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Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern

Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern

Titel: Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Kummet und so weiter gesehen haben. Und wenn das Ding keinen Laut von sich gegeben hat, wie will er es dann überhaupt bemerkt haben, wo er doch schon an der Einmündung vorbei war und in die andere Richtung ging? Verlassen Sie sich darauf, er hat die Räder gehört und sich den Rest eingebildet.»
    «Sehr wahrscheinlich», sagte Wimsey.
    «Ich meine», sagte sein Gastgeber, «wenn diese Fuhre wirklich ohne Beleuchtung herumgefahren ist, sollte man sich natürlich darum kümmern. Das ist sehr gefährlich bei den vielen Autos, die heutzutage herumfahren, und ich habe da schon öfter einmal deutlich werden müssen. Erst vor kurzem habe ich genau deswegen einen Mann zu einer Geldstrafe verurteilt. Möchten Sie mal gern die Kirche sehen, wenn wir schon hier sind?»
    Lord Peter, der wußte, daß es in ländlichen Gemeinden immer als schicklich gilt, sich die Kirche anzusehen, legte eifriges Interesse an den Tag.
    «Sie steht heutzutage immer offen», sagte der Friedensrichter, indem er ihn zum Westportal führte. «Der Pfarrer ist nämlich der Ansicht, daß Kirchen immer für ein stilles Gebet offen zu sein haben. Natürlich, er kommt ja aus der Stadt. Hier sind die Leute immer draußen auf dem Feld, und man kann nicht von ihnen erwarten, daß sie in Arbeitskleidung und lehmigen Stiefeln in die Kirche kommen. Das würden sie für unschicklich halten, und sie haben ja auch anderes zu tun. Außerdem, habe ich zu ihm gesagt, stellen Sie sich doch mal vor, welche Möglichkeiten Sie da für ungehöriges Betragen geben. Aber er ist ein junger Mann und wird noch vieles aus Erfahrung lernen müssen.»
    Er stieß die Tür auf. Ein eigenartiger, stickiger Geruch nach kaltem Weihrauch, Feuchtigkeit und Ofenheizung schlug ihnen beim Eintreten entgegen – gewissermaßen ein konzentrierter Extrakt englischer Hochkirche. Die beiden Altäre, blumengeschmückt und vergoldet, nahmen sich zwischen den dunklen Schatten und der bedrückenden Architektur des kleinen normannischen Bauwerks wie zwei grelle Flecke aus und zeugten von derselben Widersprüchlichkeit: Das Warme und Menschliche wirkte hier exotisch und fremd, das Kalte und Abweisende hingegen dem Ort und den Menschen angemessen.
    «Hier im Südschiff die Jungfrauenkapelle, wie Hancock sie nennt, ist natürlich neu», sagte Mr. Frobisher-Pym. «Es hat einige Opposition dagegen gegeben, aber der Bischof übt Nachsicht gegenüber der Hochkirchenpartei – zu große Nachsicht, wie manche finden. Aber was spielt es letzten Endes schon für eine Rolle? Ich für meinen Teil kann bei zwei Kommuniontischen genausogut beten wie bei einem. Und Hancock versteht sich sehr gut auf den Umgang mit den jungen Burschen und Mädchen, das muß ich ihm lassen. Die Jugend im Motorradzeitalter noch für die Religion zu interessieren, ist immerhin einiges. Diese Gerüstböcke in der Kapelle sind wohl für Burdocks Sarg gedacht. Ah, und da ist der Herr Pfarrer!»
    Ein magerer Mann im Priesterrock war aus einer Tür neben dem Hochaltar getreten und kam auf sie zu, in der Hand einen großen eichenen Kerzenständer. Er begrüßte sie mit einem etwas zu routinierten Willkommenslächeln. Wimsey schätzte ihn sofort als ernsten, unruhigen und nicht allzu intelligenten Menschen ein.
    «Die Kerzenständer sind gerade erst gekommen», bemerkte er nach den üblichen Vorstellungsfloskeln. «Ich hatte schon Angst, sie würden nicht mehr rechtzeitig eintreffen. Aber nun ist ja alles gut.»
    Er stellte den Kerzenständer neben das Gerüst und ging sogleich daran, den messingnen Dorn mit einer langen Kerze aus ungebleichtem Wachs zu schmücken, die er einem Päckchen auf der nächststehenden Kirchenbank entnahm.
    Mr. Frobisher-Pym sagte nichts. Wimsey fühlte sich seinerseits verpflichtet, Interesse zu zeigen, und tat dies.
    «Es ist wirklich sehr schön», sagte Mr. Hancock, dergestalt ermutigt, «zu sehen, wie die Menschen wieder ein echtes Interesse für die Kirche zu entwickeln beginnen. Ich hatte wirklich fast gar keine Schwierigkeiten, Gebetswachen für die kommende Nacht zu finden. Wir haben insgesamt acht, die sich immer zu zweit abwechseln, und zwar ab heute abend um zehn – bis dahin bin ich selbst an der Reihe – bis morgen früh um sechs, wenn ich komme, um die Messe zu lesen. Die Männer sind bis zwei Uhr dran, dann werden meine Frau und Tochter sie ablösen, und von vier bis sechs übernehmen dann freundlicherweise Mr. Hubbard und der junge Rawlinson.»
    «Welcher Rawlinson ist das?» erkundigte sich Mr.

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