Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten
nicht wahr, Margaret? Wir waren seit gestern früh in Glasgow. Es ist doch am Dienstag passiert, nicht wahr?»
«Scheint so», sagte Wimsey. «Aber sicherheitshalber wird auch noch nachgeprüft, wo sich alle Welt seit Montag abend aufgehalten hat.»
«Wer ist ‹alle Welt›?»
«Nun – Leute, die Campbell sehr gut gekannt haben und so weiter.»
«Aha. Nun, Sie wissen ja, daß wir am Montagabend hier waren, denn wir haben Ihnen noch gute Nacht gesagt, als Sie heimkamen, und gestern früh sind wir um Viertel vor neun mit dem Zug fortgefahren und haben jede Menge Zeugen dafür, daß wir seitdem bis jetzt in Glasgow waren. Wir dürften also schon einmal ausscheiden. Außerdem wären schon kräftigere Leute als Mary und ich vonnöten gewesen, um mit Mr. Campbell fertig zu werden. Wie gut, zu wissen, daß wir nicht als Verdächtige in Frage kommen!»
«Richtig – Sie beide und Mr. Waters sind wahrscheinlich fein heraus.»
«Ach! Wo war denn Mr. Waters?»
«War er nicht mit Ihnen zusammen?»
«Mit uns?»
Sie sahen einander groß an. Wimsey entschuldigte sich.
«Verzeihung – aber Mrs. Dingsda, seine Zimmerwirtin – wie heißt sie noch gleich? –, hat mir gesagt, Waters sei mit Ihnen nach Glasgow gefahren.»
«Das muß sie in den falschen Hals gekriegt haben. Er hat am Sonntagabend bei Bob Anderson gesagt, daß er vielleicht mitfährt, aber als er nicht da war, haben wir angenommen, daß er sich’s anders überlegt hat. Eigentlich haben wir auch gar nicht mit ihm gerechnet, nicht wahr, Mary?»
«Nein. Aber ist er denn nicht hier, Lord Peter?»
«Eben nicht – das ist es ja!» rief Lord Peter entgeistert.
«Nun ja, er wird schon irgendwo sein», versuchte Miss Cochran zu trösten.
«Natürlich», sagte Wimsey, «aber fest steht nun einmal, daß er gestern früh um halb neun fortgegangen ist und gesagt hat, er wolle nach Glasgow. Oder zumindest hat er diesen Eindruck hinterlassen.»
«Also zum Bahnhof ist er jedenfalls nicht gekommen», stellte Miss Selby entschieden fest. «Und auf der Ausstellung war er, soweit ich sehen konnte, an beiden Tagen auch nicht. Aber vielleicht hat er einfach was Besseres zu tun gehabt.»
Wimsey kratzte sich am Kopf.
«Ich muß wohl noch einmal mit dieser Frau reden», sagte er.
«Da muß ich etwas mißverstanden haben. Aber sehr sonderbar ist das schon. Warum soll er so früh aufgestanden und fortgegangen sein, wenn er nicht nach Glasgow wollte? Besonders –»
«Besonders was?» fragte Miss Cochran.
«Nun ja, ich hätte das jedenfalls nicht erwartet», sagte Wimsey.
«Er war am Abend zuvor ein bißchen benebelt, und Waters kriegt man ja normalerweise schon nur mit Gewalt aus dem Bett. Das ist gar nicht schön. Aber bevor er wieder auftaucht, können wir nicht viel tun.»
«Wir?» fragte Miss Selby.
«Ich meine die Polizei», sagte Wimsey und wurde ein wenig rot.
«Und vermutlich helfen Sie der Polizei», meinte Miss Cochran.
«Ich hatte Ihren Ruf als Sherlock Holmes schon ganz vergessen. Tut mir leid, daß wir anscheinend nicht weiterhelfen können. Am besten fragen Sie mal Mr. Ferguson. Vielleicht ist er Mr. Waters irgendwo in Glasgow begegnet.».
«Ach, Ferguson war also da?»
Wimsey hatte die Frage achtlos hingeworfen, aber nicht achtlos genug, um Miss Cochran zu täuschen. Sie warf ihm einen verschmitzten Blick zu.
«Ja, der war da. Ich glaube, ich kann Ihnen sogar die genaue Uhrzeit sagen, wann wir ihn gesehen haben.» (Je mehr Miss Cochran sich jetzt hineinsteigerte, desto schottischer wurde ihr Akzent. Sie pflanzte die stämmigen Beine fest auf den Boden und beugte sich vor, die Hände auf die Knie gestützt wie ein streitbarer Arbeiter in der Straßenbahn.) «Dieser Zug von uns ist um 14 Uhr 16 angekommen – ein schlechter Zug, hält an jedem Bahnhof, und wir hätten besser den um 13 Uhr 46 in Dumfries genommen, aber wir wollten ja noch Margarets Schwester Kathleen und ihren Mann treffen, und die wollten mit dem Vier-Uhr-Zug nach England fahren. Sie haben uns am Bahnhof abgeholt, und dann sind wir ins Hotel gegangen und haben eine Kleinigkeit zu Mittag gegessen, denn wir hatten seit acht Uhr früh nichts mehr gehabt – in diesem Zug kriegt man ja nichts –, und schließlich konnten wir uns im Hotel genausogut unterhalten wie anderswo. Um vier haben wir sie dann zum Zug gebracht, und dann haben wir noch ein bißchen hin und her überlegt, ob wir gleich zu meiner Kusine gehen sollten, bei der wir wohnen würden, oder ob wir uns zuerst mal die
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