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Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern

Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern

Titel: Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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gesehen – ich weiß, daß ich ihn gesehen habe. Es wird mir auch gleich wieder einfallen. Lassen Sie Brotherton inzwischen nicht –»
    «Was?»
    «Das tun, was er vorhat.»
    «Aber was ist das?»
    «Wenn ich das wüßte, könnte ich Ihnen auch den Hinweis zeigen. Warum konnte er sich zuerst gar nicht entscheiden, ob die Schlafzimmertür nun auf oder zu war? Sehr gute Geschichte, aber nicht ganz durchdacht. Jedenfalls – hören Sie, Doktor, finden Sie irgendeinen Vorwand, ihn seine Sachen ausziehen zu lassen, und bringen Sie mir die. Und schicken Sie Bunter zu mir.»
    Der Arzt sah ihn verständnislos an. Dann ging er mit einer Geste des Sichfügens ins Schlafzimmer. Lord Peter folgte ihm und sah Brotherton im Gehen nachdenklich lange an. Schließlich im Wohnzimmer angekommen, setzte er sich auf einen rotsamtenen Sessel, richtete den Blick auf einen goldgerahmten Öldruck und versank ins Grübeln.
    Bald darauf kam Bunter herein, die Arme voller Kleidungsstücke, die Wimsey nahm und sehr methodisch, wenn auch lustlos, zu durchsuchen begann. Plötzlich ließ er die Sachen einfach fallen und wandte sich an seinen Diener.
    «Nein», sagte er. «Das war auch nur eine Vorsichtsmaßnahme, mein lieber Bunter, aber ich bin auf dem falschen Gleis. Es war nicht hier, wo ich das – nun ja, was ich eben gesehen habe. Es war in der Küche. Aber was war’s bloß?»
    «Ich wüßte es auch nicht zu sagen, Mylord, aber ich bin überzeugt, daß auch ich mir sozusagen einer Unstimmigkeit bewußt war – nicht bewußt bewußt, Mylord, wenn Sie mich verstehen, aber doch irgendwie bewußt.»
    «Hurra!» rief Wimsey plötzlich. «Ein Hoch auf dieses unterbewußte Dingsda! Also, vergegenwärtigen wir uns die Küche. Ich bin da herausgekommen, weil sich mir alles im Kopf zu drehen anfing. So. Beginnen wir an der Tür. Bratpfannen und Töpfe an der Wand. Gasherd – Backofen an – Hühnchen darin. Halter mit Holzlöffeln an der Wand, Gasanzünder, Topflappen. Sagen Sie ‹warm›, wenn ich der Sache nahekomme. Kaminsims: Gewürzdosen und sonstiger Kram. Irgendwas daran nicht in Ordnung? Nein. Anrichte: Teller, Messer und Gabeln – alle sauber. Mehlstreuer – Milchkrug – Sieb an der Wand – Muskatnußreibe. Dreistöckiger Dampftopf. Hab hineingesehen – keine grausigen Geheimnisse darin.»
    «Haben Sie auch in alle Schubladen der Anrichte geschaut, Mylord?»
    «Nein. Das könnte man noch tun. Aber die Sache ist einfach, da ß mir etwas aufgefallen ist. Was ist mir aufgefallen? Das ist die Frage. Na ja. Weiter im Text – der Freude soll kein Ende sein! Messerbrett. Messerpulver. Küchentisch. Sagten Sie was?»
    «Nein», sagte Bunter, der seine hölzerne Untertänigkeit ein wenig abgestreift hatte.
    «Bei dem Wort ‹Tisch› schwingt eine Saite. Sehr gut. Auf dem Tisch: Hackbrett; Reste der Schinken- und Kräuterfüllung; ein Päckchen Schmalz; noch ein Sieb; mehrere Teller; Butter in einer Glasschale; Schüssel mit Bratfett –»
    «Ah!»
    «Bratfett -! Ja, da war –»
    «Irgend etwas Unbefriedigendes, Mylord –»
    «Etwas mit dem Bratfett! O mein Kopf! Wie heißt das noch in Lieber Brutus, Bunter? ‹Halt dich an den Werkkasten.› Richtig. Halten wir uns an das Bratfett. Ekelhaft glitschiges Zeug – kann man sich schlecht dran halten – Moment!» Eine Pause trat ein.
    «Als kleiner Junge», sagte Wimsey, «bin ich immer so gern in die Küche hinuntergegangen und habe mich mit der alten Köchin unterhalten. Ach, war das eine gute alte Seele! Ich sehe sie jetzt noch vor mir, wenn sie ein Hühnchen fertig machte, während ich mit herunterbaumelnden Beinen auf dem Tisch saß. Sie hat die Hühnchen noch immer selbst gerupft und ausgenommen. Das war für mich ein Fest. Kleine Jungen sind schon eine Plage, nicht wahr, Bunter? Rupfen, ausnehmen, waschen, füllen, das Sterzchen durch das Dingsda ziehen, feststecken, Bratschüssel einfetten – Bunter!»
    «Mylord?»
    «Halte dich an das Bratfett!»
    «Die Schüssel, Mylord –»
    «Die Schüssel – stellen Sie sich die Schüssel vor –, was stimmte damit nicht?»
    «Sie war voll, Mylord.»
    «Ich hab’s – ich hab’s – ich hab ’s ! Die Schüssel war voll – glatte Oberfläche. Himmel! Ich wußte doch, daß da etwas komisch war. Und warum sollte sie nicht voll gewesen sein? Halte dich an –»
    «Das Hühnchen war in der Backröhre.»
    «Ohne Bratfett!»
    «Sehr schlampige Kocherei, Mylord.»
    «Das Hühnchen – in der Bratröhre – und ohne Fett. Bunter! Nehmen wir mal an,

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