Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde
vor lauter Benzingestank erstickt. Hab selber mal Gäule gezüchtet – aber da ist nichts mehr dran zu verdienen. Eine Schande.«
Harriet pflichtete ihm bei und sagte, sie liebe Pferde. Das Leben auf einem Bauernhof müsse wunderschön sein.
»Aber nur, wenn man nicht davon leben muß«, grollte Mr. Weldon.
»Ich glaube, das ist heutzutage wirklich schwer.«
»Und wie«, sagte Mr. Weldon, um gleich, als habe er sich besonnen, anzufügen: »Nicht daß ich mich nach Lage der Dinge allzusehr beklagen müßte.«
»Nein? Freut mich zu hören. Ich meine, es ist schön für Sie, daß Sie Ihre Arbeit einfach liegenlassen und hierherkommen können. Ich nehme an, auf einem gut geführten Bauernhof läuft quasi alles wie von selbst.«
Mr. Weldon warf ihr einen Blick zu, fast als argwöhne er einen versteckten Hintergedanken. Sie lächelte ihn unschuldig an, und er meinte:
»Na ja – um ehrlich zu sein, es ist schon verdammt ärgerlich. Aber was will man machen? Kann doch meine Mutter nicht so allein in der Tinte sitzen lassen.«
» Natürlich nicht. Ich finde es großartig von Ihnen, daß Sie hierherkommen und ihr beistehen. Und außerdem – ich meine, es macht soviel aus, wenn man einen richtig netten Menschen um sich hat, mit dem man reden kann.«
»Schön, daß Sie das sagen.«
»Ich meine, Ihrer Mutter muß das viel bedeuten.«
»Ihnen nicht, wie? Herzöge und Lords sind für Sie gerade gut genug, was?«
»Oh!« Harriet wiegte die Schultern hin und her. »Wenn Sie Lord Peter meinen – der ist natürlich ganz in Ordnung, nur ein bißchen – na, Sie wissen schon.«
»Überkandidelt!« sagte Mr. Weldon. »Wozu trägt er eigentlich dieses dämliche Ding im Auge?«
»Eben, das finde ich auch. Es wirkt so unmännlich, nicht?«
»Alles so affektiert«, sagte Mr. Weldon. »Nehmen Sie dem Kerl mal seinen Diener, sein Auto und seine feinen Klamotten weg, und wie steht er dann da? Er glaubt, er kann reiten, nur weil er mal bei so einer vornehmen Jagd mitgezockelt ist, bei denen sie den Leuten die Ernte zertrampeln und immer die Gatter offen lassen. Den möchte ich mal sehen –«
Er unterbrach sich.
»Bei was?«
»Ach, nichts. Ich will ja Ihre Freunde nicht beleidigen. Sagen Sie mal, was will er hier überhaupt?«
»Na ja!« Harriet schmunzelte geziert hinter der übergroßen Krempe des lächerlichen Huts. »Er sagt, er interessiert sich für dieses Verbrechen, oder was es sonst ist.«
»Aber Sie wissen es besser, wie?« Er stieß Harriet vertraulich in die Rippen. »Ich kann’s dem Knäblein ja nicht verdenken, daß er die Feste feiert, wie sie fallen, aber mir wär’s schon lieb, wenn er meiner Mutter keine falschen Hoffnungen machte. Der Hut, den Sie da aufhaben, ist ganz schön im Weg.«
»Gefällt er Ihnen nicht?«
»Spitze – steht Ihnen einmalig! Aber er hält einen so auf Abstand. Und ich mag nicht so schreien, weil meine Mutter uns hören kann. Sagen Sie, Miss Vane …«
»Ja?«
»Passen Sie mal auf.« Henry schob sein Gesicht so weit wie möglich hinter die Deckung des Hutes und blies seine vertrauliche Mitteilung direkt auf Harriets Wangen. »Sie könnten mir einen Gefallen tun.«
»Natürlich. Alles, was in meiner Macht steht.«
»Nett von Ihnen, Machen Sie diesem Wimsey doch mal klar, er soll die Finger davonlassen. Solange sie nämlich glaubt, daß an dieser Bolschewikentheorie was dran ist, läßt sie um keinen Preis locker. Außerdem macht sie sich zum Gespött. Ich will sie hier endlich rausholen und wieder an meine Arbeit gehen.«
»Aha, ja. Verstehe schon. Ich will mal sehen, was ich tun kann.«
»Prima!« Henry gab ihr einen ermutigenden Klaps auf den Schenkel. »Hab doch gewußt, daß wir beide miteinander zurechtkommen würden wie geschmiert.«
Harriet lächelte.
»Ich weiß aber nicht, ob ich ihn dazu überreden kann. Er läßt sich nicht gern etwas sagen. Sie wissen ja, wie Männer sind.«
» Sie wissen es jedenfalls bestimmt. Gibt sicher nicht viel, was Sie nicht wissen, wie?« Henry war sich offenbar wohlbewußt, daß er mit einer einigermaßen berüchtigten jungen Frau sprach. Er lachte leise in sich hinein.
»Verraten Sie ihm aber nicht, daß ich was gesagt habe – versuchen Sie einfach mal, was Sie tun können. Ich wette, den wickeln Sie um den kleinen Finger, oder?«
»Aber Mr. Weldon! Ich hoffe doch nicht, daß Sie mich zu den Frauen rechnen, die immer die Hosen anhaben wollen.«
»Das haben Sie gar nicht nötig. Sie wissen schon, wie Sie Ihren Willen
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