Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern
Freddy Arbuthnot. «Herz. Wozu mußtest du ihm hier auch noch ein Zimmer besorgen? Dieser Club war immer ein hochanständiger Treff.»
«Zwei Treff?» fragte Sir Impey Biggs, der sich gerade einen Whisky bestellt und nur das letzte Wort mitbekommen hatte.
«Nein, nein, ein Herz.»
«Entschuldigung. Na, Partner, wie steht’s mit Pik? Ausgezeichnete Farbe.»
«Passe», sagte der Oberst. «Ich weiß nicht, was heutzutage aus der Armee geworden ist.»
«Sans Atout», sagte Wimsey. «Schon recht, Kinderchen, verlaßt euch auf Onkel Peter. Komm schon, Freddy, wie viele Herz willst du denn bieten?»
«Gar keine mehr, nachdem mich der Oberst so im Stich gelassen hat», sagte der Ehrenwerte Freddy.
«Angsthase. So, alle zufrieden? Dann los! Ihre Karten auf den Tisch, Partner. Oh, sehr hübsch. Dann machen wir diesmal einen Schlemm. Freut mich eigentlich, Ihre Meinung zu hören, Oberst, denn ich möchte, daß gerade Sie und Biggy heute abend noch hierbleiben und mit Melville und mir ein Spielchen machen.»
«Und was wird aus mir?» erkundigte sich der Ehrenwerte Freddy.
«Du hast eine Verabredung und gehst früh nach Hause, alter Freund. Ich habe Kamerad Melville eigens eingeladen, damit er den gefürchteten Oberst Marchbanks und unsern größten Strafjuristen kennenlernt. Aus welchem Blatt soll ich das eigentlich spielen? Ach so, ja. Nun los schon, Oberst – irgendwann müssen Sie ja mal mit diesem König herausrücken, warum also nicht gleich?»
«Ein Komplott», sagte Mr. Arbuthnot mit übertrieben geheimnisvoller Miene. «Nur zu, Leute, nehmt keine Rücksicht auf mich.»
«Ich nehme sicher an, daß Sie einen besonderen Grund haben, diesen Kerl zu hofieren», meinte Sir Impey.
«Der Rest gehört dann wohl mir. Hm, ja, den habe ich. Sie und der Oberst täten mir wirklich einen großen Gefallen, wenn Sie Melville heute abend mitmischen ließen.»
«Wenn Sie es wünschen», knurrte der Oberst. «Aber hoffentlich versucht der junge Naseweis kein Kapital aus der Bekanntschaft zu schlagen.»
«Dafür werde ich schon sorgen», sagte Seine Lordschaft.
«Deine Karten, Freddy. Wer hatte das Herz-As? Ach so, ich selbst. Wir spielen aus … Hallo! Guten Abend, Melville.»
Die Ampelopsis war ein auf seine Art recht gutaussehender Mann – groß und braungebrannt, mit blitzenden weißen Zähnen. Er begrüßte Wimsey und Arbuthnot herzlich, den Oberst ein wenig zu vertraulich, und zeigte sich hocherfreut, Sir Impey Biggs kennenzulernen.
«Sie kommen gerade recht, um Freddys Blatt zu übernehmen», sagte Wimsey. «Er muß nämlich fort. Aber ich warne Sie, er kriegt immer furchtbar schlechte Karten.»
«Na ja», meinte Freddy und erhob sich gehorsam. «Ich spiele dann wohl besser Mücke und schwirre ab. Gute Nacht allerseits.»
Melville nahm seinen Platz ein, und das Spiel ging noch zwei Stunden mit wechselndem Glück weiter, bis Oberst Marchbanks, der unter den redseligen Spieltheorien seines Partners sehr zu leiden hatte, sichtlich die Lust verlor.
Wimsey gähnte.
«Wird’s ein bißchen langweilig, Oberst? Ich wollte, die erfänden mal was, um dieses Spiel kurzweiliger zu gestalten.»
«Ach, Bridge ist sowieso nur was für Kinder», meinte Melville.
«Wollen wir nicht mal eine kleine Runde pokern, Oberst? Das macht Sie garantiert wieder munter. Was halten Sie davon, Biggs?»
Sir Impey, daran gewöhnt, einem Zeugen ins Herz zu sehen, warf Wimsey einen nachdenklichen Blick zu, dann antwortete er: «Einverstanden, wenn die andern es auch sind.»
«Prima Idee», sagte Lord Peter. «Kommen Sie, Oberst, seien Sie kein Spielverderber. Die Chips liegen da in der Schublade, glaube ich. Beim Pokern verliere ich zwar immer, aber was tut’s, solange es Spaß macht? Besorgen wir uns ein frisches Blatt.»
«Wird der Einsatz begrenzt?»
«Was meinen Sie, Oberst?»
Der Oberst schlug zwanzig Shilling vor. Melville erhöhte mit einer Grimasse auf ein Zehntel des Gesamteinsatzes. Die Erhöhung wurde akzeptiert. Die Karten wurden gemischt, und der Oberst gab aus.
Entgegen seiner Vorhersage gewann Wimsey am Anfang ganz beträchtlich und wurde darüber so albern und redselig, daß sogar der erfahrene Melville sich zu fragen begann, ob diese unbeschreibliche Einfältigkeit der Mantel der Dummheit oder die Maske des abgebrühten Pokerspielers war. Bald sah er sich jedoch beruhigt. Das Glück wechselte auf seine Seite, und er gewann mit der linken Hand stetig kleinere Summen von Sir Impey und Oberst Marchbanks, die vorsichtig
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