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Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern

Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern

Titel: Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Juli. Haben Sie was dagegen, wenn ich ihn ausschalte? Es ist ein Hühnchen darin, aber ich glaube kaum, daß Sie –»
    Brotherton stöhnte auf, und der Konstabler sagte: «Ganz recht, Sir. Nach so einer Geschichte steht einem Mann wohl kaum noch der Sinn nach Essen. Danke, Sir. Also, Doktor, was meinen Sie, um was für eine Art von Waffe es sich handelte?»
    «Es war eine lange, schmale Waffe – etwa in der Art eines italienischen Stiletts, stelle ich mir vor», sagte der Arzt, «ungefähr fünfzehn Zentimeter lang. Sie wurde mit großer Kraft unter die fünfte Rippe gestoßen, und ich würde sagen, sie hat das Herz genau in der Mitte durchbohrt. Wie Sie sehen, ist fast kein Blut da. So eine Wunde führt augenblicklich den Tod herbei. Lag sie, als Sie hinzukamen, schon genauso da wie jetzt, Mr. Brotherton?»
    «Auf dem Rücken, genau wie jetzt», antwortete der Ehemann.
    «Nun, der Fall scheint völlig klar zu sein», sagte der Polizist.
    «Dieser Marinetti oder wie er heißt, hatte etwas gegen die arme junge Frau –»
    «Ich glaube, er war ihr Verehrer», warf der Doktor ein.
    «Mag schon sein», stimmte der Konstabler ihm zu. «Natürlich, diese Ausländer sind nun mal so – auch die nettesten. Messerstechereien und dergleichen scheinen ihnen sozusagen im Blut zu liegen. Na ja, und dieser Marinetti klettert also hier rein, sieht die arme junge Frau ganz allein am Tisch stehen und das Essen zubereiten, schleicht sich von hinten an, packt sie um die Hüften und ersticht sie – ging ganz leicht; kein Korsett und so –, sie schreit auf, er zieht das Stilett wieder raus und haut ab. Na ja, wir müssen ihn jedenfalls finden, und wenn Sie gestatten, Sir, mache ich mich jetzt auf den Weg. Es kann nicht lange dauern, bis wir ihn haben, Sir. Ich muß hier aber jemanden herschicken, Sir, um die Leute abzuhalten, aber das braucht Sie nicht zu stören. Guten Morgen, meine Herren.»
    «Dürfen wir die arme Frau jetzt woandershin legen?» fragte der Arzt.
    «Natürlich. Soll ich Ihnen helfen, Sir?»
    «Nein. Verlieren Sie keine Zeit. Wir schaffen das schon.» Dr. Hartman wandte sich an Peter, als der Konstabler schweren Schrittes die Treppe hinunterging. «Können Sie mir helfen, Lord Peter?»
    «Bunter versteht sich besser auf so etwas», antwortete Wimsey mit zusammengekniffenen Lippen.
    Der Arzt sah ihn ein wenig verwundert an, sagte aber nichts, und dann trugen er und Bunter die leblose Gestalt fort. Brotherton folgte ihnen nicht. Er saß da wie ein Häufchen Elend, den Kopf in den Händen vergraben. Lord Peter ging in der Küche umher, drehte die verschiedenen Messer und Küchenutensilien hin und her, sah in den Abfalleimer und schien unter Brot, Butter, Gewürzen, Gemüsen und allem, was in Vorbereitung des Sonntagsessens so herumlag, Inventur zu machen. Im Spülstein lagen halbgeschälte Kartoffeln, rührende Zeugen der so grauenhaft gestörten stillen Häuslichkeit. Das Sieb war mit grünen Erbsen gefüllt. Lord Peter stocherte mit neugierigem Finger in all diesen Sachen herum, starrte auf die glatte Oberfläche einer Schüssel Bratfett, als ob sie eine Wahrsagerkugel wäre, fuhr mit der Hand mehrmals durch eine Schüssel Mehl – dann nahm er seine Pfeife aus der Tasche und stopfte sie langsam.
    Der Arzt kam zurück und legte die Hand auf Brothertons Schulter.
    «Kommen Sie», sagte er freundlich, «wir haben sie in das andere Zimmer gelegt. Sie sieht sehr friedvoll aus. Sie müssen sich daran trösten, daß sie bis auf den kurzen Augenblick, als sie das Messer sah, nicht gelitten hat. Es ist schrecklich für Sie, aber Sie müssen versuchen, sich jetzt nicht hängenzulassen. Die Polizei –»
    «Die Polizei kann sie auch nicht wieder lebendig machen!» versetzte der Mann heftig. «Sie ist tot. Lassen Sie mich allein, verdammt noch mal! Lassen Sie mich in Ruhe, sage ich!»
    Er stand mit einer wütenden Gebärde auf.
    «Sie dürfen hier nicht so herumsitzen», sagte Hartman bestimmt. «Ich gebe Ihnen etwas zum Einnehmen, und Sie müssen versuchen, ruhig zu bleiben. Dann lassen wir Sie allein, aber solange Sie sich nicht in der Gewalt haben –»
    Nach weiterem Zureden ließ Brotherton sich schließlich hinausführen.
    «Bunter», sagte Lord Peter, als die Küchentür hinter ihnen zu war, «wissen Sie, warum ich am Erfolg dieser Rattenversuche zweifle?»
    «Meinen Sie die von Dr. Hartman, Mylord?»
    «Ja. Dr. Hartman hat eine Theorie. Bei allen Untersuchungen, mein lieber Bunter, ist es verflixt gefährlich, eine

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