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Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Titel: Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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recht … Wiederhören.«
    Als sie auflegte, hörte sie draußen einen Wagen vorfahren und ging durch den kleinen Laden zurück, dem großen, breitschultrigen Mann im grauen Anzug entgegen, der sofort begann: »Ich bin Inspektor Umpelty. Was ist hier los?«
    »Ah, Inspektor! Sehr erfreut. Allmählich dachte ich schon, ich erreiche nie mehr einen vernünftigen Menschen. Das war ein Ferngespräch, Mr. Hearn. Was es kostet, weiß ich nicht, aber hier haben Sie zehn Shilling. Für den Rest telefoniere ich ein andermal wieder. Ich habe gerade nach Hause durchgegeben, daß ich für ein paar Tage in Wilvercombe festsitzen werde, Inspektor. So ist es doch, oder?«
    Das war zwar gelogen, aber Schriftsteller und Polizeiinspektoren sind, was Öffentlichkeitsarbeit betrifft, durchaus nicht immer einer Meinung.
    »Stimmt, Miss. Ich muß Sie bitten, noch ein Weilchen hierzubleiben, solange wir die Sache untersuchen. Steigen Sie am besten gleich in den Wagen, dann fahren wir mal zu der Stelle, wo Sie die Leiche gesehen haben. Dieser Herr ist Dr. Fenchurch, und das ist Sergeant Saunders.«
    Harriet nickte den beiden zu.
    »Wieso ich mitkommen muß, weiß ich ja nicht « , beschwerte sich der Polizeiarzt mit leidvoller Stimme. »Wenn der Mann um zwei Uhr knapp über der Niedrigwassermarke lag, sehen wir heute nicht mehr viel von ihm. Die Flut ist jetzt schon wieder halb zurück, und dazu weht noch ein kräftiger Wind.«
    »Das ist ja das Ärgerliche«, pflichtete der Inspektor ihm bei.
    »Ich weiß«, sagte Harriet bekümmert, »aber ich habe wirklich mein Bestes getan.« Sie schilderte ihre Odyssee in allen Einzelheiten, berichtete genau, was sie bei dem Felsen getan hatte und zeigte ihnen den Schuh, das Zigarettenetui, den Hut, das Taschentuch und das Rasiermesser.
    »Na ja«, meinte der Inspektor. »Sie scheinen ja ganz schön gründlich vorgegangen zu sein, Miss. Man sollte meinen, Sie hätten das gelernt. Sogar noch fotografiert. Trotzdem«, fügte er streng hinzu, »wenn Sie früher aufgebrochen wären, hätten Sie uns früher Bescheid sagen können.«
    »Ich habe nicht viel Zeit vertan«, wandte Harriet ein, »und ich dachte, wenn die Leiche fortgespült wird oder dergleichen, ist es besser, wir haben überhaupt irgend etwas.«
    »Stimmt auch wieder, Miss, und ich würde fast sagen, Sie haben richtig gehandelt. Sieht aus, als ob ein starker Wind aufkäme, da staut sich das Wasser.«
    »Kommt genau aus Südwest«, warf der Sergeant ein, der den Wagen lenkte. »Wenn das so weitergeht, bleibt dieser Felsen auch bei Niedrigwasser überflutet, und bei dem Seegang wird es ziemlich schwer sein, da heranzukommen.«
    »Ja«, sagte der Inspektor. »Die Strömung zieht sehr stark gerade um die Bucht herum, und an den Mahlzähnen kriegt man ein Boot nicht vorbei – jedenfalls nicht heil.«
    Und in der Tat, als sie in der »Mörderbucht« ankamen, wie Harriet sie insgeheim getauft hatte, war von dem Felsen nichts mehr zu sehen, geschweige von dem Toten. Das Meer bedeckte schon den halben Sandstrand, und die Wellen gingen hoch. Der dünne weiße Strich, der nachmittags angezeigt hatte, wo die Wellen sich an den Mahlzähnen brachen, war verschwunden. Der Wind frischte immer mehr auf, und die Sonne blitzte nur noch selten zwischen den immer dicker sich türmenden Wolkenmassen hervor.
    »Hier war es doch, Miss?« fragte der Inspektor.
    »Ja, das war die Stelle«, bekräftigte Harriet.
    Der Inspektor schüttelte den Kopf.
    »Dieser Felsen liegt inzwischen mindestens fünf Meter unter Wasser«, sagte er. »In einer Stunde haben wir Hochwasser. Da kann ich jetzt nichts mehr machen. Wir müssen auf die Ebbe warten. Das nächste Niedrigwasser wird so gegen acht Uhr früh sein. Mal sehen, ob es dann eine Möglichkeit gibt, da heranzukommen, aber wenn Sie mich fragen, kriegen wir schlechteres Wetter. Natürlich wäre es möglich, daß die Leiche von dem Felsen gespült und irgendwo an Land getrieben wird. Ich fahre Sie nach Brennerton, Saunders; versuchen Sie da ein paar Männer aufzutreiben, um die Küste zu beobachten. Ich selbst fahre nach Wilvercombe und sehe zu, daß wir ein Boot bekommen. Sie werden mit mir kommen müssen, Miss, um eine Aussage zu machen.«
    »Selbstverständlich«, sagte Harriet ziemlich schwach.
    Der Inspektor drehte sich um und sah sie an.
    »Sie sind sicher ein bißchen aus dem Gleichgewicht, Miss«, meinte er, »was ja kein Wunder ist. Ziemlich unerfreulich für eine junge Dame, sich mit so etwas abgeben zu müssen. Ich

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