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Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern

Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern

Titel: Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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den Postboten zu Tode erschreckt, als ich ihn fragte, wie es seiner Freundin in Croydon geht. Er ist nämlich verheiratet und wohnt in der Great Ormond Street.»
    «Woher wußten Sie denn davon?»
    «Von Wissen kann eigentlich keine Rede sein. Aber er wohnt einem Freund von mir gegenüber – Inspektor Parker; und seine Frau – nicht Parkers Frau, der ist nämlich nicht verheiratet, sondern die Frau des Postboten – hat Parker neulich gefragt, ob die Flugvorführungen in Croydon eigentlich immer die ganze Nacht durchgehen. Parker war ein bißchen perplex und hat ohne zu überlegen nein gesagt. Kleiner Lapsus, nicht? Da hab ich mir gedacht, ich lasse dem armen Teufel rechtzeitig eine Warnung zukommen. Sehr gedankenlos von Parker.»
    Der Doktor lachte. «Sie bleiben doch zum Essen hier, ja?»
    fragte er. «Leider gibt’s nur kalten Braten und Salat. Meine Zugehfrau kommt sonntags nicht. Da muß ich dann auch selbst die Tür öffnen. Leider nicht sehr standesgemäß, muß ich sagen, aber da kann man nichts machen.»
    «Gern», sagte Wimsey, während sie das Laboratorium verließen und durch einen Hintereingang in die dunkle kleine Wohnung traten. «Haben Sie das hier selbst angebaut?» «Nein», antwortete Hartman. «Das war mein Vormieter. Er war Maler. Deswegen habe ich die Wohnung ja auch genommen. Bei aller Behelfsmäßigkeit ist das doch hier sehr praktisch für mich, obwohl man an einem heißen Tag wie heute unter diesem Glasdach ganz schön ins Schwitzen kommt.
    Aber ich brauchte nun mal etwas Ebenerdiges, das außerdem erschwinglich war, und es genügt mir, bis bessere Zeiten kommen.»
    «Bis Ihre Experimente mit Vitaminen Sie berühmt gemacht haben, wie?» meinte Peter gutgelaunt. «Sie sind nämlich der kommende Mann, das spüre ich in den Knochen. Jedenfalls haben Sie hier eine ungemein hübsche kleine Küche.» «Sie geht», sagte der Arzt. «Das Labor macht sie ein bißchen düster, aber die Zugehfrau ist ja nur tagsüber hier drin.» Er führte den Gast in ein schmales kleines Eßzimmer, wo der Tisch für einen kalten Mittagsimbiß gedeckt war. Durch das einzige Fenster in der Wand, die der Küche gegenüberlag, sah man auf die Great James Street hinaus. Das Eßzimmer war eigentlich mehr ein Flur mit seinen vielen Türen – der Küchentür, einer Tür in der angrenzenden Wand zur Diele und einer dritten Tür gegenüber, durch die der Besucher einen kurzen Blick in ein Konsultationszimmer mäßiger Größe tun konnte.
    Lord Peter Wimsey und sein Gastgeber setzten sich zu Tisch, und der Arzt äußerte die Hoffnung, Mr. Bunter werde ihnen beim Essen Gesellschaft leisten, doch dieses Ansinnen wies der korrekte Diener weit von sich. «Wenn ich von mir aus einen Wunsch äußern dürfte, Sir», sagte er, «würde ich es vorziehen, Ihnen und Seiner Lordschaft in gewohnter Weise aufzuwarten.»
    «Zwecklos», sagte Wimsey. «Bunter möchte, daß ich meinen Platz kenne. Ein regelrechter Tyrann. Ich kann meine Seele nicht mehr mein eigen nennen. Nur zu, Bunter; wir wollen uns um alles in der Welt nichts anmaßen.»
    Mr. Bunter verteilte den Salat und goß das Wasser mit einer Feierlichkeit ein, die einem uralten Portwein angestanden hätte. Es war ein Sonntagnachmittag im friedvollen Sommer des Jahres 1921. Die schmutzige kleine Straße war nahezu menschenleer. Nur der Eismann schien alle Hände voll zu tun zu haben. Wenn sein blühendes Geschäft ihm gerade einmal etwas Ruhe ließ, lehnte er sich genüßlich an den grünen Laternenpfahl an der Straßenecke. Von der kraftstrotzenden und sonst so stimmgewaltigen Kinderschar von Bloomsbury war heute nichts zu sehen und zu hören; wahrscheinlich saßen sie alle daheim bei Tisch und verzehrten ihr dampfendes, den tropischen Temperaturen höchst unangemessenes Sonntagsmahl.
    Die einzigen störenden Geräusche kamen aus der Wohnung über ihnen, wo man schwere Schritte eilig hin und her gehen hörte.
    «Wer ist denn das fidele Kerlchen über uns?» erkundigte Lord Peter sich nach einer kleinen Weile. «Kein Frühaufsteher, nehme ich an. Das ist natürlich sonntags morgens sowieso keiner. Ich begreife auch wirklich nicht, was der unergründlichen Vorsehung einfällt, armen Stadtmenschen so einen Tag aufzuerlegen. Ich selbst gehörte jetzt eigentlich auch aufs Land, aber ich muß heute nachmittag einen Freund am Victoria-Bahnhof abholen. An so einem Tag aber auch … Und wer ist die Dame?
    Ehefrau oder vollendete Freundin? So oder so scheint sie die geziemend demütige

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