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Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern

Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern

Titel: Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Sie mir, was ich für Sie tun kann.»
    Mrs. Ruyslaender zögerte. Lord Peter war anders, als sie ihn sich vorgestellt hatte. Sie sah das glänzende, strohfarbene, über einer etwas fliehenden Stirn glatt zurückgekämmte Haar, die unschöne, dünne gebogene Nase und das etwas einfältige Lächeln, und ihr sank der Mut.
    «Ich – fürchte, es ist albern von mir, zu glauben, daß Sie mir helfen können», begann sie.
    «Ach ja, mein unseliges Äußeres, wie immer», stöhnte Lord Peter, der damit einen so erschreckenden Scharfblick verriet, daß sie sich nun erst doppelt unbehaglich fühlte. «Meinen Sie, es würde mehr Vertrauen erwecken, wenn ich mir die Haare schwarz färben und mir einen Kinnbart wachsen ließe? Sie können sich gar nicht vorstellen, wie mißlich es ist, immer so auszusehen, als ob man Algy hieße.»
    «Ich wollte damit nur sagen», beeilte sich Mrs. Ruyslaender, «daß ich nicht weiß, ob mir überhaupt jemand helfen kann.
    Aber ich habe Ihren Namen unten im Meldebuch gelesen, und da dachte ich, es könnte vielleicht eine kleine Chance bestehen.»
    Lord Peter füllte die Gläser und setzte sich.
    «Nur zu», sagte er munter. «Es klingt schon interessant.» Mrs. Ruyslaender faßte sich ein Herz.
    «Mein Mann», erklärte sie, «ist Henry Ruyslaender, der Diamantenhändler. Wir sind vor zehn Jahren aus Kimberley gekommen und haben uns in England niedergelassen. Er ist jedes Jahr ein paar Monate geschäftlich in Afrika, und ich erwarte ihn morgen früh mit der Zambesi zurück. Und nun ist mein Kummer folgender: Voriges Jahr hat er mir ein prächtiges Diamantkollier mit hundertfünfzehn Steinen geschenkt –» «Das Licht Afrikas – ich weiß», sagte Wimsey.
    Sie sah ihn leicht erstaunt an, bejahte aber. «Das Kollier wurde mir gestohlen, und ich kann nicht hoffen, den Verlust vor ihm zu verheimlichen. Eine Imitation würde ihn keine Sekunde täuschen.»
    Sie stockte, und Lord Peter half behutsam nach: «Ich nehme an, daß Sie zu mir gekommen sind, weil es kein Fall für die Polizei werden soll. Wollen Sie mir ganz offen sagen, warum?»
    «Die Polizei würde nichts nützen. Ich weiß, wer es hat.» «So?»
    «Es gibt da einen Mann, den wir beide oberflächlich kennen – einen gewissen Paul Melville.»
    Lord Peters Augen verengten sich. «Hm, ja, ich glaube ihn schon einmal in einem der Clubs gesehen zu haben. Reserveheer, hat sich dann aber ins Berufsheer übernehmen lassen.
    Dunkelhaarig, Angebertyp – ein bißchen wie eine Ampelopsis, wie?»
    «Ampelopsis?»
    «Eine Zierpflanze – Doldenrebe –, die sich an anderen hochrankt. Sie kennen das ja – erstes Jahr: zarte kleine Triebe – zweites Jahr: wunderbare Pracht – drittes Jahr: überwuchert alles. Nun sagen Sie schon, daß ich ungezogen bin.» Mrs. Ruyslaender kicherte. «Jetzt wo Sie es sagen, ja – er ist genau wie eine Ampelopsis. Es erleichtert schon ganz schön, ihn so zu sehen … Nun, er ist jedenfalls ein entfernter Verwandter meines Mannes. Eines Abends kam er zu Besuch, als ich allein war. Wir unterhielten uns über Juwelen, und ich holte meinen Schmuckkasten und zeigte ihm das Licht Afrikas. Er versteht eine Menge davon. Zwei- oder dreimal bin ich aus dem Zimmer gegangen, habe aber nicht daran gedacht, die Schatulle abzuschließen. Nachdem er gegangen war, wollte ich dann alles wieder wegräumen, und als ich den Schmuckkasten öffnete, in dem sich die Diamanten befanden – da waren sie fort!»
    «Hm – ganz schön unverfroren. Nun passen Sie mal auf, Mrs. Ruyslaender – Sie stimmen mir zu, daß er eine Ampelopsis ist, aber Sie wollen die Polizei nicht rufen. Nun sagen Sie einmal ehrlich – und verzeihen Sie mir, aber Sie wollen ja einen Rat von mir hören – ist er es eigentlich wert, daß Sie sich seinetwegen Gedanken machen?»
    «Das ist es ja nicht», antwortete die Frau in gedämpftem Ton. «O nein! Aber er hat noch etwas anderes mitgenommen. Er hat – ein Porträt mitgenommen – eine kleine, in Diamanten gefaßte Miniatur.»
    «Oh!»
    «Ja. Sie befand sich in einem Geheimfach des Schmuckkästchens. Ich habe keine Ahnung, woher er wußte, daß es dort war, aber die Schatulle war ein altes Stück aus der Familie meines Mannes, und ich nehme an, daß er über das Geheimfach Bescheid wußte und – nun ja, daß er es für lohnenswert hielt, einmal darin nachzusehen. Jedenfalls verschwand am selben Abend wie die Diamanten auch das Porträt, und er weiß, daß ich es nicht wagen würde, mir das Kollier zurückholen zu

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