Wilsberg 17 - Wilsberg und die dritte Generation
schon.«
»Er hat eine Tochter, genau wie ich. Und er machte sich Sorgen um seine Tochter. Ich konnte den Mann gut verstehen. Er hätte etwas Besseres verdient als eine Kugel in den Kopf.«
Imke schwieg. Dann sagte sie: »Na schön. Ich bringe Sarah selbst vorbei. Ich muss sowieso noch was in der Stadt erledigen.«
Die Zeit bis zum Eintreffen meiner Tochter nutzte ich, um die von der Durchsuchung ruinierte Wohnung halbwegs wieder in Ordnung zu bringen. Dabei fand ich auch den Autoschlüssel, der während meines Blackouts in der Mordnacht abhandengekommen war. Meine Kidnapper hatten ihn auf das Fensterbrett im Wohnzimmer gelegt.
Imke kam wie üblich eine Stunde zu spät. Sie blieb an der Tür stehen, während mir Sarah um den Hals fiel und einen Lippenstiftkuss auf die Wange schmatzte. »Mensch, Papa, du machst ja Sachen.«
Ihre Mutter begnügte sich mit einer etwas kühleren Begrüßung. »Ist die Bewachung da draußen für dich abgestellt?«
»Welche Bewachung?«
»Zwei Männer im Auto, schräg gegenüber vom Hauseingang.«
»Schon möglich.«
»Wenn du Sarah in irgendetwas hineinziehst …«
»Das werde ich schon nicht«, wurde ich laut. »Wolltest du nicht shoppen gehen?«
Als sich die Tür hinter Imke geschlossen hatte, runzelte Sarah ihre vierzehnjährige Stirn. »Müsst ihr immer streiten?«
»Ich streite nicht. Was kann ich dafür, wenn sich deine Mutter über jede Kleinigkeit aufregt?«
Sie zog eine Schnute. »So toll war das nun wirklich nicht.«
»Was?«
»Dass du in der Zeitung warst. In der Schule haben sie mich angeguckt, als hätte ich grüne Pickel. Glaubst du, es macht Spaß, die Tochter eines Mörders zu sein?«
»Eines Mordverdächtigen«, korrigierte ich sie. »Da macht unser Rechtsstaat einen kleinen Unterschied. Aber ich entschuldige mich trotzdem.«
»Etwas Gutes hatte es doch.« Sie grinste schon wieder. »Einem Jungen aus meiner Klasse, der mich ständig anbaggert, habe ich gesagt, wenn er mich nicht in Ruhe lässt, werde ich dich anrufen. Der hat sich so was von verpisst.«
»Themenwechsel«, sagte ich. »Hast du dir ein Freizeitprogramm für dieses Wochenende überlegt?«
»Nö. Hauptsache stressfrei. Mal in die City oder so.«
»Und dann?«
Sie hob die Schultern. »Weiß nicht. Ich muss auch noch Hausaufgaben machen.«
»Ich schlage vor, wir kochen heute Abend zusammen. Morgen machen wir dann eine Fahrradtour und anschließend gehen wir ins Kino.«
»Ins Kino?« Sie schaute mich entrüstet an. »Ich geh doch nicht mit dir ins Kino.«
»Warum nicht?«
»Wie sieht das denn aus? Du bist viel zu alt.«
»Und was hältst du von DVDs?«
»Darüber lässt sich reden.«
Auf dem Weg zum Supermarkt und Filmverleihstudio blieb der Wagen mit den beiden gelangweilt aussehenden Männern immer in unserer Nähe. Sarah fand das spannend und drehte sich dauernd um. »Ob die wohl denken, du stehst auf kleine Mädchen?«
»Wenn sie von der Polizei sind, wovon ich mal ausgehe, wissen sie, dass ich eine Tochter habe.«
Sie zeigte den beiden den Stinkefinger.
»Lass das!«, sagte ich. »Das könnte als Beamtenbeleidigung ausgelegt werden.«
Im Supermarkt kauften wir meine Wochenration an Aufschnitt sowie die Zutaten für mehrere Hühnchen- und Nudelgerichte, in Kombination mit Salaten, Obst, Joghurt und Schokoladenpudding. Schwieriger wurde die Auswahl im Filmverleihstudio. Schließlich einigten wir uns darauf, dass jeder einen Film aussuchen durfte. Sarah entschied sich für einen französischen Liebesfilm, ich für eine deutsche Komödie über ehemalige Terroristen, die in einer leer stehenden Villa eine Bombe vergessen hatten.
Nach dem Hühnchengericht, das Sarah fast ohne meine Hilfe in genießbarem Zustand auf die Teller gezaubert hatte, beschlossen wir, uns einen der beiden Filme zu genehmigen.
»Wieso hast du dich für den entschieden?«, fragte Sarah mit misstrauischem Blick auf meine Wahl.
»Weil er zu der Geschichte passt, mit der ich mich gerade beschäftige.«
»Diese Terroristenkacke?«
»So würde ich das nicht ausdrücken.«
»Okay, dann gucken wir heute deinen und morgen meinen.«
Obwohl Til Schweiger die Hauptrolle spielte, begann Sarah schon nach einer Viertelstunde zu gähnen. Allerdings sah Schweiger als übrig gebliebener Hausbesetzer im Zottelmantel auch ziemlich uncool aus. Und seine Revoluzzerattitüde war in etwa so überzeugend wie ein Armanianzugträger beim Spargelstechen.
Nach der Hälfte des Films verlor Sarah völlig das Interesse. »Warst
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