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Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten

Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten

Titel: Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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unten auf der Sohle, nur um zu zeigen, daß er’s kann. Ach was –» Er schüttete etwas Bier auf die Theke und wischte die ganze Galerie mit einem zerlumpten Ärmel weg. «Die ganze Bande hat nur eines gemeinsam, und das ist es, was mir fehlt – ihre Einseitigkeit, dem Himmel sei’s geklagt. Ihnen ist alles vollkommen ernst, mir nicht – das ist der Unterschied. Ich sag Ihnen mal was, Wimsey: Die Hälfte von allen Porträts, für die ich von den Leuten Geld kriege, sind Karikaturen – nur merken’s die Idioten nicht. Wenn sie’s wüßten, würden sie eher sterben als mir einen Scheck ausschreiben.»
    Wimsey lachte. Wenn Graham auf Zeitgewinn spielte, spielte er gut. Wenn er den Verdacht von seiner gefährlichen Imitationsgabe ablenken wollte, wie hätte er das besser tun können als durch diese unbekümmerte Offenheit? Und seine Erklärung war durchaus plausibel – warum hätte Campbell nicht ihm oder irgend jemand anderem sagen sollen, wohin er gehen wollte?
    Der Konstabler verriet Ungeduld.
    «Im Zuge der Ermittlungen …» druckste er.
    «Puh!» stöhnte Graham. «Der Kerl muß eine Bulldogge im Stammbaum haben.»
    «Offenbar», sagte Wimsey. «Wie St. Gengulphus, bei dem sie auch immer riefen: ‹Herrjäh, wie zäh!› Hilft alles nichts, mein Alter. Der Mann will seine Antwort haben.»
    «Der Ärmste», sagte Graham. «Entbehrung sei sein Meister, wie die Kindermädchen in der guten alten Zeit vor Montessori immer sagten. Ich war nicht am Minnoch. Aber wo ich war, ist meine Angelegenheit.»
    «Also, Sir», meinte der Konstabler verlegen. Zwischen Gesetzen, Dienstvorschriften, seiner persönlichen Abneigung, von Mr. Graham schlecht zu denken, und seinem Wunsch, einen großen Coup zu landen, sah er sich in einer immer schwierigeren Position.
    «Lauf zu, Jungchen», sagte Graham freundlich. «Du verschwendest nur deine Zeit. Mich braucht einer doch nur anzusehen, um zu wissen, daß ich keiner Fliege was zuleide tun kann. Während wir uns hier beim Bier kleine Nettigkeiten an den Kopf werfen, verschwindet der Mörder über alle Berge.»
    «Ich muß also daraus schließen», sagte der Konstabler, «daß Sie sich strrrikt weigern, auszusagen, wo Sie letzten Montag abend waren, Sir?»
    «Endlich hat er’s begriffen!» rief Graham. «Sie sehen, Wimsey, wir kapieren hierzulande langsam, aber sicher. Ganz rrrecht, ich weigere mich strrrikt, kategorisch, rundum und in toto . Schreiben Sie sich das auf, mein Junge, falls Sie’s vergessen.»
    Dies tat der Konstabler, umständlich und ernst.
    «Ach ja», seufzte er. «Das muß ich natürlich nach oben melden.»
    «Recht so», sagte Graham. «Dann werde ich mit denen da oben mal ein Wörtchen reden.»
    Der Konstabler schüttelte verständnislos den Kopf und entfernte sich langsam und widerstrebend.
    «Armer Teufel», meinte Graham. «Man sollte sich was schämen, ihn so aufzuziehen. Noch ein Bier, Wimsey?»
    Wimsey lehnte ab, und Graham brach mit den Worten, er müsse in seinem Atelier noch was erledigen, ziemlich abrupt auf.
    Der Wirt des Anwoth Hotel blickte ihm lange nach.
    «Was steckt denn da nur hinter?» fragte Wimsey obenhin.
    «Och, wahrscheinlich irgend so ’ne Geschichte», antwortete der Wirt. «Graham ist nun mal ein vollkommener Gentleman und sehr beliebt bei den Damen.»
    «Richtig», sagte Wimsey. «Da fällt mir ein, Rob, ich hab einen neuen Limerick für Sie.»
    «Ach, wirklich?» meinte der Wirt und schloß vorsichtig die Tür zwischen Restaurant und Bar.
    Nachdem Wimsey seinen Limerick losgeworden war und sich verabschiedet hatte, richtete er seinen Sinn wieder auf den Ernst des Lebens.
    Mrs. Green, Campbells Zugehfrau, wohnte nicht weit in einem kleinen Cottage. Sie backte gerade Haferküchlein, als Wimsey kam, doch nachdem sie das Mehl von den Händen gestaubt und die Küchlein auf dem Backblech deponiert hatte, war sie gern bereit, über den plötzlichen Tod ihres Schützlings zu sprechen.
    Sie sprach ein breites Schottisch und war von erregbarer Natur, doch wenn Wimsey seine Fragen zwei- und dreimal stellte, verstand er nach und nach ihre Antworten.
    «Hat Mr. Campbell noch gefrühstückt, bevor er Dienstag früh aufbrach?»
    Ja, das habe er. Auf dem Tisch hätten noch die Reste von seinem Speck und Ei sowie die Teekanne und eine benutzte Tasse gestanden. Außerdem habe gegenüber dem Abend zuvor etwas Brot und Butter gefehlt, und vom Schinken seien ein paar Scheiben abgeschnitten gewesen.
    «War das Mr. Campbells übliches

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