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Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Titel: Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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sein.«
    »Ich habe gehört« – Harriet hatte das Gefühl, behutsam vorgehen zu müssen – »daß er verlobt war.«
    »O ja – mit der englischen Dame. Das war bekannt.«
    »War er glücklich mit ihr?«
    »Mademoiselle, Alexis war arm, und die englische Dame ist sehr reich. Es war für ihn von Vorteil, sie zu heiraten. Anfangs hätte es zweifellos gewisse désagréments geben können, aber später – Sie verstehen, Mademoiselle, solche Dinge regeln sich von selbst.«
    »Sie meinen nicht, daß er den Gedanken plötzlich nicht mehr ertragen konnte und diesen Ausweg gewählt hat?«
    »Das ist schwer zu sagen, aber – nein, das glaube ich nicht. Er hätte ja nur fortzugehen brauchen. Er war ein guter Tänzer und sehr beliebt. Er hätte immer wieder eine neue Stelle gefunden, solange nur seine Gesundheit mitmachte.«
    »Ich habe mich gefragt, ob nicht vielleicht eine andere Liebschaft die Dinge kompliziert haben könnte.«
    »Nach allem, was er uns erzählt hat, Mademoiselle, ist mir nichts bekannt, was nicht leicht zu regeln gewesen wäre.«
    »Die Frauen mochten ihn sicher gern«, sagte Harriet unverblümt.
    Antoines Lächeln genügte als Antwort.
    »Und es gab niemals eine Enttäuschung?«
    »Ich wüßte nicht. Aber natürlich erzählt man auch seinen Freunden nicht alles.«
    »Natürlich nicht. Ich will auch nicht neugierig sein. Mir kam das Ganze nur recht sonderbar vor.«
    Die Musik verstummte.
    »Wie ist das hier geregelt?« fragte Harriet. »Tanzen wir weiter, oder haben Sie andere Verpflichtungen?«
    »Es gibt keinen Grund, warum wir nicht den nächsten Tanz noch tanzen sollten. Dann erwartet man allerdings von mir, daß ich meinen anderen Klientinnen meine Aufwartung mache, sofern Mademoiselle keine Sonderregelung mit der Geschäftsleitung trifft.«
    »Nein«, sagte Harriet, »ich möchte den Betrieb nicht durcheinanderbringen. Aber spricht etwas dagegen, daß Sie und die beiden jungen Damen hinterher eine Kleinigkeit mit mir essen gehen?«
    »Nicht das mindeste. Sehr freundlich von Ihnen, sehr liebenswürdig. Überlassen Sie es nur mir, Mademoiselle. Ich werde alles arrangieren. Es ist nur natürlich, daß Mademoiselle ein Interesse an der Sache hat.«
    »Schon, aber ich möchte nicht, daß die Direktion den Eindruck hat, ich fragte das Personal hinter ihrem Rücken aus.«
    » N’ayez pas peur, je m’en charge. Ich werde Sie nach einer kleinen Weile wieder um einen Tanz bitten, und dann sage ich Ihnen, was ich verabredet habe.«
    Er begleitete sie lächelnd an ihren Tisch zurück, und sie sah ihn eine große, üppige Dame in einem engsitzenden Kleid auffordern und galant aufs Parkett führen, das ewige halbsinnliche Lächeln auf den Lippen, als ob es aufgemalt wäre.
    Etwa sechs Tänze später erschien das Lächeln wieder neben ihr, und Antoine informierte sie, während er ihre Schritte durch einen Walzer lenkte, daß es ein paar Straßen weiter ein kleines Restaurant gebe, und wenn sie so freundlich sein wolle, dieses nach halb zwölf, wenn der Tanzabend vorbei sei, aufzusuchen, würden er und Doris und Charis sich dort mit ihr treffen. Es sei nur ein kleines Restaurant, aber sehr gut, und der Wirt kenne sie alle sehr gut; überdies wohne er selbst, Antoine, in dem zum Restaurant gehörenden kleinen Hotel und werde sich das Vergnügen machen, Mademoiselle zu einem Glas Wein einzuladen. Sie würden dort ungestört sein und könnten ganz offen reden. Harriet erklärte sich einverstanden, vorausgesetzt, sie dürfe das Essen bezahlen, und so fand sie sich, wie vereinbart, kurz vor Mitternacht auf einem roten Plüschsofa unter einer Reihe vergoldeter Spiegel wieder, vor sich ein wohlschmeckendes kleines Abendessen nach kontinentaleuropäischer Art.
    Die blonde Doris und die brünette Charis ließen sich bereitwillig über die Angelegenheiten des verstorbenen Mr. Alexis aus. Doris schien die offizielle Vertraute zu sein. Sie konnte über die Herzensdinge ihres verstorbenen Partners interne Auskünfte geben. Doch, ja, er habe eine Freundin gehabt; aber diese Beziehung sei vor ein paar Wochen auf recht mysteriöse Weise zu Ende gegangen. Mit Mrs. Weldon habe das nichts zu tun gehabt. Für diese Sache sei, um Mr. Micawbers Worte zu gebrauchen, gesorgt gewesen. Nein, man sei offenbar in gegenseitigem Einverständnis auseinandergegangen, und es scheine niemandem besonders nahegegangen zu sein. Bestimmt nicht Alexis, der zwar anstandshalber sein großes Bedauern ausgedrückt habe, aber offenbar recht zufrieden

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