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Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Titel: Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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durchsetzen. Jedenfalls weiß ich, daß Sie mit mir alles machen könnten.«
    »So dürfen Sie nicht reden.«
    »Darf ich nicht? Ich muß aber einfach. Sie haben so etwas an sich – ach, Sie wissen schon, wie?«
    Harriet hätte etwas darum gegeben, wenn er nicht immerzu »wie« gesagt hätte. Und ihr mißfielen seine dröhnende Stimme, seine grobe Haut und die kleinen Haarbüschel in seinen Ohren.
    »Fahren Sie doch bitte nicht so mit einer Hand – wenn da plötzlich mal was käme!«
    Henry lachte und tätschelte ihr wieder das Bein.
    »Ach, da machen Sie sich mal keine Gedanken. Ich passe schon gut auf Sie auf, und Sie passen gut auf mich auf, wie? Eine Hand wäscht die andere – so ganz unter uns, wie?«
    »O ja, natürlich.«
    »Prima. Und wenn diese ganze dämliche Geschichte erst vorbei ist, müssen Sie mal kommen und Mutter und mich besuchen. Sie haben es ihr schwer angetan. Sagen Sie ihr, Sie wollen gleich mit ihr mitkommen zu mir. Da würde es Ihnen gefallen. Wie wär’s?«
    »Wunderbar!« (Wenn Henry unbedingt an der Nase herumgeführt werden wollte, würde sie ihn eben an der Nase herumführen.) »Man bekommt die Männer in London mit der Zeit so über, genau wie diese spießigen, bornierten Literatenzirkel. Sie kommen wohl nie nach London, Mr. Weldon?«
    »Nicht oft. Mit gefällt’s da nicht.«
    »Oh! Dann hat es wohl auch nicht viel Sinn, Sie zu fragen, ob Sie mich mal besuchen wollen.«
    »So, meinen Sie? Zu Ihnen käme ich natürlich wie der Blitz. Das wäre schon eine Verlockung, wie? Wo wohnen Sie denn?«
    »Ich habe eine kleine Wohnung in Bloomsbury.«
    »Ganz für sich allein?«
    »Ja.«
    »Ist das nicht ein bißchen einsam?«
    »Na ja, ich habe natürlich viele Bekannte. Und für tagsüber eine Zugehfrau. Aber zu einem Täßchen Tee könnte ich Sie schon einladen, wenn Sie mich ein bißchen aufheitern kommen möchten.«
    »Das ist süß von Ihnen. Wir könnten zusammen irgendwas angucken gehen oder so.«
    »Dazu hätte ich schon Lust.«
    Nein – Henry machte es ihr wirklich zu leicht. Er konnte sich doch nicht einmal in seiner kolossalen Eitelkeit einbilden, wirklich eine Eroberung gemacht zu haben. Aber da saß er und schmunzelte derart zufrieden vor sich hin, daß man ihn fast schnurren hörte. Zweifellos hielt er Harriet Vane für leicht zu haben. Er bildete sich tatsächlich ein, daß eine Frau, die zwischen Lord Peter und ihm zu wählen hätte, womöglich ihm – na ja, warum nicht? Woher sollte er es anders wissen? Es wäre nicht das erstemal, daß eine Frau eine törichte Wahl träfe. Immerhin machte er ihr das Kompliment, sie wenigstens nicht für käuflich zu halten. Oder – schrecklicher Gedanke – hielt er sie am Ende für nymphoman?
    Eben – das war es! Soeben versuchte er ihr mit einigermaßen offenen Worten klarzumachen, daß ein Mann wie er doch einmal eine nette Abwechslung für sie sei und er sich überhaupt nicht vorstellen könne, was so eine dufte Frau wie sie an einem Mann wie Wimsey fände. Im ersten Augenblick war sie sprachlos vor Wut; dann ging die Wut in Belustigung über. Wenn er das glaubte, konnte man ihm viel weismachen. Sie konnte also die Männer um den kleinen Finger wickeln, ja? Gut, dann würde sie ihn als erstes um den Finger wickeln. Sie würde ihm kräftig einheizen.
    Sie bat ihn, nicht so laut zu sprechen, sonst könne Mrs. Weldon sie hören.
    Diese Ermahnung wirkte, und Henry »riß sich zusammen«, bis ihre Ankunft an der für das Picknick ausersehenen Stelle ihn vollends nötigte, wieder zu seiner früheren Haltung neutraler Höflichkeit zurückzukehren.
    Beim Picknick selbst passierte nicht viel, und Henry konnte Harriet erst beiseite ziehen, nachdem sie fertig gegessen hatten und sie zu zweit in einem nahen Bach das Geschirr abwaschen gingen. Auch dann vermochte Harriet sich seinen Annäherungsversuchen vorerst zu entziehen, indem sie ihn zum Abwaschen hinunterschickte und selbst mit einem Trockentuch oben stehenblieb. Sie kommandierte ihn ganz schön herum, und er gehorchte mit seliger Bereitwilligkeit, krempelte die Ärmel hoch und machte sich an die Arbeit. Dann aber kam der unvermeidliche Augenblick, da er mit den sauberen Tellern wiederkehrte und sie ihr gab. Sogleich ergriff er die Gelegenheit, sich ihr zu nähern und sie mit tolpatschiger Galanterie zu umfassen. Sie ließ die Teller fallen und wehrte sich, drückte seine Arme fort und senkte den Kopf so, daß der bewährte Hut sich trennend zwischen sie schob.
    »Herrgott noch mal!« sagte

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