Wilsberg 15 - Wilsberg und die Malerin
vorbei ist, schicke ich ihm eine Rechnung.«
»O ja, Papa wird zahlen. Darin ist er Spitze.« Sie betrachtete die Innenseite der Tür. »Gibt es einen Schlüssel für das Zimmer?«
Angesichts dessen, was sie durchgemacht hatte, war es verständlich, dass sie sich einschließen wollte. Allerdings hatte ich die Schlüssel der Innentüren nie benutzt und es dauerte eine Weile, bis ich den richtigen gefunden hatte.
Anschließend half mir Lena, Sarahs Bett frisch zu beziehen. Dabei erklärte ich ihr, was ich vorhatte. Sie war zunächst nicht einverstanden, doch schließlich akzeptierte sie meinen Vorschlag.
Hauptkommissar Stürzenbecher saß in seinem Büro und telefonierte. Er winkte mich mit der freien Hand auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch und redete weiter: »Jeans und kariertes Hemd. Der Präsident hat die Kleidungsvorschrift ausgegeben. Du weißt doch, er ist ein Grüner. Es soll ein lockeres Beisammensein werden. Get together heißt das heutzutage.« Er lästerte noch über etliche Kollegen und Vorgesetzte, bis er endlich auflegte.
»Meine Frau«, wandte er sich erklärend an mich. »Wir gehen heute zu einem Treffen mit holländischen Kollegen.«
»Du bist dicker geworden«, sagte ich.
»Ich bereite mich auf die Pension vor. Außerdem hast du mich eine Zeit lang in Ruhe gelassen.«
»Es geht um den jungen Mann, der in einem Wohnwagen am Stadthafen zwei gestorben ist«, kam ich ohne Umschweife zur Sache.
»Was ist mit ihm?«
»Ich suche seine Freundin.«
»Warum?«
»Ihr Vater hat mich beauftragt«, log ich. »Sie ist Schweizerin und stammt aus gutem Haus.«
»Name?«
»Der ist mir gerade entfallen.«
Stürzenbecher grunzte. »Bist du dir denn bei der Nationalität sicher? Die anderen Bewohner des Camps haben ausgesagt, der Junge hätte mit einer Deutschen zusammengelebt. Ihr Akzent hätte doch auffallen müssen.«
»Junge Schweizer sind in der Lage, akzentfrei Hochdeutsch zu sprechen«, sagte ich weltläufig.
»Wilsberg«, lachte der Hauptkommissar, »wann hast du das letzte Mal die Grenzen des Münsterlandes überschritten?«
»Vor ...«, ich rechnete nach, »... genau vier Tagen.«
»Na schön.« Er beugte sich vor. »Wir suchen das Mädchen auch. Sie soll uns ein paar Fragen beantworten, damit wir den Fall abschließen können.«
»Woran ist der Junge gestorben?«, fragte ich.
»Warum willst du das wissen?«
»Du hilfst mir und ich helfe dir. Das ist die alte Vereinbarung.«
»Was machst du eigentlich, wenn ich in Pension gehe?«
»Dann flirte ich mit einer jungen, hübschen Hauptkommissarin.«
»Er ist an einer Überdosis gestorben.« Stürzenbecher griff nach einer Aktenmappe und schlug sie auf. »In seinem Blut wurden Amphetamin, Methamphetamin, Ephedrin und Methylendioxyamphetamin-Derivate festgestellt, auch bekannt als Speed und Ecstasy, in Konzentrationen von jeweils mehreren hundert Milligramm. Kurz gesagt: Er hat zu viel und zu viel auf einmal geschluckt. Zusammen mit der Hitze im Wohnwagen und mangelndem Wasserkonsum hat das zu einem Kreislaufkollaps mit letalem Ausgang geführt.«
»Könnte ihn jemand gezwungen haben, die Pillen zu schlucken?«
»Es deutet nichts auf Fremdverschulden hin.«
»Keine Kampfspuren? Hämatome am Körper?«
»Zeig mir einen Drogi, der keine Hämatome hat. Und das, was die Tanzen nennen, in den Clubs am Hawerkamp, das ist doch nur eine andere Form von Kampfsport. Da wird gerempelt und geboxt. Mit zugedröhntem Kopf fühlst du keinen Schmerz.«
»Ich habe gehört, im Wohnwagen sei einiges zu Bruch gegangen. Und er sei durchsucht worden.«
Stürzenbechers Augen verengten sich zu Schlitzen. »Woher beziehst du deine Informationen?«
»Ich habe mit den Bewohnern des Camps gesprochen.«
»Du verheimlichst mir doch was, Wilsberg.« Der Hauptkommissar faltete seine breiten Hände. »Nenn mir einen Grund, warum man den Jungen hätte umbringen sollen!«
»Den weiß ich nicht«, gab ich zu. »Es ist nur ein Verdacht.«
»Aha.« Er fixierte mich. »Und deshalb soll ich eine Mordkommission einberufen? Das wird der Staatsanwalt nicht genehmigen.«
»Ich sage ja nur, dass du dir die Leiche und die Spuren im Wohnwagen noch einmal genauer anschauen sollst.«
»Die Leiche des Jungen war in der Rechtsmedizin. Die Tatsache, dass im Wohnwagen einiges demoliert wurde, lässt sich mit seinem Todeskampf erklären. Und in einem aufgeräumten Zustand befand sich das Innere des Wohnwagens wahrscheinlich noch nie – wie soll ich da beurteilen, ob er durchsucht
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