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Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern

Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern

Titel: Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Zivilisation sind. Sehen Sie, nicht hier, aber in Abbotts Bolton, gerade fünfzehn Meilen entfernt, darf man zum Beispiel keinen Hasen schießen, wenn einem sein Leben lieb ist. Hexen und so, wenn Sie verstehen.»
    «Es würde mich nicht wundern. In manchen Gegenden Deutschlands erzählen einem die Leute noch was von Werwölfen.»
    «Das glaube ich. So, da sind wir.» Mr. Frobisher-Pym klopfte mit seinem Spazierstock energisch an die Tür des Cottage und trat gleich darauf unaufgefordert ein.
    «Sind Sie da, Mrs. Plunkett? Dürfen wir reinkommen? Aha, guten Morgen. Wir stören hoffentlich nicht, aber Merridew sagt, daß es Plunkett nicht besonders geht. Das ist Lord Peter Wimsey – ein alter Freund von mir; das heißt, ich bin ein alter Freund von ihm. Ha-ha!»
    «Guten Morgen, Sir; guten Morgen, Mylord. Plunkett wird sich über Ihren Besuch sicher freuen. Treten Sie näher. Plunkett, Mr. Pym ist da und will dich besuchen.»
    Der ältere Mann, der vor dem Feuer kauerte, wandte ihnen ein todtrauriges Gesicht zu und tippte sich, halb im Aufstehen, kurz an die Stirn.
    «Na, Plunkett, was haben wir denn für Kummer?» erkundigte Mr. Frobisher-Pym sich in dem herzlich-herablassenden Ton, der dem Landadel am Krankenbett eines Abhängigen eigen ist.
    «Hab’s sehr bedauert, Sie nicht draußen zu sehen. Wieder mal das alte Leiden, was?»
    «Nein, Sir, nein. Danke, Sir. So fehlt mir eigentlich gar nichts. Aber ich hab eine Warnung bekommen und bin nicht mehr lange von dieser Welt.»
    «Nicht mehr lange von dieser Welt –? Unsinn, Plunkett! So dürfen Sie nicht reden. Ihnen hat nur etwas schwer im Magen gelegen, weiter wird’s nichts sein. Da fühlt man sich schon komisch, das weiß ich selbst. Ich kann Ihnen sagen, wenn ich eine von meinen Gallenkoliken habe, wird’s mir immer ganz anders. Versuchen Sie’s mal mit einem Löffel Rizinus oder so einer guten alten Quecksilberpille und einem Abführmittel. Etwas Besseres gibt es nicht. Und dann sagen Sie kein Wort mehr von Warnungen und von Sterben.»
    «Für meine Krankheit gibt es keine Medizin, Sir. Wer gesehen hat, was ich gesehen habe, Sir, der ist noch nie davongekommen. Aber wenn Sie und der andere Herr schon einmal hier sind, Sir, könnten Sie mir vielleicht einen Gefallen tun.» «Natürlich, Plunkett, was Sie wollen. Worum geht’s denn?»
    «Nur um mein Testament, Sir. Das hat ja sonst immer der alte Pfarrer aufgesetzt, aber der neue junge Herr mit seinen Kerzen und dem ganzen Zeug, der gefällt mir nicht. Da habe ich nicht das Gefühl, daß er es auch richtig gut und legal machen kann, Sir, und ich will doch nicht, daß es Streit gibt, wenn ich mal nicht mehr bin. Und wo mir nun nicht mehr viel Zeit bleibt, wär’s mir schon lieb, Sir, wenn Sie für mich mit Feder und Tinte schreiben könnten, daß ich meine ganze kleine Habe meiner Sarah hinterlassen will, und nach ihr soll es gerecht zwischen Alf und Elsie aufgeteilt werden.»
    «Natürlich mache ich das für Sie, Plunkett, jederzeit. Aber es ist blanker Unsinn, jetzt schon von Testamenten zu reden. Mein Gott, mich würd’s nicht wundern, wenn wir noch alle vor Ihnen unter die Erde kämen.»
    «O nein, Sir. Ich war immer ein kerngesunder Mensch, Sir, das will ich nicht leugnen. Aber ich bin gerufen worden, Sir, und nun muß ich gehen. Irgendwann sind wir ja alle mal dran, das weiß ich. Aber schrecklich ist es doch, wenn man die Todeskutsche sieht und weiß, daß sie nach einem geschickt worden ist und daß die Toten darin sind, die keine Ruhe in ihrem Grab finden.»
    «Nun machen Sie aber einen Punkt, Plunkett! Sie wollen mir doch nicht erzählen, daß Sie an diesen alten Unsinn von der Totenkutsche glauben. Ich hatte Sie für einen gebildeten Menschen gehalten. Was würde denn Alf dazu sagen, wenn er Sie solche Albernheiten von sich geben hörte?»
    «Ach, Sir, die jungen Leute wissen auch nicht immer alles, und es gibt mehr Dinge in Gottes Welt, als man in Büchern nachlesen kann.»
    «Na ja», meinte Mr. Frobisher-Pym, der diesem Stichwort nicht widerstehen konnte, «wir wissen, daß es mehr Dinge gibt im Himmel und auf Erden, als Eure Schulweisheit sich träumt, Horatio. Ganz recht. Aber das gilt heutzutage nicht mehr», fuhr er inkonsequenterweise fort. «Es gibt keine Geister mehr im zwanzigsten Jahrhundert. Denken Sie nur mal in aller Ruhe über die Geschichte nach, dann wird Ihnen schon aufgehen, daß Sie sich geirrt haben. Wahrscheinlich gibt es dafür eine ganz simple Erklärung. Mein Gott, ich

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