugte Wanddekoration waren Poster von Boygroup-Mitgliedern. Ihre Einstellung zu moderner Kunst war mir gänzlich unbekannt, falls sie überhaupt eine besaß. Daher befürchtete ich, dass sie von dem Fresko Albträume bekommen würde.
    Ich ging zum Bett und las, was auf dem Zettel stand: Vielen Dank für alles! CU. CU war, wie ich von Sarah wusste, eine unter Chattern übliche Abkürzung für See you oder Wir sehen uns.
    Das Telefon in meinem Büro klingelte. Ich rannte hin und hob ab.
    »Redest du nicht mehr mit mir?«, fragte Franka.
    »Wie kommst du darauf?«
    »Erst bestellst du meiner Sekretärin, dass ich dich zurückrufen soll, und dann gehst du den ganzen Tag nicht ans Telefon.«
    »Erinnerst du dich an das Porträt von Walter Egli, das in meinem Büro stand?«
    »Das diesem Schweizer Bankdirektor gehört?«
    »Seine Tochter hat das Bild gestohlen.« Ich erzählte ihr von Lenas Besuch und ihren Mordanschuldigungen.
    »Klingt nach Hirngespinsten eines durchgedrehten Mädchens«, sagte Franka kühl. »Ich glaube, sie braucht einen Therapeuten und keinen Detektiv.«
    »Kann schon sein«, erwiderte ich. »Aber ich fühle mich für sie verantwortlich. Sie war hier und ich habe sie gehen lassen.«
    »Das ist doch nicht deine Schuld.«
    »Ich hätte besser auf sie aufpassen sollen.«
    »Georg«, lachte Franka. »Seit wann spielst du den Schutzengel?«
    Vielleicht nahm ich die Sache wirklich zu

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