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Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Titel: Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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»Wie ich das gehört habe, mußte ich gleich denken: ›Das sieht Alexis überhaupt nicht ähnlich.‹ Für so was hätte er gar nicht die Nerven gehabt. Menschenskind, er hatte doch schon eine Heidenangst davor, sich nur mal in den Finger zu stechen. Du brauchst gar nicht so ein Gesicht zu machen – Alexis war eine regelrechte Zimperliese, und wenn er zehnmal tot ist. Ihr habt doch alle selbst über ihn gelacht. ›Nein, ich kann diese Leiter nicht hinaufsteigen, ich habe Angst, daß ich falle.‹ – ›Ich mag nicht zum Zahnarzt gehen, womöglich zieht er mir einen Zahn.‹ – ›Stoß mich nicht an, wenn ich Brot schneide, nachher schneide ich mir noch in die Finger.‹ – ›Aber wirklich, Paul‹, habe ich manchmal zu ihm gesagt, ›man sollte meinen, du wärst aus Glas.‹«
    »Ich weiß, was Mademoiselle jetzt denkt«, sagte Antoine mit melancholisch verzogenem Mund. »Sie denkt: › Voilà – da haben wir ihn, den Gigolo. Er ist kein Mann, er ist nur eine Puppe, ausgestopft mit Sägemehl.‹ Man kauft ihn, man verkauft ihn, und manchmal nimmt man an ihm Anstoß. Dann sagt der englische Ehemann: ›Bitte, was hast du erwartet? Dieser Kerl ist doch nur ein lästiges Etwas. Er lebt von dummen Frauen und spielt nicht Cricket.‹ Es ist manchmal wirklich nicht schön, aber man muß von etwas leben. Que voulez-vous? Ce n’est pas rigolo que d’être gigolo. «
    Harriet errötete.
    »Das habe ich nicht gedacht«, sagte sie.
    »Aber doch, Mademoiselle, und es ist nur verständlich.«
    »Antoine spielt nicht Cricket«, warf Doris wohlmeinend ein. »Aber er spielt Tennis und schwimmt sehr gut.«
    »Es geht nicht um mich«, sagte Antoine. »Und ehrlich, ich verstehe das mit der durchschnittenen Kehle auch nicht. Warum ist Alexis dafür so weit fortgegangen? Er ist nie weit gegangen; er fand Gehen zu anstrengend. Wenn er vorgehabt hätte, sich umzubringen, hätte er es zu Hause getan.«
    »Und dann hätte er Schlaftabletten genommen«, sagte Doris und nickte eifrig mit dem blonden Kopf. »Das weiß ich, weil er sie mir einmal gezeigt hat, als er gerade wieder einen seiner Schwermutsanfälle hatte. ›Das ist mein Ausweg aus dieser schlechten Welt‹, hat er gesagt, und dann hat er wieder furchtbar poetisch dahergeredet. Ich habe ihm gesagt, er soll nicht so albern sein – und in einer halben Stunde war es natürlich wieder vorbei. So war er nun mal. Aber sich die Kehle mit einem Rasiermesser durchschneiden – nein!«
    »Das ist ja überaus interessant«, sagte Harriet. »Übrigens«, fuhr sie fort, denn eben fiel ihr das Gespräch mit Wimsey wieder ein, »hatte er irgend etwas mit seiner Haut? Ich meine, mußte er vielleicht immer Handschuhe tragen oder so etwas?«
    »Aber nein«, sagte Antoine. »Ein Gigolo darf doch nichts an seiner Haut haben. Das ginge nun wirklich nicht an. Alexis hatte sehr elegante Hände. Sie waren sein ganzer Stolz.«
    »Er hat aber mal gesagt, daß er eine empfindliche Haut hat, und daß er sich darum nicht rasiert«, warf Doris ein.
    »O ja, darüber kann ich Ihnen etwas erzählen«, nahm Antoine sein Stichwort auf. »Als er vor ungefähr einem Jahr hierherkam und nach Arbeit fragte, hat Mr. Greely zu mir gesagt: ›Sehen Sie mal, wie er tanzt.‹ Denn sehen Sie, Mademoiselle, der andere Tänzer hatte uns gerade verlassen, ganz plötzlich, comme ça – ohne vorher ein Wort zu sagen. Ich habe ihn also tanzen sehen und zu Mr. Greely gesagt: ›Sehr gut.‹ Da hat der Direktor gesagt: ›Gut, ich nehme Sie für eine Probezeit, aber Sie dürfen keinen Bart tragen, das lieben die Damen nicht. Hat man je einen Gigolo mit Bart gesehen?‹ Alexis hat geantwortet: ›Aber wenn ich mich rasiere, habe ich das ganze Gesicht voller – äh – Knospen.‹«
    »Pickel«, half Harriet nach.
    »Ja, Verzeihung, Pickel. Nun, ein Gigolo mit Pikkeln das geht erst recht nicht, Sie verstehen. ›Nun gut‹, sagt der Direktor, ›Sie können eine Weile mit Bart kommen, bis wir uns eingerichtet haben, aber wenn Sie dann bleiben wollen, müssen Sie den Bart abnehmend.‹ Na schön, Alexis kommt also und tanzt, und die Damen sind begeistert. Der Bart ist so würdevoll, so romantisch, so ungewöhnlich. Sie kommen von sehr weit, nur um mit dem Bart zu tanzen.‹ Und Mr. Greely sagt: ›Also gut, ich war im Irrtum. Sie bleiben, und der Bart bleibt auch. Mein Gott, was werden diese Damen als nächstes wollen? Einen Schnurrbart vielleicht? Antoine‹, sagt er zu mir, ›lassen Sie sich einen Schnurrbart wachsen,

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